Pandemie Spezial

Corona-Ticker

Neuigkeiten zu SARS-CoV-2 in Kürze

mab | Seitdem der Ausbruch des Coronavirus in Wuhan/China bekannt geworden ist und sich zu einer Pandemie ausgeweitet hat, überschlagen sich die Meldungen. Täglich ergeben sich neue Erkenntnisse zu Übertragung, Verlauf und Behandlungsoptionen des Virus.

Wir sichten regelmäßig die Informationsflut und haben wichtige Mitteilungen und neue Erkenntnisse der letzten Wochen zusammengefasst:

Omep und Co. im Fokus

Die Magensäure stellt eine wichtige Barrierefunktion des Körpers gegen eindringende Viren und Bakterien dar. Wird die Magensäureproduktion durch langfristige Einnahme von Protonenpumpeninhibitoren (PPI) gehemmt, kann es vermehrt zu Infekten kommen. In einer amerikanischen Studie wurde jetzt untersucht, ob die Einnahme von PPI mit einer erhöhten Gefahr einhergeht, sich mit SARS-CoV-2 zu infizieren. Dafür wurden in einer Online-Umfrage 53.130 Teilnehmer in die Studie einbezogen, von denen 3386 positiv auf das Coronavirus getestet wurden. 71,9% der an COVID-19 erkrankten Teilnehmer gaben an, einen PPI einzunehmen, bei den übrigen nicht erkrankten Probanden lag der Anteil bei 28,0%. Die Forscher ermittelten für eine einmal tägliche Einnahme eines PPI eine Odds Ratio von 2,15, die mit einem 95%-Konfidenzintervall (KI) von 1,9 bis 2,44 signifikant war. Wurde der PPI zweimal täglich eingenommen, lag die Odds Ratio sogar bei 3,67 (95%–KI: 2,94 bis 4,60). Die Empfehlung der Forscher lautet, dass der Protonenpumpeninhibitor, wenn er denn zwingend notwendig ist, nur in kleinstmöglicher Dosierung eingesetzt werden soll. Dies deckt sich mit der allgemein gültigen Dosierungsempfehlung für PPI. Kein erhöhtes Infektionsrisiko für SARS-CoV-2 konnte unter Einnahme von H2-Antagonisten festgestellt werden. Die Studie weist einige Limitationen auf: So kann davon ausgegangen werden, dass vermutlich schwer erkrankte COVID-19-Patienten nicht an der Online-Umfrage teilgenommen haben und das Ergebnis dementsprechend verzerrt wurde [Almario CV et al. https://journals.lww.com/ajg/Documents/AJG-20-1811_R1(PUBLISH%20AS%20WEBPART).pdf, Abruf am 13. Juli 2020].

Grafiken: GEMINI – stock.adobe.com

Erstes generisches Remdesivir zugelassen

In Amerika und Europa ist das Virustatikum Remdesivir bereits zur Behandlung von schwer an COVID-19 erkrankten Patienten zugelassen. Damit auch COVID-19-Patienten in ärmeren Ländern mit dem Wirkstoff behandelt werden können, hat der Hersteller Gilead angekündigt, das Arzneimittel zu unterschiedlichen Preisen anzubieten. Dafür hat das Unternehmen mehrere Lizenzverträge mit Generika-Produzenten in Indien, Pakistan und Ägypten abgeschlossen, wodurch die Versorgung von 127 finanziell schlechter gestellten Ländern gewährleistet werden kann. In Indien wurde jetzt erstmals ein generisches Remdesivir zum Preis von etwa 57 Euro pro 100 ml Flasche zugelassen. So kostet die bei COVID-19 übliche Fünf-Tage-Therapie ungefähr 340 Euro, in Amerika und Europa knapp 2340 Dollar [Pressemitteilung der Mylan N.V., 6. Juli 2020].

Hartnäckige Symptome

Bis der Körper sich von einer Infektion erholt hat, bedarf es in der Regel einiger Zeit. Eine Gruppe italienischer Forscher hat nun untersucht, wie lange hospitalisierte COVID-19-Patienten nach der Krankenhausentlassung noch Symptome der Infektion verspürt haben. In die Studie wurden 143 mit SARS-CoV-2 infizierte Probanden eingeschlossen, die im Schnitt 13,5 Tage im Krankenhaus waren. Bei 72,7% der Teilnehmer traten Anzeichen einer interstitiellen Pneumonie während der Hospitalisierung auf. Innerhalb von 60 Tagen nach der Entlassung aus dem Krankenhaus wiesen 87,4% noch mehr als ein Symptom auf. Besonders häufig wurden von den Patienten Fatigue (53,1%), Dyspnoe (43,3%), Gelenkschmerzen (27,3%) und Schmerzen in der Brust (21,7%) genannt. Keiner der Patienten litt dagegen unter Fieber oder anderen Kennzeichen einer akuten COVID-19-Erkrankung. Lediglich 18 Teilnehmer waren nach dem beobachteten Zeitraum symptomfrei. Die Studie ist limitiert durch die geringe Anzahl an Probanden. Außerdem weisen die Wissenschaftler darauf hin, dass auch ambulant erworbene Pneumonien die Symptome hervorrufen könnten [Carfi A et al. JAMA 2020. doi:10.1001/jama.2020.12603].

Kinder stark belastet

Auch Kinder scheinen vermehrt an den Folgen der Corona-Pandemie zu leiden. So gaben in einer als Online-Umfrage konzipierten Studie der Uniklinik Hamburg-Eppendorf 71% der 11- bis 17-Jährigen an, dass sie sich durch die Pandemie belastet fühlen, rund zwei Drittel gaben eine verminderte Lebensqualität und ein geringeres psychisches Wohlbefinden an. Vor der Pandemie waren davon nur knapp ein Drittel der Kinder und Jugendlichen betroffen. Vor allem wurden Schlafprobleme (44%), Gereiztheit (54%), Kopf- und Bauchschmerzen (40%) als Auswirkungen der Krise genannt. Häufiger Streit in der Familie wurden als belastend wahrgenommen, die Hälfte der Kinder gab an, dass Freundschaften durch die Kontaktsperre gelitten haben. Neben einem Migrationshintergrund und einem niedrigen Bildungsabschluss der Eltern, gingen auch ein geringer Verdienst und ein beengter Wohnraum mit einem erhöhten Risiko für psychische Auffälligkeiten einher. An der Online-Umfrage nahmen 1040 Kinder und Jugendliche zwischen 11 und 17 Jahren und 1580 Eltern teil [Pressemitteilung der UKE Hamburg, 10. Juli 2020].

Ethnie als Risikofaktor?

Viele Studien haben bereits Risiko­faktoren für eine erhöhte COVID-19-Sterblichkeit untersucht. Die meisten davon haben sich dabei auf hospitalisierte COVID-19-Patienten beschränkt, kaum An­gaben gab es bisher zu Patienten in Altersheimen. Diese Lücke könnte nun durch eine von der Universität Oxford durchgeführte Studie geschlossen werden, die die Daten von knapp 17 Millionen Menschen untersucht hat, die im kostenlosen Gesundheitsdienst NHS registriert sind. Der NHS spiegelt nach Angaben der Autoren 40% der Bevölkerung Englands wider. Von den 17 Millionen untersuchten Personen sind 5707 an der COVID-19-Erkrankung verstorben. Da mehr als 90% davon älter als 60 Jahre waren, gehen die Autoren der Studie davon aus, dass dies der Hauptrisikofaktor ist, an einer SARS-CoV-Infektion zu versterben. So war das Sterberisiko bei den über 80-Jährigen um das 20-Fache höher als bei den ­50- bis 60- Jährigen. Im Vergleich dazu hatten unter 40-Jährige ein um 94% geringeres Risiko an COVID-19 zu ­versterben. Auch der Risikofaktor männliches Geschlecht konnte in dieser Studie mit einer Hazard Ration von 1,59 erneut bestätigt werden. Bei einem Body-Mass-Index (BMI) über 40 stieg die HR auf 1,92 im Vergleich zu einer HR von 1,05 bei einem BMI von 30 bis < 34,9. Auch konnten schweres Asthma und Diabetes mellitus als Risikofaktoren für erhöhte Sterblichkeit ausfindig gemacht werden. Die Studie hat auch versucht ethnische Faktoren mit einzubeziehen. So konnte eine höhere ­COVID-19-Sterblichkeit bei südasiatischen Patienten (HR = 1,44) und schwarzen Patienten (HR = 1,48) im Vergleich zu weißen Patienten detektiert werden. Aufgrund der enormen Anzahl einbezogener Daten konnten die Forscher feststellen, dass das Sterberisiko nicht, wie häufig vermutet, nur auf klinische Vorerkrankungen wie bestehende Herz-Kreislauf-Erkrankung und Diabetes mellitus oder soziale Benachteiligung zurückzuführen ist, sondern vermutlich genetische Faktoren doch eine Rolle spielen. Sie empfehlen daher weitergehende Studien zu diesem Punkt [Williamson EJ et al. Nature 2020. doi:10.1038/s41586-020-2521-4].

Ein „Luxusproblem“

Normalerweise stellt die Suche nach Probanden für Phase-I-Studien immer eine schwer zu bewältigende Aufgabe dar. Nicht so bei der aktuell laufenden Studie zu einem Impfstoff gegen SARS-CoV-2, der von dem Tübinger Unternehmen CureVac entwickelt worden war. Wie jetzt berichtet wurde, hatten sich insgesamt 4000 Probanden auf die 168 Studienteilnehmerplätze beworben. In der Studie sollen im belgischen Genf, in Hannover und München Sicherheit und Immunogenität des mRNA-Impfstoffs getestet werden. Den Studienteilnehmern werden randomisiert Placebo oder Verum in verschiedenen Dosen verabreicht. Seit Studienbeginn haben bereits 50 Personen die Impfung ohne überraschende Nebenwirkungen erhalten. Die Teilnahme an der Studie wird mit 1300 Euro vergütet [dpa, Juli 2020]. |

 

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