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Beratung

Krächz!

Wenn die Stimme versagt

Die Sprache bietet viele Wege, um das Symptom Heiserkeit zu beschreiben: Der Frosch sitzt im Hals, die Stimme ist ­belegt und die Kehle rau. In der Erkältungszeit klingt das fast tonlose Flüstern aus manchen Mündern tatsächlich nach einem Krächzen. Doch wie differenziert man in der Medizin zwischen den verschiedenen Ursachen einer Dysphonie (Stimmstörung) und den entsprechenden Therapien? Wann wird es gefährlich? | Von Diana Moll

Es gibt diese Situationen, in denen man denkt: „Ich darf jetzt einfach nicht krank werden.“ Und prompt lässt ein leichtes Kratzen im Hals das Schlimmste befürchten. In der ­Apotheke kann man schnell weiterhelfen: „Vielleicht etwas Befeuchtendes für die Stimme und Zink gegen die Erkältung?“ Doch was, wenn aus dem Kratzen Heiserkeit wird, diese bleibt und sich nicht durch eine außergewöhnliche Stimm­belastung erklären lässt? Etwa 30% der Menschen leiden im Laufe ihres Lebens unter Stimmstörungen mit dem Kardinalsymptom Heiserkeit. Spätestens nach drei Wochen sollte der Hals-Nasen-Ohren-Arzt (HNO) hinzugezogen werden. Bei Verdacht auf eine ernste Ursache, sollte das umgehend passieren (s. Abb. 1 und Kasten).

Abb. 1: Ursachen einer Dysphonie in ungefähren Anteilen, die Angaben schwanken.

Schrei- und Sängerknötchen

Manche Menschen erzeugen beim Sprechen (oder Singen) eine unphysiologisch starke Muskelspannung, sodass das Schwingungsverhalten der Stimmlippen eingeschränkt ist und es zu Heiserkeit kommt (Hyperfunktionelle Stimmstörung). Solchen Patienten kann eine Stimm­therapie helfen, um die Stimmüberlastung abzubauen. Dort sollen die Sprech- und Atemtechnik, sowie die Stimmhygiene verbessert werden. Die Erfolgsaussichten sind gut. Erfolgt jedoch keine Therapie, können sekundäre Stimmlippenveränderungen entstehen. Es kommt zu Verdickungen und Ödemen, die zunächst noch reversibel sind, aus denen sich aber fibrosierte Knötchen entwickeln können. Auch in diesem Stadium hilft die Stimmtherapie noch und nur selten sind chirurgische Maßnahmen nötig. Bei Kindern kann man sogar auf eine Spontanremission nach dem Stimmwechsel hoffen.

Die häufigste Ursache: Laryngitis

Eine akute Laryngitis tritt bei Infekten der oberen Atemwege auf und wird überwiegend viral verursacht. Nach maximal zwei Wochen kommt es zur Ausheilung. Die Therapie besteht vor allem aus einer Stimmschonung. Eine absolute Stimmruhe wird nicht empfohlen, da es zu einer Fehlkompensation oder gar Aphonie (Stimmlosigkeit) kommen könnte. Man sollte aber möglichst wenig und leise sprechen, jedoch nicht flüstern. Dauert die Heiserkeit länger als sieben Tage an, sollte der Arzt aufgesucht werden. Antibiotika sollten aber nicht voreilig verschrieben werden; und auch Glucocorticoide sollten bei einer akuten Laryngitis nicht verordnet werden. Nur wenn der Arzt eine bakterielle Superinfektion oder eine Kehlkopftuberkulose feststellt, sind Antibiotika indiziert. (In Deutschland ist die extrapulmonale Manifestation einer Tuberkulose im Kopf-Hals-Bereich selten. In Zeiten großer Migrationswellen bleibt sie aber für die Differenzialdiagnose wichtig.) So exotisch die Tuberkulose erscheinen mag, es gibt weitere Krankheitsbilder, die sich – wenn auch sehr selten – am Larynx manifestieren können: Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises (rheumatoide Arthritis), syste­mischer Lupus erythematodes, Morbus Wegener, sowie laryngeale Sarkoidose, Amyloidose und Lymphom-Mani­festationen.

„Eine absolute Stimmruhe wird nicht empfohlen.“

Chronische Laryngitis

Von einem chronischen Verlauf geht man aus, wenn entzündliche Schleimhaut-Veränderungen nach drei Wochen noch nicht ausgeheilt sind. Pro Jahr erkranken 3,5 von 1000 Einwohnern an einer chronischen Laryngitis. Betroffene beschreiben neben Heiserkeit und Räusperzwang manchmal nur ein merkwürdiges Gefühl im Hals, das zunächst nicht weiter dramatisch klingt. Fragen nach Nicotin-Abusus, aber auch inhalativer Glucocorticoid-Therapie, inhalativen Umweltnoxen und gastroösophagealem Reflux (mit laryngopharyngealer Beteiligung) können weiter­helfen. Denn zur Noxen-Karenz kann man auch in der Apotheke raten.

Bedenken sollte man jedoch, dass die chronische Laryngitis eine Vorstufe des Stimmlippenkarzinoms darstellt. Die laryngo­skopische Kontrolle durch den Arzt ist dringend anzuraten, damit eine mögliche Tumor-Entwicklung schnell erkannt wird (siehe Kasten). Das Larynxkarzinom im Bereich der Glottis wird in etwa 30% der Fälle im Frühstadium erkannt, weil schnell Heiserkeit auftritt. Als Erstsymptom eines Schilddrüsenkarzinoms können bei bis zu 2% Stimmlippenlähmungen auftreten. Bei einem Bronchialkarzinom zeigen sogar 43% dieses Erstsymptom.

Die laryngoskopische Kontrolle ...

... beim HNO-Arzt ist indiziert, wenn Patienten mit Heiserkeit eine der folgenden Fragen mit ja beantworten:

  • Trinken Sie Alkohol oder rauchen Sie? (Nicotin- und/oder Alkoholabusus)
  • Sind Ihre Hals-Lymphknoten vergrößert?
  • Haben Sie sich in letzter Zeit verschluckt?
  • Haben Sie sich im Hals verletzt (z. B. Fischgräte)?
  • Hatten Sie einen operativen Eingriff am Hals (bzw. Intubation)?
  • Müssen Sie husten? Ist der Husten produktiv? Wie sieht der Auswurf aus (blutig)?
  • Haben Sie Schluckbeschwerden? Ist das Schlucken von Schmerzen begleitet?
  • Haben Sie Ohrenschmerzen?
  • Haben Sie Probleme beim Atmen?
  • Haben Sie andere Beschwerden (neurologische Symptome oder neurodegenerative Erkrankung)?
  • Haben Sie in letzter Zeit unfreiwillig abgenommen?
  • Seit wann besteht die Heiserkeit? Ist sie schlimmer geworden?
  • Nehmen Sie Medikamente ein (Immunsuppression)?

Gewebeveränderungen

„Stimmmissbrauch“ (z. B. schreien oder sehr viel und laut reden) kann genauso wie eine chronische Laryngitis und Rauchen die Entstehung von Stimmlippenpolypen begünstigen. Wenn sich Schleimdrüsen verschließen, kann es zu Retentionszysten kommen, die vollständig chirurgisch entfernt werden müssen. Neben der Heiserkeit, weisen eine Ermüdung der Stimme und eine verminderte Lautstärke auf solche Veränderungen hin. Ist die Stimme dunkler als sonst, könnte das ein Hinweis auf ein Reinke-Ödem sein: Auch hier sind Tabakrauch und ausgeprägter Stimmgebrauch („Marktschreier“) Risikofaktoren.

Arzneimittel: Nebenwirkung und Wirkung

Wie bereits erwähnt, zählen Heiserkeit oder Dysphonie zu den häufigen unerwünschten Wirkungen von inhalativen Glucocorticoiden. Anticholinergika oder trizyklische Antidepressiva könnten indirekt über die Mundtrockenheit Heiserkeit auslösen. Auch Bisphosphonate könnten durch saures Aufstoßen oder gar Ulzerationen zu Heiserkeit führen. Ein laryngopharyngealer Reflux kann bei 10 bis 30% der Betroffenen zu Schleimhautschädigungen und in der Folge zu einer chronischen Laryngitis führen. Protonenpumpeninhibitoren (PPIs) sind also nicht nur diagnostisch, sondern auch therapeutisch relevant (siehe Webcode oben rechts). Hier muss an den Arzt verwiesen werden.

Als weitere Folge des Reflux kann ein Laryngospasmus bzw. eine „Vocal Cord Dysfunction“ auftreten: Aufgrund einer Hyperreagibilität des Larynx tritt beim Einatmen eine Obstruktion auf, die zu Atemnot führt. Man spricht auch von Larynx-Asthma. Die genaue Entstehung ist unklar. Neben dem Reflux könnte auch wiederholter Kontakt mit Inha­lationsreizen ein Auslöser sein - wie Parfüm oder Allergene. Anfallsartige Atemnot und Stridor können auftreten. Zusätzlich können die Patienten aufgrund der Atemnot Angst- und Panikattacken entwickeln. Die Atemnotanfälle sind aber durch spezielle Atemtechniken beherrschbar.

Unwillkürliche Spasmen der Kehlkopfmuskulatur könnten auch die Folge einer Neurotransmitterstörung sein: Bei der spasmodischen Dysphonie treten verstärkte Öffnungs- oder Schlussbewegungen der Stimmlippen auf. Als Therapie ist eine Botulinumtoxin-Injektion möglich.

Ein Kind ist heiser

Bei Kindern engt eine Laryngitis aus anatomischen Gründen schneller den Luftweg ein. Ist das Kind nicht nur heiser, sondern bekommt es auch keine Luft und hustet bellend, muss sofort ein Arzt aufgesucht werden. Den Eltern bleibt zunächst nur, beruhigend auf das Kind einzuwirken, damit sich der Atemnotanfall nicht noch verschlimmert. Aufrechte Haltung, feuchte und frische Luft können erste Linderung verschaffen. Auch wenn in Deutschland standardmäßig gegen Diphtherie und Haemophilus influenzae geimpft wird, kann sich hinter der Symptomatik ein echter Krupp oder eine bakterielle Epiglottis verbergen. Beide sind vom häufigeren und meist durch Viren ausgelösten Pseudokrupp abzugrenzen. In jedem Fall können die Symptome lebensbedrohlich werden. Im Vordergrund steht daher die Abschwellung der Schleimhaut durch die Gabe von Glucocorticoiden.

Heiserkeit und Luftnot können auch auf Papillome hinweisen. Das sind primär benigne blumenkohlartige Neubildungen im Bereich der Stimmlippen.

Zeichen der Zeit

Etwa 25 bis 30% der über 65-Jährigen bekommen eine physiologische Altersstimme (Presbyphonie): Durch Alterungsprozesse atrophieren die Stimmlippenmuskulatur und auch die schleimproduzierenden Zellen. Insgesamt wird die Stimme schwach und kraftlos. Aber auch eine COPD kann die Stimme im Alter schwächen.

Wenn organische Veränderungen chirurgisch entfernt oder eine schwere Laryngitis überwunden wurden, kann die Heiserkeit dennoch anhalten. Nämlich dann, wenn sich Narben bilden. Narbige Veränderungen können auch angeboren sein. Die Stimme kann dann nach einem Hauchen klingen: sie ist konstant heiser und in der Lautstärke eingeschränkt. Zusätzlich können bei chirurgischen Eingriffen auch Nerven geschädigt werden. Stimmlippen-Lähmungen sind in bis zu 80% der Fälle auf Operationen und Traumata im Bereich des Nervus vagus oder Nervus laryngeus recurrens zurückzuführen. Vor allem Operationen an der Schilddrüse, aber auch Herzoperationen bzw. Eingriffe an der Aorta oder thoraxchirurgische Maßnahmen sowie Halswirbelsäulenoperationen können vorausgegangen sein. In bis zu 40% der Fälle bleibt die Ursache der Parese unklar. Wenn eine logopädische Behandlung nach zwei Monaten keine Besserung bringt, können die Stimmlippen mit Hyaluronsäure oder später mit autologem Fett unterfüttert werden.

Hilfe aus der Apotheke

Zur Behandlung von Rachenbeschwerden gibt es in der Apotheke zahlreiche Produkte. Die eigentliche Ursache des Symptoms Heiserkeit sitzt jedoch tiefer: im Kehlkopf und an den Stimmlippen. Gurgellösungen zum Beispiel können tiefere Rachenabschnitte nicht erreichen (Würgereflex). Sprays gelangen zwar in tiefere Bereiche des Rachens, doch wie bei den Gurgellösungen wirken ihre Inhaltsstoffe meist antiseptisch und analgetisch und lindern primär Halsschmerzen.

Solange die Heiserkeit noch eher einem Kratzen gleicht, ­können befeuchtende Lutschtabletten den Reiz lindern (siehe Abb. 2). Schleimhaltige Drogen können zusätzliche Linderung verschaffen. Tees, die Schleimstoffe enthalten sind z. B. Eibischwurzel, Malvenblätter, Isländisches Moos und Wollblumenblüten. Isländisches Moos ist auch in zahlreichen Fertigpräparaten enthalten: z. B. Isla® Moos Pastillen und Aspecton® Halstabletten. Antall® Liquidsticks enthalten zusätzlich Eibischwurzel und Wollblumenblüten. Eibischwurzel allein ist in Phytohustil® Sirup und Pastillen enthalten. Der Sirup kann schon bei Kindern ab einem Jahr eingesetzt werden. Auch Neo-angin® bietet einen Halsschmerzsaft auf Basis von Isländischem Moos und Malve für Kinder ab einem Jahr an. Isla® med hydro+ Pastillen enthalten Isländisches Moos kombiniert mit Hyaluronsäure und Gelbildnern. Die Gelbildner sollen ähnlich wie die Schleimstoffe die Rachenschleimhaut schützend überziehen und feucht halten. Auf Gelbildner und Hyaluronsäure setzen zum Beispiel Gelorevoice® Halstabletten, Cevitt® Lutschtabletten und Neo-angin® stimmig plus. Hypertone Zubereitungen in Form von Lutschtabletten erscheinen sinnvoll, wenn man bedenkt, dass Heiserkeit mit Ödemen der Schleimhaut und Stimmlippen verbunden sein kann. Salzhaltige Lutschpastillen könnten durch Erzeugung leicht hypertoner Konzentrationen im Speichel zum Entquellen führen. Von Emser® gibt es beispielsweise Pastillen oder auch ein isotones Hals- und Rachenspray. Dieses Medizinprodukt bewirbt die Firma sogar im Zusammenhang mit refluxbedingten Stimmstörungen – die aber immer mit dem Arzt abgeklärt werden müssen. Die Heilung einer gereizten und entzündeten Schleimhaut kann außerdem mit Panthenol® 100 mg Jenapharm Lutschtabletten unterstützt werden: Dexpanthenol wirkt wundheilungsfördernd und hydratisierend.

Abb. 2: Entscheidungshilfe bei Heiserkeit aus dem Buch „Selbstmedikation für die Kitteltasche - Leitlinien zur pharmazeutischen Beratung“ von Kirsten Lennecke und Kirsten Hagel, Deutscher Apotheker Verlag, 6. Auflage 2016

Zur Durchfeuchtung der Schleimhäute empfiehlt es sich, generell viel zu trinken und die Raumluft zu befeuchten. Tiefere Abschnitte der Atemwege lassen sich erreichen, indem isotone Kochsalzlösung über einen Vernebler inhaliert wird.

Ist die Ursache bekannt und harmlos, können diese symptomatischen Therapie-Ansätze Linderung verschaffen. Wenn mit der Erkältung aber starke Schluckbeschwerden und Fieber einhergehen, sollte sich der Patient spätestens nach sieben Tagen an den Arzt wenden. Nach drei Wochen anhaltender Heiserkeit wird auch der Hausarzt an den Hals-Nasen-Ohren-Arzt verweisen (siehe Abb. 2). |

Quellen

Reiter R, Hoffmann TK, Pickhard A, Brosch S. Hoarseness — causes and treatments. Dtsch Arztebl Int 2015;112:329–337. DOI: 10.3238/arztebl.2015.0329

Reiß M, Reiß G. Heiserkeit - Ursachen und Therapie. MMP 2016;39(10): 429-435. www.medmopharm.de

Lennecke K, Hagel K. Selbstmedikation für die Kitteltasche. DAV 2016; 6. Auflage:112-114

Hohlfeld M. Das große PTAheute Handbuch: Erkältungserkrankungen - Heiserkeit und Halsschmerzen. DAV 2016; 1. Auflage:185-188

Schröck A et al. Tuberkulose im HNO-Bereich – Fallbeispiel einer Larynxtuberkulose. doi: 10.3205/11hnod154

K. Lennecke. Heiserkeit – wenn die Stimme versagt. DAZ 2005;1:57

Bilharz C. Meistens banal, manchmal tückisch. DAZ 2015;41:40

Winterhagen I. Halsschmerzen loswerden. DAZ 2016;42:34

Ais. Wenn die Stimme krächzt. Apotheken-Depesche 11/2013 www.apotheken-depesche.de

Deutscher Berufsverband der Hals-Nasen-Ohrenärzte e. V. www.hno-aerzte-im-netz.de

Deutscher Bundesverband für Logopädie e.V.: Stimme (Dysphonien) www.dbl-ev.de

Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte e.V. www.kinderaerzte-im-netz.de

Autorin

Apothekerin Diana Moll hat in Tübingen Pharmazie studiert und ist seit Mai 2017 Redakteurin der Deutschen Apotheker Zeitung.

Zum Weiterlesen

Der laryngopharyngeale Reflux ist oft schwer zu diagnostizieren. Das klinische Bild kann neben Heiserkeit und Reizhusten auch nasale Symptome einschließen. (Siehe auch „Sinusitis mit PPIs behandeln?“ in DAZ 2017, Nr. 13, S. 36. Geben Sie auf DAZ.online einfach den Webcode K3QU2 in das Suchfeld oben rechts ein, dann gelangen Sie direkt zum Artikel).

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