Gesundheitspolitik

Kassen halten Geld zurück

Rechenzentrums-Mitarbeiter sagt im Zyto-Prozess aus

BERLIN (hfd/az) | Am Landgericht Essen wird der Prozess gegen den Bottroper Zyto-Apotheker Peter S. fortgesetzt. Vergangenen Mittwoch wurde der Prokurist Thomas Tix des Apothekenrechenzentrums ALG vernommen. Dabei zeigte sich: Die Krankenkassen halten eine Millionensumme, die der Apotheker bekommen sollte, zurück.

Nach Aussage des Mitarbeiters des Rechenzentrums hat die Bottroper Apotheke seit 2012 alle Kassen­rezepte – wie später auch Privat­rezepte – über die Firma abgerechnet, berichtete das Recherchenetzwerk „Correctiv“ vergangene ­Woche aus dem Gerichtssaal. Tix erklärte auch, dass mehrere Krankenkassen eine Summe von 3 Millionen Euro zurückhalten – für mögliche Schadensersatzansprüche. Außerdem schulde die Apotheke, die ohne Zyto-Labor weitergeführt wird, dem Rechenzentrum eine Summe von rund 30.000 Euro.

Laut Staatsanwaltschaft beläuft sich der Gesamtschaden allein durch die fehlerhaft hergestellten Krebsmittel auf gut 56 Millionen Euro. Hinzu kommen noch weitere Arzneimittel, die aber nicht Teil der Anklage sind.

Ein Teil der Zeugenbefragung drehte sich zudem um den Herstellerrabatt – auch weil die Pharmafirmen womöglich Unregelmäßigkeiten hätten feststellen können, wenn die verkauften Wirkstoffmengen nicht zu den Rabattzahlungen passten. Nachfragen zu dem Thema von einem Nebenklage-Vertreter sollen laut „Correctiv“ jedoch durch die Verteidigung von S. verwehrt worden sein – der Vorsitzende Richter habe dem Einwurf stattgegeben.

Staatsanwaltschaft hat sich verrechnet

Einen Teilerfolg erzielten die Verteidiger auch an anderer Stelle, indem sie zwei mögliche Rechenfehler der Staatsanwaltschaft aufzeigten. Außerdem wies der Vorsitzende Richter Johannes Hidding einen Antrag eines Nebenklägers auf Einsicht in geschwärzte Akten ab – dieser hatte laut dem Recherchebüro vorgebracht, die Nebenklage werde „sonst zum Zaungast“. Doch sei vom Gesetzgeber nicht vorge­sehen, dass Nebenkläger die gleichen Akteneinsichtsrechte wie die Verteidigung haben, erklärte Hidding laut „Correctiv“.

Am 6. Dezember steht am Landgericht der nächste Verhandlungstag an. Es ist bereits der achte im Prozess. Dann wird die Aussage von Marie Klein erwartet. Sie war PTA in der Apotheke von Peter S. und hat als Whistleblowerin zusammen mit dem damaligen kaufmännischen Leiter Martin Porwoll die Ermittlungen gegen Peter S. ins Rollen gebracht. |

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