Gesundheitspolitik

Kommentar: 1:0 für den Rechtsstaat

Dr. Christine Ahlheim

Wer seit dem 19. April fassungslos dem Betrieb einer „Pseudo-Apotheke“ in Hüffenhardt zugeschaut hat, für den ist seit vergangenem Mittwoch die Welt wieder ein bisschen in Ordnung: In einem Eilverfahren vor dem Landgericht Mosbach wurde DocMorris seine absurde Konstruktion, die aus einer illegalen Arzneimittelabgabestelle einen erlaubten Versandhandel machen wollte, um die Ohren gehauen (siehe Artikel "Landgericht weist DocMorris in die Schranken"). Zwar wurde damit erst ein Etappensieg erzielt und weitere Gerichtsverfahren folgen, aber dennoch kann man sich über dieses 1:0 für den Rechtsstaat freuen. Denn es zeigt: Auch als große Kapitalgesellschaft darf man sich nicht alles erlauben.

Doch selbst wenn, was zu hoffen ist, die Justiz dem Treiben in Hüffenhardt bald endgültig ein Ende bereitet, so bleiben nach wie vor die aggressiven Expansionspläne von DocMorris beim Rx-Versand. So hat jüngst die Muttergesellschaft Zur Rose angekündigt, dass sie 200 Mio. Franken an der Börse einsammeln will, um „die sich im Markt bietenden Wachstumschancen“ in verstärktem Maß wahrzunehmen (s. S. 4). Spätestens jetzt sollten all jenen Politikern, die den Rx-Versand nicht verbieten wollen, zwei Dinge klar werden: DocMorris will sich nicht mit einem kleinen Marktanteil zufriedengeben, sondern ein großer Player in der deutschen Arzneimittelversorgung werden. Und: Gegenmaßnahmen jenseits eines Rx-Versandverbots wie die ohnehin rechtlich fragwürdige Begrenzung der Boni dürften diesen Prozess nur noch beschleunigen. Denn sie würden die öffent­lichen Apotheken finanziell schwer schädigen, während DocMorris als Kapitalgesellschaft gelassen den Niedergang der Konkurrenten abwarten könnte.


Dr. Christine Ahlheim, stellvertretende Chefredakteurin der AZ


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