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Pandemie Spezial
Schwanger in Zeiten von Corona
Was eine Infektion mit SARS-CoV-2 für Mutter und Kind bedeutet
Nach dem derzeitigen RKI-Steckbrief zu COVID-19 (Stand 21. August 2020) gibt es zur Empfänglichkeit Schwangerer für eine SARS-CoV-2-Infektion noch keine ausreichend aussagekräftigen Daten [1]. Auch die Prävalenz der Infektion bei Schwangeren liegt noch weitgehend im Dunkeln. Während systematische Screenings in Entbindungskliniken in den Hotspot-Regionen New York City und London im März 2020 einen hohen Anteil asymptomatischer infizierter Schwangerer nachgewiesen haben, beschrieben erste deutsche Daten im gleichen Zeitraum eine vergleichbar niedrige Periodenprävalenz von 0,6% [2, 3].
Datenregister für bessere Zahlen und Fakten
Zur systematischen Erfassung und Beurteilung der Auswirkungen von SARS-CoV 2 und COVID-19 auf die Schwangerschaft und Reproduktion wurden in vielen Ländern Datenregister geschaffen. Beispiele sind das PRIORITY (Pregnancy Coronavirus Outcome Registry)-Register der USA, das britische Register UKOSS (UK Obstetric Surveillance System) und das deutsche CRONOS-Projekt des Forschungs-Netzwerks der Deutschen Gesellschaft für Perinatale Medizin (DGPM) [4]. Die Studie soll über ein Online-Register mehr Daten über den Verlauf der COVID-19-Erkrankung, die Auswirkungen der SARS-CoV-2-Infektion auf die Schwangerschaft, den Feten und das Neugeborene sowie mögliche vertikale Transmissionswege generieren [3]. Daneben untersucht die SCENARIO-Studie (www.covid19scenario.de) der Universitätsklinik Erlangen in Franken die Prävalenz von SARS-CoV-2 (COVID-19) in der Schwangerschaft und bei der Geburt sowie eventuelle Komplikationen durch die Infektion. Zu einem generalisierten Screening aller Schwangeren zum Virusnachweis gibt es aktuell keinen internationalen Konsens [5].
Das Immunsystem während der Schwangerschaft
Die Schwangerschaft gilt als einzigartiger immunologischer Zustand. Das mütterliche Immunsystem passt sich aktiv an die Entwicklung des wachsenden Fötus an und verändert sich dynamisch, von einem pro-inflammatorischen Zustand im ersten Trimester (vorteilhaft für die Embryoimplantation und Entwicklung der Plazenta während der Schwangerschaft) über einen entzündungshemmenden im zweiten Trimester (hilfreich für das fetale Wachstum) bis hin zu einem zweiten pro-inflammatorischen Zustand (Vorbereitung auf die Einleitung der Geburt) im dritten Trimester [6, 7, 8]. Außerdem ist es gut darauf vorbereitet, fremde Krankheitserreger abzuwehren. Angeborene Immunzellen, wie NK-Zellen und Monozyten, reagieren stärker auf virale Herausforderungen, während einige adaptive Immunantworten während der Schwangerschaft nach unten reguliert werden (z. B. verringerte Anzahl von T- und B-Zellen) [9].
Andererseits neigen die oberen Atemwege aufgrund erhöhter Estrogen- und Progesteron-Spiegel während der Schwangerschaft dazu, anzuschwellen. Die so eingeschränkte Lungenausdehnung macht die Schwangere anfälliger für Atemwegserreger [10]. Im Falle einer SARS-CoV-2-Infektion sind Komplikationen durch einen immer wieder beobachteten gefürchteten Zytokinsturm zu bedenken, der den pro-inflammatorischen Zustand im ersten und dritten Trimester der Schwangerschaft weiter befeuern kann [6, 11]. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass es in der Schwangerschaft physiologisch zu einer Hyperkoagulabilität kommt und dass auch COVID-19 mit einer pathologisch erhöhten Blutgerinnung einhergehen kann.
Wie gut ist das Ungeborene geschützt?
Während der Schwangerschaft schützen die mütterlichen fetalen Schnittstellenbarrieren den Fötus vor Infektionen. Die Syncytiotrophoblasten koordinieren eine Immunantwort auf Infektionen und dienen auch als physische Barriere für virale Durchgänge. Der ACE2-Rezeptor ist in der Plazenta in den ersten Monaten der Schwangerschaft stark exprimiert, was das erste Trimester zur wahrscheinlichsten Periode für SARS-CoV-2-Infektionen des Ungeborenen machen könnte. Für den viralen Eintrag ist aber auch die Serin-Protease TMPRSS2 erforderlich. Wissenschaftler haben eine robuste Expression von ACE2 in der Plazenta entdeckt, nicht aber von TMPRSS2 [12, 13].
Übertragung des Virus auf das ungeborene Kind
Die Übertragung des Virus von der Mutter auf das ungeborene Kind (vertikale Transmission) gilt derzeit als unwahrscheinlich, ist aber nicht völlig auszuschließen [16, 23, 24, 25, 26]. Mitte Juli wurde in Nature Communications ein Einzelfallbericht veröffentlicht, nach dem eine SARS-CoV-2-infizierte Schwangere in Frankreich einen SARS-CoV-2-positiven Jungen geboren hatte [27]. Durch verschiedene gezielte chronologische Testungen konnte abgeleitet werden, dass das Baby schon bei der Geburt infiziert gewesen sein musste. Allerdings müssen hierfür nach einer fachärztlichen Bewertung im Deutschen Ärzteblatt mehrere Faktoren zusammenkommen, so dass eine fetale SARS-CoV-2-Infektion auf der Basis des heutigen Wissens wohl als recht seltenes Ereignis anzusehen ist [28].
In Fruchtwasser oder Nabelschnurblut konnte SARS-CoV-2 bislang nicht nachgewiesen werden [29], aber es wurden Antikörper gegen SARS-CoV-2 im Nabelschnurblut detektiert [30, 31]. In der Plazenta wurde Virus-RNA bisher in zwei Fällen gefunden [32, 33].
Ein koreanisches Forscherteam analysierte 16 Fallserien und 12 Fallberichte, in denen insgesamt 223 Schwangere und 201 Säuglinge beschrieben wurden. Bei vier Müttern, die von schwerem COVID-19 betroffen waren, waren sämtliche PCR-Tests der Muttermilch, Plazenta, Fruchtwasser und Nabelschnurblut sowie vaginale Sekrete SARS-CoV-2-negativ [34].
COVID-19-Verlauf in der Schwangerschaft
Ob schwangerschaftsphysiologische Veränderungen den Verlauf einer COVID-19-Erkrankung beeinflussen, ist unklar. Nach einer Auswertung der Datenlage von Hagenbeck et al. (am 13. Juli 2020 online publiziert) sind die Symptome bei Schwangeren nach Art und Schwere ähnlich denen bei infizierten Nichtschwangeren im gebärfähigen Alter. Tabelle 1 zeigt die Symptomhäufigkeit aus 33 Studien mit insgesamt 356 Schwangeren [3].
Symptom | Häufigkeit [%] |
---|---|
Fieber | 67 |
Husten | 66 |
Geruchs-/Geschmacksstörungen | 64 |
Dyspnoe | 7 |
Halsschmerz | 7 |
Fatigue | 7 |
Myalgie | 6 |
Rhinorrhö, Anorexie, Übelkeit/Erbrechen, Kopfschmerzen | < 5 |
Während der ersten Welle der SARS-CoV-2-Pandemie bis Ende März galten Schwangere nicht als besondere Risikogruppe. Zwischenzeitlich blickt man auf einen größeren Datensatz zurück, der zu einer Relativierung der Einschätzung geführt hat. Einen Überblick liefern die Empfehlungen der deutschen geburtshilflichen und pädiatrischen Fachgesellschaften zur Versorgung infizierter Schwangerer und deren Neugeborener, wie auch notwendige Schutzmaßnahmen für das Personal, die erstmals im März 2020 veröffentlicht und mit Stand Ende Juni 2020 (bis zum 30. Mai 2020 verfügbare Publikationen) aktualisiert wurden [16].
Nach dem Update treten Fehlgeburten während der SARS-CoV-2-Pandemie bisher nicht häufiger auf. Allerdings wird die Datenlage für eine abschließende Beurteilung noch als unzureichend erachtet. Die Frühgeburten-Rate soll je nach Studien zwischen 15 und 39% variieren. Ob diese jedoch durch eine Infektion mit SARS-CoV-2 verursacht wurden oder andere Gründe hatten, wird in den Fallserien nicht ausreichend differenziert [3, 16, 17].
Ein systematischer Review plus Metaanalyse von 61 Studien mit insgesamt 790 COVID-19-positiven Frauen und 548 Neugeborenen kommt auf folgende Schätzraten: Kaiserschnitte 72%, Frühgeburten 23%, niedriges Geburtsgewicht 7% und unerwünschte Schwangerschaftsereignisse 27%. In Fallberichten wurden die Raten von Kaiserschnitten, Frühgeburten und niedrigem Geburtsgewicht auf 69%, 56% bzw. 35% geschätzt [18].
Eine prospektive nationale Bevölkerungsstudie basierend auf dem britischen UK Obstetric Surveillance System (UKOSS) analysierte die Daten von 427 Schwangeren, die zwischen dem 1. März und dem 14. April 2020 mit einer bestätigten SARS-CoV-2-Infektion ins Krankenhaus eingeliefert worden waren. Die geschätzte Inzidenz der Krankenhauseinweisungen in der Schwangerschaft betrug 4,9 pro 1000 Mütter. 281 Frauen (69%) waren übergewichtig oder fettleibig. 175 waren 35 Jahre oder älter und 145 hatten bereits vorhandene Komorbiditäten [19].
Häufiger auf die Intensivstation?
Nach den Ausführungen der deutschen geburtshilflichen und pädiatrischen Fachgesellschaften zeigen Schwangere, die an einer COVID-1-Pneumonie erkranken, ein ähnliches Risiko intensivmedizinischer Versorgungsnotwendigkeit wie gleichaltrige Nicht-Schwangere [16]. Daten der US-Centers for Disease Control and Prevention (CDC), die im Rahmen der COVID-19-Überwachung vom 22. Januar bis 7. Juni 2020 erhoben wurden, sind hier noch nicht berücksichtigt. In diesem Zeitraum erhielt das CDC-Berichte über 326.000 Frauen im reproduktiven Alter (15 – 44 Jahre) mit positiven Testergebnissen für SARS-CoV-2, von denen 8207 schwanger waren. Nach der Anpassung an das Alter, das Vorhandensein der zugrunde liegenden Erkrankungen und die Rasse/Ethnizität waren infizierte Schwangere um 50% häufiger auf Intensivstationen als ihre nichtschwangeren infizierten Altersgenossinnen, aber sie starben nicht häufiger [20].
Die schwedische Gesundheitsbehörde analysierte Daten während vier Wochen im März und April und berechnete die Aufnahmerate infizierter Schwangerer (13) auf der Intensivstation im Vergleich zu der infizierter, nicht schwangerer Frauen (40) im reproduktiven Alter. Als Ergebnis landeten Schwangere oder Frauen unmittelbar nach der Geburt mit COVID-19 mit einer fast sechsmal so hohen Wahrscheinlichkeit auf der Intensivstation wie nicht schwangere COVID-19-Patientinnen [21].
Todesfälle durch Risikofaktoren
In einer umfassenden Prüfung von Daten aus zehn Studien (bis Juli 2020), die 37 Fälle von mütterlicher und zwölf perinataler Mortalität (sieben fetale Todesfälle und fünf neonatale Todesfälle) im Zusammenhang mit COVID-19 berichteten, hatten alle verstorbenen Frauen Komorbiditäten, von denen die häufigsten Fettleibigkeit, Diabetes mellitus, Asthma und fortgeschrittenes mütterliches Alter waren. Akutes Atemnotsyndrom (ARDS) und schwere Lungenentzündung wurden als Hauptursachen für die Müttersterblichkeiten angesehen. Für die fetale und neonatale Sterblichkeit werden vor allem die Schwere der mütterlichen Infektion und die zu frühe Geburt der Kinder verantwortlich gemacht [22].
Gefahr auch noch nach der Geburt?
Erhöhte Gefahren für die Mutter enden möglicherweise nicht mit der Entbindung. Prabhu und Kollegen analysierten die Befunde von allen 675 Schwangeren, die im März und April über einen Zeitraum von vier Wochen zur Entbindung in drei New Yorker Krankenhäuser kamen. Nach der Geburt hatten neun von 70 infizierten Frauen (13%) mindestens eine der drei Komplikationen Fieber, sauerstoffarmes Blut und erneute Krankenhauseinweisung, gegenüber (4,5%) mit einem dieser Probleme bei den Nichtinfizierten [35].
Normale Geburt oder Kaiserschnitt?
Internationale Fachgesellschaften sind sich einig, dass Frauen auch bei einer SARS-CoV-2-Infektion vaginal gebären sollten [5]. Die WHO empfiehlt, einen Kaiserschnitt nur dann durchzuführen, wenn dies medizinisch gerechtfertigt ist [36]. Eine SARS-CoV-2-Infektion bzw. eine COVID-19-Erkrankung sind im Übrigen keine Kontraindikationen zur Regionalanästhesie (Periduralkatheter/Spinalanästhesie).
Krankenhaus oder Hausgeburt?
Aus Angst vor dem Ansteckungsrisiko während und nach der Geburt überlegen manche Schwangere, den Aufenthalt in einer Klinik möglichst zu vermeiden und ihre Kinder eventuell entgegen dem Rat ihres Gynäkologen zu Hause zu bekommen. Die ärztlichen Fachgesellschaften raten hiervon dringend ab und betonen, dass die Sorge vor einer erhöhten Infektionsgefahr im Krankenhaus unbegründet sei. Sie appellieren an alle werdenden Eltern, ihr Kind, ihre Familie und andere nicht dadurch in Gefahr zu bringen, dass sie aus Angst vor einer Corona-Infektion eine nötige Krankenhausbehandlung ablehnen und die Geburt zu Hause alleine durchstehen wollen [37]. Dass eine Begleitperson bei der Geburt dabei sein darf/sollte, wird auch in Corona-Zeiten ausdrücklich empfohlen [16, 36, 38]. Es sollte allerdings maximal eine Person sein, und positiv auf das Coronavirus Getestete (auch Partner oder Kinder) sind im Kreißsaal und auf der Station nicht erlaubt.
Weiterführende Informationen
Empfehlungen zur Versorgung infizierter Schwangerer und deren Neugeborener. Aktualisierte Empfehlungen der deutschen geburtshilflichen und pädiatrischen Fachgesellschaften DGPM, DGGG, DGPGM, DGPI und GNPI zu SARS-CoV-2/COVID-19 und Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett (Stand: 30. Juni 2020) [16].
FAQ für werdende Mütter mit oder ohne SARS-CoV-2. Die FAQ des German Board and College of Obstetrics and Gynecology (Berufsverband der Frauenärzte e. V. (BVF) und Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe e. V. (DGGG)) zu den Risiken des Coronavirus (SARS-CoV-2) für schwangere Frauen und Säuglinge (Stand: 26. Mai 2020) liefern gut verständliche Antworten rund um alle Fragen in Zeiten von Corona. (www.bvf.de/aktuelles/gbcog-mitteilungen/)
Mutterschutz und SARS-CoV-2. Das Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben (BAFzA) hat ein Dokument mit häufig gestellten Fragen (FAQ) zu mutterschutzrechtlichen Bewertungen von Gefährdungen durch SARS-CoV-2 herausgegeben (Stand 14. April 2020). Dieses liefert umfangreiche Informationen für Schwangere, Stillende, Arbeitgeber, Ausbildungsstellen, Betriebsärzte, Frauenarztpraxen, Hebammen sowie zu Beratungsangeboten zu Mutterschutz, Arbeitsrecht und Arbeitsschutz und Hinweise auf weiterführende Beratungsmöglichkeiten und Hotlines.
(www.bafza.de, unter „Ausschuss für Mutterschutz“)
Beim Rooming-in: Streicheln ja, Küssen nein
Neugeborene von SARS-CoV-2-positiven Müttern sollen in Abhängigkeit von Infektionsstatus und vom klinischen Zustand der Mutter betreut werden. Bei zurückliegender Infektion (> 14 Tage) und negativer PCR im Nasopharynxabstrich sind aus Sicht der Deutschen Gesellschaft für pädiatrische Infektiologie (DGPI) keine besonderen Maßnahmen erforderlich [40]. Auch die WHO und die anderen geburtshilflichen und pädiatrischen Fachgesellschaften befürworten ausdrücklich den unmittelbaren Mutter-Kind-Kontakt [16, 36, 38]. Beim Rooming-in sollten die konsensbasierten Empfehlungen der DGPI berücksichtigt werden (Mund-Nasen-Schutz, 1,5 Meter Abstand bzw. durchsichtige Trennwand), Händehygiene, Schleimhaut/Hautkontakt: „Streicheln – ja, Küssen – nein“) [40].
Auch SARS-CoV-2-positive Mütter sollten stillen
Das Stillen wird auch bei SARS-CoV-2-Infektion der Mutter im internationalen Konsens der Fachgesellschaften befürwortet [5, 36, 39]. Auch wenn es hierzu bislang keine spezifischen Daten gibt, wird davon ausgegangen, dass dadurch neben den zahlreichen Vorteilen des Stillens auch ein passiver Immunschutz vermittelt werden könnte. Wegen der Gefahr der Infektion über Tröpfchen oder Aerosole müssen die Stillenden zur Einhaltung spezieller Hygieneregeln und -maßnahmen angeleitet werden. Hierzu zählt neben den Maßnahmen der Atemhygiene (Mund-Nasen-Schutz) die Hygiene von Händen, Brust und Milchpumpen. Wenn eine Mutter ihr Kind nicht selbst stillen kann, kann die Muttermilch auch abgepumpt werden und über eine weitere Person an den Säugling verfüttert werden (Hygienemaßnahmen einhalten!).
Auf einen Blick
- Die Risikoabschätzung zu den gesundheitlichen Folgen einer SARS‑CoV‑2-Infektion und von COVID-19 für Schwangere, das ungeborene Leben und die gesundheitlichen Konsequenzen für die Kinder von infizierten Müttern bleibt weiterhin schwierig.
- Aktuell gibt es keine Hinweise darauf, dass Schwangere durch das neuartige Coronavirus deutlich gefährdeter sind als die allgemeine Bevölkerung.
- Auch wenn Schwangere aufgrund ihres Alters zu einer Kohorte mit einem geringeren Risiko für schwere COVID-19-Verläufe zählen, verschlechtern Risikofaktoren wie Diabetes oder Fettleibigkeit auch bei ihnen die Prognose.
- Schwangere sollten bei einer nachgewiesenen Infektion engmaschig betreut und überwacht werden.
- Schwangere sollten auf keinen Fall die Untersuchungen im Rahmen der Schwangerenvorsorge vernachlässigen, ob infiziert oder nicht.
- Eine Geburt sollte nach Möglichkeit trotz SARS-CoV-2-Infektion vaginal erfolgen.
- Auch SARS-CoV-2-positiven Frauen wird empfohlen, zu stillen.
Geht SARS-CoV-2 in die Muttermilch über?
Nach den Angaben in den Empfehlungen der Fachgesellschaften wurde das Virus in Muttermilch in jeweils einem Fall in China [41] und in Deutschland nachgewiesen [42]. In einer aktuellen Online-Publikation vom 19. August 2020 berichten kalifornische Forscher über 18 Frauen mit einer bestätigten SARS-CoV-2-Infektion, die sie zwischen dem 27. März und dem 6. Mai 2020 registriert haben. Bis auf eine hatten alle COVID-19-Symptome. Das Alter ihrer Nachkommen reichte von Neugeborenen bis 19 Monate. Die Frauen lieferten insgesamt 64 Proben, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten vor und nach dem positiven SARS-CoV-2-RT-PCR-Testergebnis entnommen wurden. Nur in einer Muttermilchprobe wurde SARS-CoV-2-RNA nachgewiesen, und in keiner ein replikationsfähiges Virus [43].
Antivirale Therapie
Die Therapieoptionen für an COVID-19 erkrankte Schwangere sind noch begrenzter als für nichtschwangere Frauen. Wie aus den Empfehlungen der Fachgesellschaften hervorgeht, wurden schwangere COVID-19-Patientinnen vereinzelt mit Remdesivir oder anderen Wirkstoffen (Oseltamivir, Hydroxychloroquin, Chloroquin) unter Studienbedingungen behandelt. Andere Wirkstoffe, die derzeit für den Einsatz gegen SARS-CoV-Infektionen klinisch erprobt werden, kommen wegen ihrer Teratogenität für den Einsatz an Schwangeren nicht in Betracht (Ribavirin, Baricitinib) [16]. |
Literatur
[1] RKI. SARS-CoV-2 Steckbrief zur Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19). Abschnitt „Schwangere, Kinder und Jugendliche“. Stand: 21.8.2020
[2] Zöllkau J BM, Scherag A, Schleußner E, Groten T. Periodenprävalenz von SARS-CoV-2 in einer unselektierten Stichprobe schwangerer Frauen in Jena – Thüringen. ZGN2020.
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[37] Berufsverband der Frauenärzte e. V. (BVF) und der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe e. V. (DGGG) vereint im German Board and College of Obstetrics and Gynecology (GBCOG). Keine Angst vor Krankenhausbehandlungen oder Klinikgeburten in Zeiten von COVID-19. Pressemitteilung vom 22. März 2020
[38] Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe e.V. (DGGG). Leitlinie „Empfohlene Präventionsmaßnahmen für die geburtshilfliche Versorgung in deutschen Krankenhäusern und Kliniken im Zusammenhang mit dem Coronavirus“ (Langfassung, Registernummer 015 – 092, Klassifikation S1) Stand: 19.03.2020, gültig bis 19.03.2021 https://www.dggg.de/fileadmin/documents/Weitere_Nachrichten/2020/COVID-19_DGGG-Empfehlungen_fuer_Kreissaele_20200319_f.pdf
[39] Nationale Stillkommission. Stillen und COVID-19 - Stellungnahme der Nationalen Stillkommission vom 11. März 2020 2020 [updated 13. August 2020. https://www.mri.bund.de/de/themen/nationale-stillkommission/stellungnahmen/stillen-covid-19/
[40] Deutsche Gesellschaft für pädiatrische Infektiologie (DGPI). Umgang mit Neugeborenen SARS-CoV-2 positiver Mütter mit oder ohne klinische Erkrankung (COVID-19) 2020 [updated 03/31/2020. https://dgpi.de/stellungnahme-dgpi-dggg-dgpm-umgang-mit-neugeborenen-sars-cov-2-positiver-muetter/
[41][41] Wu Y, Liu C, Dong L, Zhang C, Chen Y, Liu J, et al. Coronavirus disease 2019 among pregnant Chinese women: Case series data on the safety of vaginal birth and breastfeeding. BJOG 2020;127:1109–1115. doi: 10.1111/1471-0528.16276
[42] Groß R, Conzelmann C, Müller JA, Stenger S, Steinhart K, Kirchhoff F, Münch J. Detection of SARS-CoV-2 in human breastmilk. Lancet. 2020 Jun 6;395(10239):1757-1758. doi: 10.1016/S0140-6736(20)31181-8. Epub 2020 May 21
[43] Chambers C, Krogstad P, Bertrand K, et al. Evaluation for SARS-CoV-2 in Breast Milk From 18 Infected Women. JAMA. Published online August 19, 2020. doi:10.1001/jama.2020.15580
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