Pandemie Spezial

Weg frei für Corona-Schnelltests in und aus Apotheken

Ein Kommentar vor dem Hintergrund des Testchaos

Die SARS-CoV-2-Infektionszahlen schnellen wieder in die Höhe, zu einem nicht unerheblichen Teil importiert durch Reiserückkehrer, die oft genug nicht nur Urlaub vom Alltag gemacht haben, sondern auch von allen Corona-Schutzmaßnahmen. Spät hat die Politik reagiert und allen Reiserückkehrern angeboten, sich auf Staatskosten testen zu lassen. Getestet wird mit dem Goldstandard unserer derzeitigen Testmöglichkeiten, dem PCR-Test, der zudem auch noch die teuerste Option ist. Geld scheint aber bei dieser Entscheidung keine Rolle gespielt zu haben. Massenweise wurde und wird noch an Flughäfen, Bahn­höfen und Autobahnen abgestrichen, zum Teil so unkoordiniert, dass eine zeitnahe Benachrichtigung von positiv Getesteten nicht möglich ist.

Und es gibt noch ein weiteres Problem. Die Labore sind inzwischen fast ausgelastet, die Ergebnisübermittlung verzögert sich auch deshalb, weil sie am Rande ihrer Kapazität sind. Zudem drohen Engpässe bei den notwendigen Test-Reagenzien. Das RKI berichtete am 21. August 2020 von einem Rückstau von über 17.000 Tests und brachte bei einer sich verschärfenden Lage eine Priorisierung ins Spiel. Vor diesem Hintergrund wollen Bundesgesundheitsminister Jens Spahn und seine Länderkollegen die kostenlose Testaktion für Reiserückkehrer mit Ende der Sommerferiensaison stoppen und die Teststrategien neu ausrichten.

Hoffentlich werden dabei Vorschläge Gehör finden, wie sie der Virologe Prof. Dr. Dr. Alexander Kekulé vom Universitätsklinikum Halle in seinem MDR-Podcast vom 20. August 2020 gemacht hat.

Dabei verweist er auf kleinere Testmaschinen, die dezentral aufgestellt, Viruserbgut direkt nachweisen können. Solche Geräte könnte man, so Kekulé, zum Beispiel in Apotheken aufstellen. „Wir haben in Deutschland an jeder Ecke eine Apotheke. Und wenn da solche Maschinen stehen würden, dann könnte man da hingehen und sich testen lassen.“

Foto: DAZ/Alex Schelbert

Dr. Doris Uhl, Chefredakteurin der DAZ

Aber er macht noch einen weiteren Vorschlag, mit dem das Screening auf SARS-CoV-2-Infektionen wesentlich effektiver, preiswerter und schneller durchgeführt werden könnte: mit Antigen-Schnelltests, also Tests, die Virusproteine direkt nachweisen. Solche Antigen-Tests stehen in anderen Ländern schon als Selbsttests zur Ver­fügung. Sie funktionieren wie ein Schwangerschaftstest, sind entsprechend einfach durchzuführen und liefern innerhalb von 20 Minuten Ergebnisse. Auch gibt es kleine Geräte, bei denen der Antigen-Antikörpernachweis auf Fluoreszenzbasis ebenfalls unter einer Stunde durchzuführen ist. Auch diese Tests könnten in jeder Apotheke verkauft und gegebenenfalls durchgeführt werden. Der Zugang wäre niederschwellig, das flächendeckende Versorgungsnetz der Apotheken einfach ideal für diesen wichtigen Beitrag zur Pandemiebekämpfung.

Doch für die Apotheken ist der Verkauf solcher Tests und Testsysteme derzeit sogar unter Androhung eines saftigen Bußgeldes verboten. Warum eigentlich? Schwangerschaftstests dürfen doch auch verkauft werden. Warum wehren wir uns, warum wehrt sich unsere Standesvertretung nicht vehement gegen dieses aberwitzige Verbot? Wer verhindert eigentlich, dass unser doch so tatkräftiger Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hier nicht ein Machtwort spricht und das Versorgungsnetz der Apotheken in diese für uns alle essenzielle Vorsorgemaßnahme einbindet?

Sicher, den Laborärzten und Herstellern, die gerade ein Milliardengeschäft machen, dürfte das gar nicht gefallen. Wurden doch gut und gerne zu Beginn der Pandemie für einen solchen Test schon einmal über 200 Euro kassiert. Jetzt sind es immer noch Beträge in Größenordnungen um die 40 bis 60 Euro.

Und so werden diese Schnelltests einfach schlecht geredet. Ein PCR-Test, so denn richtig abgestrichen wurde, liefert zu über 99% sicher positive Testergebnisse. Antigen-Schnelltests können da zwar nicht mithalten. Aber nicht nur Kekulé ist überzeugt: Für ein erstes Screening reicht es vollkommen aus, wenn das positive Ergebnis nur mit 80%-iger Sicherheit stimmt. Dann kann mit dem teureren PCR-Test nachgetestet werden. So ließen sich Kosten und Ressourcen sparen.

Es ist also zwingend geboten, den Weg frei zu machen für ein niedrigschwelliges Testangebot. Wer hier auf die Apotheken vor Ort verzichtet, vergibt eine große Chance. |

 

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