Gesundheitspolitik

Kein 50-Cent-Bonus

BERLIN (ks) | Ein Apotheker darf seinen Kunden keine 50-Cent-Bonus-Bons gewähren, wenn sie ausschließlich ein Rezept einlösen. Das OVG Lüneburg hat im Eilverfahren einen entsprechenden Beschluss der Vorinstanz bestätigt.

Die Apothekerkammer Niedersachsen war gegen einen Apotheker vorgegangen, der in Lüneburg und Umgebung mehrere Apotheken betreibt. Der Grund: Er bietet Kunden bei jedem Apothekenbesuch Bonus-Bons im Wert von 50 Cent an, die beim Kauf nicht preisgebundener Produkte angerechnet werden. Per Bescheid untersagte ihm die Kammer, solche Bons bei der Einlösung eines Rezepts anzubieten und zu gewähren. Zugleich ordnete sie die sofortige Vollziehung ihrer Verfügung an.

Der Apotheker erhob Klage gegen diese Verfügung und beantragte zudem den Erlass einer einstweiligen Verfügung, um die aufschiebende Wirkung der Klage wiederherzustellen. Doch mit Letzterem ist er nun endgültig gescheitert. Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Lüneburg bestätigte am 2. August die im April ergangene Entscheidung des Verwaltungsgerichts, den Antrag zurückzuweisen.

In dem Beschluss (Az.: 13 ME 122/17) stellen die OVG-Richter zunächst klar, dass sie keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die anzuwendenden arzneimittelrechtlichen Normen hegen. Zudem gehen sie recht ausführlich auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 19. Oktober 2016 ein. Denn der Apotheker wollte nicht zuletzt bestätigt wissen, dass seine Boni nun zulässig sein müssten, da sie ausländischen Versendern nicht verboten sind. Jedenfalls müssten die deutschen Regelungen im neuen Licht der EuGH-Entscheidung ausgelegt werden.

EuGH-Urteil ohne Auswirkung auf innerdeutsche Preisbindung

Doch die OVG-Richter meinen: Die Entscheidung des EuGH berühre nicht die Wirksamkeit und auch Anwendbarkeit der Regelungen über die Arzneimittelpreisbindung auf den innerdeutschen Verkauf von Arzneimitteln. Es bestehe insoweit auch keine Zuständigkeit des EuGH. Auch ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) durch „lnländerdiskriminierung“ halten die Richter für nicht gegeben. Die Ungleichbehandlung zwischen deutschen Apothekern und EU-ausländischen Versandapotheken, die nach Deutschland liefern, beruhe nämlich auf einem sach­lichen Grund: Ein gewichtiger Grund sei die Tatsache, dass der nationale Gesetzgeber in seiner Gestaltungsfreiheit beim grenzüberschreitenden Verkauf von Arzneimitteln durch die EuGH-Rechtsprechung gebunden sei, nicht aber beim Verkauf innerhalb Deutschlands.

Letztlich bestätigen die Richter den Verstoß gegen die Arzneimittelpreisbindung unter Verweis auf die nationale Rechtsprechung. Auch die neu eingeführte und ­derzeit angebotene Variante des WegeBons, mit dem der Apotheker seinen Kunden einen Teil der Fahrtkosten erstatten will, lassen die Richter nicht zu: „Die Bezeichnung ‚Wege-Bon‘ enthält zwar die verbale Anmutung, es solle eine Entschädigung für Erschwernisse geleistet werden. Dieses ‚Erschwernis‘ besteht indes lediglich im Aufsuchen der Apotheke und rechtfertigt damit nicht die Einräumung eines geldwerten Vorteils entgegen den Bestimmungen der Arzneimittelpreisbindung.“

Ferner sehen die Richter keinen Anlass, wieder eine „Spürbarkeitsschwelle“ im Heilmittelwerberecht anzunehmen. Dafür sei nach der 2013 erfolgten Neuregelung in § 7 Heilmittelwerbegesetz kein Raum mehr – auch nicht nach der EuGH-Entscheidung.

Auch sonstige Ermessensfehler der Kammer konnte das Gericht nicht erkennen. Insbesondere sei angesichts des geringen Anteils aus­län­discher Versandapotheken am Rx-Umsatz derzeit noch nicht von einem ruinösen Wettbewerb auszugehen. Dazu stellt das Gericht klar: „Es ist nicht zulässig, dass die inländischen Apotheken in der Furcht vor einem in der Folge der Entscheidung des EuGH vom 19. Oktober 2016 mög­licherweise künftig drohenden Verdrängungswettbewerbs durch ausländische Versandapotheken nun ihrerseits Kundenbindungssysteme unter Missachtung der geltenden Preisbindungs-­ und Wettbewerbsregelungen schaffen und damit ­einen ruinösen Preiskampf erst hervorrufen.“

Das letzte Wort ist nicht gesprochen. Es ist noch das Hauptsacheverfahren anhängig. |

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