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- DAZ 34/2018
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Recht
Schweigend zuschauen?
Ein Kommentar von Armin Edalat
Kommen Rezeptfälscher ungeschoren davon, weil die apothekerliche Schweigepflicht die Ermittlungen und ihre Überführung verhindert?
Diese Frage sorgte nicht nur bei uns in der Redaktion für Irritationen: Als die Landesapothekerkammer Baden-Württemberg Anfang des Jahres in ihrem Rundschreiben „cosmas“ das Thema „Umgang mit Rezeptfälschungen“ behandelte, erhielten wir Zuschriften von verunsicherten Apothekerinnen und Apotheker, die wissen wollten, wie sie denn nun im Fall der Fälle rechtssicher vorgehen. Die Empfehlungen der Kammerjuristen: Gefälschte Rezepte nicht beliefern, Fragen mit dem Arzt – wenn erreichbar – klären und zur Anzeige bei der Polizei besteht „in aller Regel“ keine Verpflichtung. So weit, so gut und juristisch auch korrekt. Das Strafgesetzbuch sieht in nur ganz wenigen, drastischen Fällen die Verpflichtung zur Strafanzeige vor, wie z. B. bei Hoch- und Landesverrat, Geld- und Wertpapierfälschung, Mord und Totschlag, Raub sowie räuberische Erpressung. Die Rezeptfälschung taucht dabei nicht auf. Auch die Apothekenbetriebsordnung konkretisiert nicht, wie man bei Zweifeln an der Echtheit einer Verordnung vorgehen soll. Bei einem Verdacht auf Arzneimittelmissbrauch ist wenigstens die Abgabe zu verweigern. Doch das wird Fälscher nicht wirklich davon abhalten, ihr Vorhaben in die Tat umzusetzen. In irgendeiner Apotheke wird es schon klappen.
Außerdem sind gefälschte Rezepte ein ganz anderes Kaliber als Falschgeld, denn es geht dabei nicht bloß um die Vortäuschung eines Werts. Mit falschen und vervielfältigten Rezepten verschaffen sich die Täter Zugang zu allen möglichen Arzneimitteln in beliebiger Menge. Einerseits, um akute Bedürfnisse oder eine Abhängigkeit zu befriedigen. Andererseits, um die Substanzen auf dem Schwarzmarkt zu verkaufen und viel Geld zu machen. Dabei muss der Kundenkreis nicht nur aus altbekannten Süchtigen bestehen. Im Fokus sind junge Menschen, die – auf Partys, vor Schulen, bei Konzerten – vom Erstkonsum in die langfristige Abhängigkeit gebracht werden. Vor diesem Hintergrund sollte es doch dringend geboten sein, frühzeitig zu handeln und die kriminelle Energie noch im Keim ersticken zu können bevor ein viel größeres Unglück geschieht.
Was gilt es abzuwägen?
Keine Frage – die apothekerliche Schweigepflicht ist ein hohes Gut, das es zu bewahren gilt. Sie garantiert, dass jeden Tag Millionen Menschen ihren Weg in die Apotheken suchen, um Antworten auf ihre Gesundheits- und Lebensfragen zu erhalten. Das Vertrauen zum Apothekenpersonal kann dabei größer sein als zu Angehörigen, behandelnden Ärzten und anderen Bezugspersonen der Betroffenen.
Doch dieser Umstand darf keinesfalls dazu führen, dass Kriminelle es schaffen, das System zu ihren Gunsten auszunutzen. Für ihre hoheitliche Aufgabe, die Bevölkerung ordnungsgemäß mit Arzneimitteln zu versorgen, brauchen die Apotheken mehr Rechte und einen sicheren Handlungsspielraum.
Juristische Fallstricke und Grauzonen sind hier fehl am Platz. Die Kammerjuristen zeigen in ihrem Beitrag auf, dass eine Verletzung der apothekerlichen Schweigepflicht und ein Verstoß gegen die Berufsordnung mit Freiheits- und Geldstrafen bestraft werden können. Man müsse „im Rahmen der Rechtsgüterabwägung“ ermitteln, ob für den Apotheker eine Anzeige im Einzelfall straffrei möglich ist.
Gibt es eine Gefährdung für Leben, Leib und Gesundheit? Diese Frage dürfte wohl in den meisten Fällen mit „Ja“ zu beantworten sein. Im Hinblick auf die jeweilige Wirkung der illegal erworbenen Arzneimittel entstehen Gefahren sowohl für den Konsumenten als auch für seine Umwelt. Man denke an ein stark enthemmtes und aggressives Verhalten, beeinträchtigte Sicherheit im Straßenverkehr, Gewaltdelikte mithilfe oder unter dem Einfluss der Substanzen.
Die Rechtsanwälte in unserem DAZ-Beitrag sehen darin den Bruch der Schweigepflicht bei Apothekern gerechtfertigt. Sie stellen zudem infrage, ob die Rezeptfälscher überhaupt in dem Maße schutzbedürftig sind wie „echte“ Patienten. Denn man könne davon ausgehen, dass die Daten ohnehin nicht korrekt sind.
In diesem Zusammenhang klingt es wie ein vorsichtiges, juristisches Zugeständnis dem Berufsstand gegenüber, dass bei derartigen Rechtsverstößen die Apotheker zur Information der Strafverfolgungsbehörden – immerhin – berechtigt sind. Von einer Verpflichtung spricht niemand.
Gerade im Hinblick auf die Einführung der elektronischen Verordnung (E-Rezept) muss sich der Gesetzgeber also nochmal grundlegende Gedanken über Daten- und Fälschungsschutz sowie das neue, mögliche Missbrauchspotenzial machen.
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