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- DAZ 17/2017
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Die Seite 3
Silberstreif am Horizont
Legal, illegal, sch…egal: Es ist die beliebte (und seit dem zynischen EuGH-Urteil zur Arzneimittelpreisbindung auch durchaus erfolgreiche) DocMorris-Strategie, die nun auch in Hüffenhardt greifen soll(te). Der niederländische Päckchenversender setzt – wie schon bei seinen Angriffen auf das Fremdbesitzverbot und die Arzneimittelpreisbindung – auf die normative Kraft des Faktischen vernebelnder Arzneimittelabgabe-Konstrukte. Mancher Richter, der das „innovative Modell“ nun zur rechtlichen Überprüfung auf den Tisch bekommen könnte, mag für solcherart Rabulistik durchaus empfänglich sein – zumal die Zulassung des Arzneimittelversandhandels in Kombination mit den Regelungen zu Botendienst und Rezeptsammelstellen kreativen Zerstörern nicht erst seit heute Möglichkeiten eröffnen, das bestehende Arzneimittelversorgungssystem sukzessive sturmreif zu schießen. Eskortiert von EuGH-Richtern, anwaltlichen Diekmännern und Koenigschen Auftragsgutachten, ideologisch aufgeladen von tatsächlichen oder selbsternannten „Gesundheitsökonomen“ und propagandistisch befeuert von einem gleichermaßen meinungsstarken wie argumentationsschwachen Teil der veröffentlichten Meinung, der sich willfährig instrumentalisieren lässt, tanzen die Niederländer Gesetzgeber, Behörden und Justiz in Deutschland seit Jahren auf der Nase herum und man fragt sich: Wie lange geht diese Strategie noch auf? Wann wird diesem unwürdigen Spiel ein Ende gesetzt?
Immerhin: Die schnelle unzweideutige Reaktion des Regierungspräsidiums Karlsruhe knapp 48 Stunden nach Eröffnung der Automaten-Abgabestelle ist ein Silberstreif am Horizont – nicht nur für die Arzneimittelversorgung in Hüffenhardt und Umgebung (sie war dort nie gefährdet), sondern auch für den Rechtsstaat insgesamt. Beiden hat das Regierungspräsidium in Karlsruhe einen guten Dienst erwiesen. Bemerkenswert auch die erfrischend eindeutige Reaktion des baden-württembergischen Sozialministeriums. Ihr für den Gesundheitsbereich zuständiger Minister Manfred Lucha (Bündnis 90/Die Grünen) hat schon früh deutlich zu verstehen gegeben, was er von dem mit viel Tamtam inszenierten PR-Projekt hält – nämlich nichts. Statt Zögern und Herumlavieren die klare Aussage, dass ein via Niederlande betriebener Arzneimittelautomat für die flächendeckende Arzneimittelversorgung in der Kraichgauer Region nicht nur nicht förderlich, sondern in hohem Maße schädlich ist, weil er weitere Löcher ins bestehende Apothekennetz reißt. Eine solch kraftvolle Reaktion hätte man auch von der ABDA erwarten dürfen. Stattdessen: still ruht der See. Gibt man auf der ABDA-Seite für Pressemitteilungen den Begriff „Hüffenhardt“ ein, erscheint: „Kein Ergebnis gefunden“. Offensichtlich sieht man in Berlin die DocMorris-Inszenierung als rein lokale Angelegenheit an – und da soll ein Statement des Geschäftsführers der Landesapothekerkammer genügen. Dass zumindest in PZ-online eine dürre Meldung zu Hüffenhardt zu finden ist, kann da nur ein schwacher Trost sein. Dort adelt unser standeseigenes Medium nämlich den niederländischen Arzneimittelapparat bereits in der Überschrift zu einer – man traut seinen Augen nicht – „Automaten-Apotheke“. Eine solche Umschreibung haben noch nicht einmal die PR-Profis aus Heerlen für sich selbst in Anspruch genommen ...
Ob sich der Spuk in Hüffenhardt (und anderswo) auf diese Weise dauerhaft bekämpfen lässt?
Dr. Christian Rotta
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