Wirtschaft

Shop Apotheke hält VOASG für europarechtswidrig

CEO Feltens: Haben noch keine Entscheidung über den Umgang mit dem Rx-Boni-Verbot gefällt

cm/rh | Dank der Corona-Krise kann sich die Shop Apotheke über rasant steigende Umsätze freuen. Wichtiges Thema bei der Pressekonferenz anlässlich der Vorstellung der Zahlen für das dritte Quartal war aber auch das Vor-Ort-Apotheken-Stärkungsgesetz (VOASG), das voraussichtlich im Dezember in Kraft treten wird. Ob man sich bei der Shop Apotheke an das darin festgeschriebene Rx-Boni-Verbot halten wird, ist dabei keineswegs sicher.

Vergangenen Donnerstag legte die Shop Apotheke mit Sitz in Venlo/Niederlande die Zahlen für das dritte Quartal 2020 vor. Laut Mitteilung steigerte der Arzneimittelversender seinen Konzernumsatz mit 239 Millionen Euro um fast 40 Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal. Für die ersten neun Monate ergibt sich nach Angaben von Shop Apotheke somit ein Gesamtumsatz von gut 703 Millionen Euro. Das entspricht einem Plus von rund 38 Prozent gegenüber dem Vorjahresumsatz in Höhe von 509 Millionen Euro.

Die Zahl der aktiven Kunden belief sich, heißt es weiter, zum 30. September 2020 auf 5,9 Millionen, ein Anstieg um 1,4 Millionen im Vorjahresvergleich und um 0,4 Millionen im dritten Quartal.

Das bereinigte EBITDA betrug 15,5 Millionen Euro im Vergleich zu –11,7 Millionen Euro in den ersten neun Monaten 2019 (+27,2 Millionen Euro). Dies ergibt eine bereinigte EBITDA-Marge von 2,2 Prozent nach –2,3 Prozent im Vorjahreszeitraum. Nach Abzug der Nettofinanzaufwendungen und Ertragssteuern belief sich das Nettoergebnis auf –9,5 Millionen Euro im Vergleich zu –30,4 Millionen Euro im Vorjahr.

Shop Apotheke rechnet mit Vertragsverletzungsverfahren

Bei einem Pressebriefing zu den Ergebnissen zum dritten Quartal sprach CEO Stefan Feltens auch das Verbot der Rx-Boni an: „Wir gehen davon aus, dass das VOASG im Dezember noch in Kraft tritt. Uns wundert, dass die Bundesregierung, der Bundestag und der Bundesrat bereit sind, in einen Konflikt mit der Europäischen Kommission einzutreten“, so Feltens.

Er sei fest davon überzeugt, dass das Gesetz europarechtswidrig ist und verwies dabei auf das EuGH-Urteil von 2016. Darin werde von einem strukturellen Wettbewerbsnachteil für EU-ausländische Marktteilnehmer gesprochen. Im Laufe der Jahre habe sich seit dieser Urteilsverkündigung faktisch nichts geändert. „Jetzt ist ganz entscheidend, wie sich die Europäische Kommission dazu positionieren wird“, sagte Feltens. „Wir gehen davon aus, dass die Europä­ische Kommission ein Vertrags­verletzungsverfahren gegen den Bund einleiten wird.“

CEO Feltens wartet Positionierung der Kassen ab

Zudem bleibe abzuwarten, wie sich die Krankenkassen in Deutschland diesbezüglich positionieren werden, ergänzte Feltens. In der Vergangenheit habe es immer wieder Äußerungen gegeben, dass auch der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung davon ausgehe, dass ein Boni-Verbot rechtswidrig sei. „Es gibt da noch einige Fragezeichen, Themen, die noch nicht abschließend geklärt sind“, sagte Feltens weiter. Deshalb habe man noch keine Entscheidung gefällt, wie man mit dem Boni-Verbot umgehen werde.

Täglich Hunderte digitale Rezepte von Zava

Die Shop Apotheke möchte strategisch darüber hinaus ihre Eigenmarken stärken und die Shop Apotheke Now mit weiteren Niederlassungen erweitern. Sie setzt auch auf den Online-Doktor-Service in Kooperation mit Zava, über den täglich Hunderte von digitalen Rezepten ins Haus flattern, wie Feltens erklärte (siehe hierzu den oben stehenden Bericht).

Deutlicher Zuwachs im Rx-Segment

Mit seinem neuen Logistikzentrum sieht sich das Unternehmen auch auf die steigende Nachfrage durch E-Rezepte vorbereitet. Um dem gerecht zu werden, wird der neue Standort im niederländischen Sevenum von ursprünglich 20.000 Quadratmetern auf 48.000 Qua­dratmeter erweitert. So sollen täglich statt etwa 39.000 künftig 100.000 Pakete den Versandhandel verlassen.

Damit rüstet sich Shop Apotheke für die stark steigende Nachfrage: In den ersten neun Monaten 2020 wuchs das DACH-Segment, welches die Geschäftsaktivitäten in Deutschland, Österreich sowie der Schweiz umfasst und dem Ver­sender zufolge das nach Umsatz größte Segment darstellt, im Vorjahresvergleich um 32,1 Prozent. Der Umsatz stieg auf knapp 592 Millionen Euro. In den ersten neun Monaten 2019 waren es noch rund 448 Millionen Euro gewesen. Auch das Rx-Segment legte deutlich zu: Das Geschäft mit rezeptpflichtigen Medikamenten wuchs demnach um 17 Prozent auf nunmehr fast 160 Millionen Euro.

Prognose für 2020 wird erneut nach oben korrigiert

Aufgrund der Geschäftsentwicklung im laufenden Jahr hebt Shop Apotheke Europe die Prognose für 2020 erneut an. Für das Gesamtjahr erwartet das Unternehmen nun ein Umsatzwachstum von mindestens 35 Prozent (bisher mindestens 30 Prozent) sowie eine positive bereinigte EBITDA-Marge von rund 2 Prozent (bisher im Bereich von 1 bis 2 Prozent).

Jasper Eenhorst, CFO von Shop Apotheke Europe, zieht eine positive Bilanz: „Unsere Investitionen in das beschleunigte Wachstum haben sich ausgezahlt. In all unseren Märkten haben wir von starken Zuwachsraten profitiert und dabei unsere Kundenbasis innerhalb eines Jahres um 1,4 Millionen erhöht. Zudem haben wir zum dritten Mal in Folge eine positive bereinigte EBITDA-Marge erzielt.“ |

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