Gesundheitspolitik

Honorar-Umfrage irritiert Apotheker

Beratungsunternehmen befragt Apotheken für BMWi-Gutachten zur Vergütung

STUTTGART (jb/wes) | Seit letzter Woche bekommen Apotheken in ganz Deutschland E-Mails mit dem Betreff: „Befragung im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie“. Was auf den ersten Blick wie eine Spam-Mail wirkt, hat einen ernsten Hintergrund. Die vom Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) beauftragte Beratungsgesellschaft 2hm befragt Apotheken, um eine Datengrundlage für ihre Studie zur Weiterentwicklung des Apothekenhonorars zu erheben. Das Problem: Das Unternehmen „warnte“ die Apotheker weder über die Standesvertretung noch über die Fachpresse vor – und sorgte so für Irritiationen in den Apotheken. Denn nicht wenige Apothekenleiter berichten im Gespräch und in den sozialen Netzwerken davon, die Mail wegen Spam-Verdachts ungelesen gelöscht zu haben. Dazu gibt es Verwunderung über den Inhalt der Fragen, was auch damit zu tun haben könnte, dass es wohl unterschiedliche Fragebögen gibt. Die ABDA und einzelne Landesorganisationen reagieren irritiert.

In einem Rundschreiben der ABDA an ihre Mitgliedsorganisationen heißt es kühl: „Die vorliegende Umfrage ist nicht mit der ABDA abgestimmt. Eine Teilnahme liegt im Ermessen der angefragten Apothekerinnen und Apotheker.“ Obwohl die ABDA im Beirat zum Forschungsvorhaben vertreten ist, wurde sie weder über den Inhalt der Umfrage noch über den Adressatenkreis informiert. Den Zeitpunkt erfuhr sie erst, als die Umfrage schon lief.

Auch ABDA-Mitgliedsorganisationen kritisieren das Vorgehen von 2hm, zum Beispiel der Hessische Apothekerverband (HAV). Das Vorgehen habe dazu geführt, dass Kollegen die Mail-Umfrage als Fälschung oder Internetfalle angesehen hätten, heißt es in einem HAV-Schreiben. Einem unbekannten Absender – denn den meisten Apothekenleitern sei „2hm Associates“ vermutlich kein Begriff – vertraue man kaum schützenswerte, betriebsinterne Daten an, vermutet der Verband. Die Irritation der Apotheker sei durch rechtzeitige Information der ABDA leicht zu verhindern gewesen, wird kritisiert. So wie es nun gelaufen ist, könnte am Ende das Ergebnis unter Umständen nicht repräsentativ sein, so die Befürchtung. Zudem hat man seitens des HAV Bedenken, dass das Ergebnis der Umfrage als Grundlage einer Bewertung der Tätigkeiten in der Apotheke nicht geeignet ist.

Experten äußern Bedenken

Auch der Präsident der Apothekerkammer Nordrhein, Lutz Engelen, hat grundsätzliche Fragen zum Vorgehen und Inhalt der Umfrage. So sei sie offenbar ohne die Fachkompetenz der Apotheker und der ABDA erstellt worden. Engelen verweist auf eigene Untersuchungen der Apothekerschaft, z. B. eine Studie des Apotheken-Experten Uwe Hüsgen, der schon 2014 den Aufwand bei der BtM-Dokumentation detailliert untersucht hat („Beispiel Betäubungsmittel“, DAZ 2014, Nr. 18, S. 24). Auch der DAZ-Wirtschaftsexperte Dr. Thomas Müller-Bohn wundert sich über „befremdliche Fragen zum Apothekenalltag“, die ein realitätsfernes Apothekenmodell befürchten ließen. Die ABDA findet es „auffallend“, dass sich die Umfrage auf Teile der Arzneimittelpreisverordnung bezieht, bei denen Anpassungen im Rahmen des GKV-Arzneimittelversorgungsstärkungsgesetzes bereits vorgesehen sind, und sich zudem das Thema Dokumentationsaufwand allein auf die Betäubungsmittel beschränkt. Auch viele befragte Apotheker äußern Zweifel, wie man mit den gestellten Fragen, beispielsweise zur Zeitabschätzung für Dokumentation und Lagerhaltung, den Anpassungsbedarf beim Apothekenhonorar ermitteln will.

Verschiedene Fragebögen?

Inzwischen wurde bekannt, dass es wohl mehrere Varianten der Befragung gibt, in denen unterschiedliche Teilbereiche der Apothekentätigkeit unterschiedlich detailliert abgefragt werden. Zu den Hintergründen wollte sich 2hm bis zum Redaktionsschluss dieser Ausgabe der AZ nicht äußern. |

Eine ausführliche Analyse der Umfrage lesen Sie in der kommenden DAZ Nr. 6 vom 9. Februar.

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