Gesundheitspolitik

BGH: Auch kleine Geschenke zum Rezept sind verboten

Brötchen- und 1-Euro-Gutschein tabu – keine unzulässige Inländerdiskriminierung

BERLIN (ks) | Der Bundesgerichtshof (BGH) hat am vergangenen Donnerstag seine lange erwarteten Urteile zu Apotheken-Boni verkündet: Ein Brötchen-Gutschein, einzulösen in einer Bäckerei um die Ecke, und ein Ein-Euro-Gutschein, der für weitere Einkäufe in der Apotheke genutzt werden kann, sind verboten, wenn sie bei einer Rezepteinlösung gewährt werden. Beide Geschenke, so geringwertig sie auch wirken mögen, verstoßen gegen die geltenden Preisbindungsvorschriften. Denn diese sind nach dem Willen des Gesetzgebers strikt einzuhalten, so die Bundesrichter in einer Pressemitteilung. Daran ändere auch das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zur Rx-Preisbindung nichts. Dieses sei auf inländische Sachverhalte nicht anwendbar und führe auch nicht zu einer unzulässigen Inländerdiskriminierung. Die schriftlichen Gründe liegen noch nicht vor. Doch es ist anzunehmen, dass das Urteil nicht das Aus für alle Apotheken-Zugaben bedeutet. So sind etwa Kundenzeitschriften weiterhin zulässig.

© Kai Felmy

Seit Oktober 2016 dürfen EU-Versender ihren Kunden aus Deutschland auch beim Erwerb von Rx-Arzneien Boni gewähren. Für inländische Apotheken gilt dagegen die Preisbindung – und das heilmittelwerberechtliche Zuwendungsverbot, das an die arzneimittelrechtlichen Preisvorschriften anknüpft. Diese ungleichlangen Spieße ärgern die deutschen Apotheker. Die Frage ist: Muss die Rechtslage hierzulande nach dem EuGH-Urteil vielleicht in einem neuen Licht gesehen werden? Das Kammergericht in Berlin meinte jedenfalls, es müsse wieder eine „Spürbarkeitsschwelle“ überschritten sein und fand, mit einem Ein-Euro-Gutschein bewege sich der Apotheker noch im Bereich des Zulässigen. Das OLG Frankfurt hielt im „Ofenkrusti“-Fall hingegen am strengen Verbot fest.

Der BGH bestätigte nun den Frankfurter Weg. In seiner Pressemitteilung erklärt das Gericht zunächst, dass bei einer Werbung für Arzneimittel nach § 7 Abs. 1 Satz 1 HWG Zuwendungen und sonstige Werbegaben nur zulässig sind, wenn eine der in dieser Vorschrift ausdrücklich geregelten Ausnahmen vorliegt. Dies solle der abstrakten Gefahr begegnen, dass Verbraucher bei der Entscheidung, ob und gegebenenfalls welche Heilmittel sie in Anspruch nehmen, durch die Aussicht auf Werbegaben unsachlich beeinflusst werden. Die Bestimmung, die entgegen den Preisvorschriften des Arzneimittelgesetzes gewährte Werbegaben generell verbietet (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1), solle zudem einen ruinösen Preiswettbewerb zwischen den Apotheken verhindern und eine flächendeckende, gleichmäßige Arznei­mittelversorgung sicherstellen. ­Diese Regelung hatte der Gesetz­geber 2013 ergänzt. Und für die BGH-Richter besteht kein Zweifel, dass er damit eine strikte Preisbindung wollte. Auf eine finanzielle Geringwertigkeit der Werbegabe dürfe man daher nicht abstellen – eine klare Absage an die Spürbarkeitsgrenze.

Vom EuGH-Urteil zur Rx-Preisbindung lässt sich der BGH bei inländischen Sachverhalten nicht beeindrucken. Es stehe der Anwendung der Preisvorschriften für deutsche Apotheken nicht entgegen. Die Regelungen zur Warenverkehrsfreiheit gelten hier nicht, schließlich gibt es keinen grenzüberschreitenden Verkauf. Auch führe das EuGH-Urteil nicht zu einer verfassungsrechtlich unzulässigen Inländer­diskriminierung. Aus dem Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) folge nicht, dass eine Regelung für In­länder derjenigen für andere EU-Bürger entsprechen muss, solange die Ungleichbehandlung auf sach­lichen Gründen beruht. Und einen solchen gewichtigen sachlichen Grund sieht der BGH. Er ergebe sich bereits aus der Tatsache, dass der nationale Gesetzgeber in seiner Gestaltungsfreiheit zwar hinsichtlich des grenzüberschreitenden Verkaufs von Arzneimitteln durch die im EU-Primärrecht geregelte Warenverkehrsfreiheit und die ­dazu ergangene Rechtsprechung des EuGH eingeschränkt sei, für den Vertrieb innerhalb Deutschlands aber keine entsprechende Einschränkung bestehe.

Einen Verstoß gegen die Berufs­ausübungsfreiheit inländischer Apotheken sieht der BGH ebenfalls nicht. Auch wenn mit den preisrechtlichen Bestimmungen in diese eingegriffen werde, sei dies mit Blick auf den Zweck der Sicherstellung der flächendeckenden und gleichmäßigen Versorgung der ­Bevölkerung mit Arzneimitteln verhältnismäßig. Aber die Richter räumen ein, dass sich das möglicherweise ändern könnte, wenn der Konkurrenzdruck aus dem Ausland unzumutbar wird. Noch sei dies aber nicht Fall. |

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