Die Seite 3

Verlustgeschäfte

Foto: DAZ/Kahrmann
Dr. Doris Uhl, Chefredakteurin der DAZ

Wenn das Bremslicht im Auto seinen Geist aufgibt, habe ich zwei Möglichkeiten: Ich besorge mir das passende Leuchtmittel und wechsele es selber aus, oder aber ich nehme die Dienste einer Werkstatt in Anspruch. Dabei steht außer Frage, dass die Werkstatt nicht nur die Materialkosten in Rechnung stellen, sondern auch einen nicht zu knappen Stundenlohn für die Dienstleistung ansetzen wird. Summa summarum werden die Kosten des Austauschs durch die Werkstatt deutlich über denen des Bremslichtes liegen. Niemand wird hier auf die Idee kommen, dass die Werkstatt die Dienstleistung inklusive Material unterhalb des handelsüblichen Leuchtmittelpreises anbieten kann. Denn selbstverständlich muss der, der eine Dienstleistung anbietet, eine gewinnbringende Vergütung erhalten. Das sollte auch für Apotheken eine Selbstverständlichkeit sein, beispielsweise dann, wenn sie über die allgemeine Beratung hinaus besondere Dienstleistungen anbieten, so im Rahmen einer immer wichtiger werdenden patientenindividuellen pharmazeutischen Betreuung (s. S. 64).

Und das gilt auch für diejenigen, die in ihrer Apotheke ein Reinraumlabor vorrätig halten und für Krebspatienten entsprechende Sterilrezepturen herstellen. Lange Zeit war die Zytostatika-Herstellung ein durchaus lukratives Geschäft. Doch der Versuch, die Honorierung dieser Dienstleistung über die Hilfstaxe zu regeln, endete am 19. Januar 2018 mit einem Schiedsspruch, der das Potenzial hat, die Zytostatika-Versorgung zum Verlustgeschäft werden zu lassen. Das zeigt Dr. Thomas Wellenhofer in seinem Beitrag „Wer herstellt, wird bestraft“ eindrucksvoll am Beispiel besonders teurer monoklonaler Antikörper, die nicht zwingend von der Apotheke zubereitet werden müssen (s. S. 60). Denn nach den neuen Regeln soll es für die Gesetzlichen Krankenkassen nicht wie zu erwarten teurer, sondern sogar günstiger sein, solche monoklonalen Antikörperzubereitungen im Sterillabor der Apotheke herstellen zu lassen. Die Kosten für das Konzentrat in Form des Fertigarzneimittels können deutlich darüber liegen. Für die herstellende Apotheke bedeutet das jedoch einen Verlust, der je nach Wirkstoff gut und gerne mal in der Größenordnung von 1000 Euro liegen kann. Wellenhofer ist ratlos. Er fragt sich, ob das im Eifer des Gefechts übersehen worden ist, ob die Konsequenzen nicht bedacht worden sind? Beispielsweise dass alles, was nicht zubereitungspflichtig ist, in Zukunft wieder in Arztpraxen jenseits von Zytostatika-Werkbänken und keinesfalls unter sterilen Bedingungen zurechtgemixt werden muss. Denn keine Apotheke wird sich ein derartiges Verlustgeschäft leisten können.

Klar ist, dass das nicht im Interesse der Patienten sein kann. Es darf deshalb auch nicht im Interesse der Krankenkassen und der Politik sein. Wer durch Knebelverträge jeglichen Anreiz für eine Sterilherstellung durch Apotheken vor Ort nimmt, der gefährdet letztlich nicht nur die schnelle und unkomplizierte Versorgung, sondern auch die Sicherheit der Patienten. Auch wenn sich die Zytostatika-herstellenden Apotheken in der Vergangenheit über satte Gewinne freuen durften, die manche Begehrlichkeiten geweckt und teils auch kriminelle Energien freigesetzt haben: All das darf jetzt nicht dazu führen, dass der ortsnahen Zytostatika-Versorgung der Boden unter den Füßen weggezogen wird! Ebenso gilt es zu verhindern, dass aus dem von der ABDA mit Missachtung gestraften Honorargutachten Konsequenzen gezogen werden, die auch die allgemeine Arzneimittelversorgung durch die Apotheken vor Ort zum Verlustgeschäft werden lassen.

Doris Uhl

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