Die Seite 3

Das Glück des Präsidenten

Foto: DAZ/Alex Schelbert

Dr. Doris Uhl, Chefredakteurin der DAZ

Nun hat SARS-CoV-2 auch auf höchster Regierungsebene in den USA zugeschlagen. Im Mittelpunkt: Präsident ­Donald Trump. Zunächst begab sich der 74-Jährige in Quarantäne, wurde dann medienwirksam in ein Militärkrankenhaus eingeliefert und ebenso medienwirksam nach nur drei Tagen wieder entlassen. Seine Botschaft: „Habt keine Angst vor dem Virus, wir haben die besten Ärzte und wir haben die beste Medizin!“ Anlass genug, doch einmal „die beste Medizin“ des Präsidenten ­unter die Lupe zu nehmen.

Da werden zum einen mit Remdesivir und Famotidin zwei antiviral wirkende Substanzen genannt, begleitet von Vitamin D, Zink, Melatonin und Aspirin. Zudem soll der Präsident mit REGN-COV2 eine noch nicht zugelassene Antikörpertherapie erhalten haben, die gegen das Spike-Protein von SARS-CoV-2 gerichtet ist. Und schließlich kam auch noch Dexamethason zum Einsatz.

Die Analyse dieser Medikation und die Nachricht, dass Trump zumindest zeitweise mit Sauerstoff behandelt werden musste, legen nahe: Es kann dem Präsidenten nicht besonders gut gegangen sein. Remdesivir wurde auch in den USA unter besonderen Auflagen nur zur Behandlung von schweren COVID-19-Erkrankungen zugelassen. Es steht derzeit unter Beobachtung (s. S. 51). Auch Dexamethason gilt bislang nur als hilfreich, wenn die Patienten Sauerstoff benötigen, aber noch nicht auf eine künstliche Beatmung angewiesen sind. Und dann ist da noch Vitamin D, das ebenfalls bei schweren Verläufen helfen soll (s. S. 48).

Besonderes Augenmerk verdient ­jedoch die experimentelle Behandlung mit den zwei in REGN-COV2 enthaltenen monoklonalen Antikörpern. Ein spannender Ansatz. Weltweit wird nach solchen Antikörpern gesucht, die im Sinne einer passiven Immunisierung SARS-CoV-2 neutralisieren, aber auch im Falle einer Infektion den Verlauf günstig beeinflussen sollen. Vielleicht hat dieser Ansatz tatsächlich zu der „Auferstehung“ des Präsidenten ­geführt.

Doch selbst wenn dem so ist: Kaum einer, der heute schwer an COVID-19 ­erkranken wird, wird das Glück haben, damit behandelt werden zu können. Schon gar nicht in den USA, in denen viele ohne Krankenversicherung und ohne medizinischen Beistand in ihren eigenen vier Wänden an dieser heim­tückischen Virusinfektion sterben müssen. Wenn Trump jetzt suggeriert, jeder könne das Virus bezwingen, dann ist das nicht nur ein Schlag ins Gesicht aller Erkrankten, die gegen das Virus und seine Folgeerkrankungen kämpfen. Es ist vor allem eine Verhöhnung der über 210.000 Corona-Toten in seinem eigenen Land.

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