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Gesundheitspolitik
Kein Schadenersatz für DocMorris
Mit einer Schadenersatzklage vor dem Landgericht Düsseldorf hat DocMorris von der Apothekerkammer Nordrhein (AKNR) fast 14 Mio. Euro zzgl. Zinsen seit Oktober 2015 gefordert. Dieser Schaden, so der Versender, sei ihm durch den Vollzug diverser Rechtstitel – vor allem einstweiligen Verfügungen – entstanden, die die AKNR zwischen 2012 und 2016 erwirkt hatte. Es ging dabei um das grundsätzliche Bonus-Modell, aber auch um verschiedene Spielarten, die jeweils für einen gewissen Zeitraum angeboten wurden. Mal hatte DocMorris mit einem Bonus bis zu 15 Euro für einen „Arzneimittelcheck“ geworben, später wurden dafür sogar 20 Euro versprochen (Rezepteinreichung vorausgesetzt!), mal ging es um eine ADAC-Mitgliedschaft oder einen Hotelgutschein. Die AKNR und auch die Gerichte hatten keine Zweifel, dass all die Aktionen unzulässig waren. Dass auch DocMorris sich an die Rx-Preisbindung halten muss, war nach der Entscheidung des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe 2012 klar, der Gesetzgeber hatte es außerdem festgeschrieben. Doch dann kam das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 19. Oktober 2016 und stellte die Apotheken-Welt auf den Kopf. Nun meinte DocMorris: Die früheren Verfügungen wurden zu Unrecht vollzogen – und das kann grundsätzlich einen Schadenersatzanspruch auslösen.
Verbraucher vor unsachlicher Beeinflussung schützen
Doch das Landgericht Düsseldorf sah in den ihm vorliegenden Fällen keinen Anspruch gegeben. Dabei differenziert es in seinem Urteil zwischen den verschiedenen angeführten Verfügungen. So gibt es welche, die auch in der Hauptsache rechtskräftig entschieden wurden – sogar der Versuch einer Verfassungsbeschwerde von DocMorris scheiterte. An solche Entscheidungen sei auch das Gericht gebunden, das über einen Schadenersatzanspruch entscheide, betont das Urteil. Dort, wo es nicht zu Hauptsache-Urteilen kam, ergebe sich die Berechtigung der Verfügung daraus, dass DocMorris mit seiner Werbung gegen das Zuwendungsverbot des § 7 Heilmittelwerbegesetz (HWG) verstoßen habe. Im Urteil wird ausführlich dargelegt, warum das Heilmittelwerberecht hier zur Anwendung kommen kann und seine Auslegung auch nicht durch das EuGH-Urteil beeinflusst wird. Denn das Arzneimittelpreisrecht und das Heilmittelwerberecht haben unterschiedliche Schutzzwecke. Bei Ersterem geht es um die Sicherstellung der flächendeckenden Arzneimittelversorgung, bei Letzterem um den Gesundheitsschutz: Patienten dürfen nicht durch das Inaussichtstellen von Vorteilen unsachlich beeinflusst werden.
Der EuGH selbst hatte den EU- Versandapotheken attestiert, nicht in gleichem Maße pharmazeutische Beratung anbieten zu können, wie dies deutsche Apotheken könnten. Hieraus folgerte nun das Landgericht: Verbraucher müssen vor einer unsachlichen Beeinflussung geschützt werden, wenn sie durch das Inaussichtstellen geldwerter Vorteile davon abgehalten werden, die qualitativ hochwertigere Beratung in den deutschen Präsenzapotheken in Anspruch zu nehmen. Winken aber 20 Euro für die Rezepteinlösung, bestehe die „naheliegende Möglichkeit“, dass der Patient das Rezept zum Versender statt in die stationäre Apotheke bringt.
AKNR-Präsident Lutz Engelen erklärte, die Entscheidung zeige, „dass es wichtig ist, dass die Apothekerkammern ihrer Aufsichtspflicht und ihren Kontrollfunktionen nachkommen – damit der Wildwuchs in der Arzneimittelversorgung auch in Zukunft gestoppt werden kann“.
Die Freiburger Rechtsanwälte Dr. Morton Douglas und Dr. Anne Bongers-Gehlert, die das Verfahren für die AKNR geführt haben, sind ebenfalls zufrieden. Aus ihrer Sicht geht die Bedeutung des Urteils auch über den konkreten Rechtsstreit hinaus: Die Wertungen des Gerichts sollte auch der Gesetzgeber bei den Verhandlungen über das Gesetz zur Stärkung der Vor-Ort-Apotheken berücksichtigen. |
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