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Die Seite 3
Erledigte und offene Fragen
In der unendlich anmutenden Geschichte des Apotheken-Stärkungsgesetzes gibt es erste Ergebnisse. Die aus dem Gesetzentwurf ausgegliederte Verordnung wurde im Bundesgesetzblatt verkündet. Das Honorar aus dem Nacht- und Notdienstfonds sowie die Gebühr für BtM- und T-Rezepte werden zum 1. Januar 2020 erhöht. Das ist erfreulich für die Apotheken. Schon seit dem 22. Oktober gelten einige Änderungen der Apothekenbetriebsordnung (siehe Seite 9). Die wichtigsten Regelungen betreffen den Botendienst. Dafür muss pharmazeutisches Personal eingesetzt werden, wenn zuvor keine Beratung stattgefunden hat. Doch es ist nun geklärt, dass diese Beratung telefonisch erfolgen kann. Diese Regel dient der Arzneimittelsicherheit der Patienten, und sie dient der Planungssicherheit der Apotheken, die Rezeptsammelstellen betreiben. Bei dieser Versorgungsform kommt der Patient vor der Auslieferung nicht in die Apotheke. Ländliche Regionen regelhaft mit „pharmazeutischen Boten“ zu versorgen, ist in Zeiten des Personalmangels nicht zukunftsfähig. So schafft die Regel eine Voraussetzung, damit Patienten auf dem Lande auch künftig von nahe gelegenen Apotheken mit persönlichem Kontakt versorgt werden können. Erfreulich ist auch, dass dies alle Arzneimittel betrifft. Praktisch in letzter Minute hat der Verordnungsgeber die Vorschrift auf OTC-Arzneimittel ausgedehnt. Diese wurden damit vor weiterer Trivialisierung bewahrt.
Zugleich stellt die Regel eine wichtige Weiche für das künftige E-Rezept. Denn besonders in dünn besiedelten Regionen werden E-Rezepte häufig ohne den Patienten in die Apotheke kommen. Damit stellt sich die Frage nach einer angemessenen Beratung. Die wird beim Botendienst ebenso wie beim Versand telefonisch möglich sein, sofern der Beratungsinhalt diese Beratungsform zulässt. Anderenfalls würden Vor-Ort-Apotheken im Wettbewerb mit Versendern um E-Rezepte künftig benachteiligt. Denn die Vor-Ort-Apotheken sollen auch für Patienten da sein, die nicht immer eine persönliche Beratung vorziehen. Darum ist es auch vorteilhaft, dass der Botendienst nicht mehr auf den Einzelfall beschränkt ist. Damit entfällt ein mögliches Einfallstor für rechtliche Streitigkeiten.
Viele Patienten werden sich über mehr Botendienste freuen. Doch für die Apotheken hat dies eine Schattenseite: Mehr Leistungen kosten mehr Geld. Die Honorarerhöhungen zum Jahresanfang 2020 sind bestenfalls ein Ausgleich für jüngste Kostensteigerungen, aber kein Lohn für weitere Leistungen. Wenn das System von den Apotheken immer mehr fordert und die Digitalisierung neue Leistungen ermöglicht, muss dies auch finanziell zu Buche schlagen. Die jüngsten Neuerungen ändern nichts am grundlegenden Problem der Apotheken: Das System lebt seit Jahren vom Verdrängungskampf. Apotheken mit günstigen Rahmenbedingungen profitieren von der Schließung ihrer Wettbewerber. Neue Möglichkeiten für einen offensiv beworbenen Botendienst werden diesen Kampf wahrscheinlich sogar weiter verschärfen. Dabei kann es fast schon als zynisch betrachtet werden, dass der Botendienst sogar einen gewissen Ersatz für die schließenden Apotheken schafft. Doch das Versorgungsnetz der Apotheken ist vielerorts schon heute dünn. Darum sollte jetzt eher nach Wegen gesucht werden, das bestehende Netz zu stabilisieren. Dafür sind die im Januar anstehenden Honorarerhöhungen zwar ein Schritt in die richtige Richtung, aber langfristig sind mehr Geld und endlich eine sichere Grundlage für die Gleichpreisigkeit nötig.
Kurzfristig sollte sich das Augenmerk allerdings auf zwei noch fehlende Inhalte des ursprünglichen Gesetzespakets konzentrieren: die neuen honorierten pharmazeutischen Dienstleistungen und das Makelverbot in einer erweiterten Version, die das Makeln von Rezepten für alle verbietet. Nach den jüngsten Weichenstellungen zum Botendienst mit Blick auf E-Rezepte erscheint immer weniger verständlich, warum gerade das Makelverbot als ordnungspolitische Grundregel für das E-Rezept noch nicht beschlossen wurde.
Thomas Müller-Bohn
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