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Wirtschaft
Der moderne Weg zum langfristigen Vermögensaufbau
Teil 1: Meilensteine aus über 70 Jahren empirischer Finanzmarktforschung
Bis in die 1950er-Jahre galt die herkömmliche Meinung, dass ein neuer Anleger so lange Diversifikation benötigt, bis er die Regeln der Geldanlage gelernt hat. Der intelligente und sichere Weg, Kapital anzulegen, bedeutete, die Anlagen zu konzentrieren, Einzelaktien zu analysieren und den Fokus auf ein Portfolio aus guten Aktien mit finanzieller Gesundheit und Dividenden zu legen. Doch die Anlagestrategien haben sich längst gewandelt. An der Universität von Chicago begann man mit der erstmaligen Messung von Aktienmarktrenditen und dem Aufbau der weltweit qualitativ hochwertigsten Datenbank für Wertpapieranalysen. Dies hat zu neuen Einsichten geführt und mit einigen Vorbehalten und Vorurteilen aufgeräumt.
Wie kann ich Diversifikation nutzen?
Diversifikation beschreibt die breite Streuung in einer einzelnen Anlageklasse und über mehrere Anlageklassen hinweg durch einen Anlagemix. Bis heute gilt die Portfoliotheorie nach Harry Markowitz aus dem Jahre 1952 als Grundlage für die Konstruktion von Anlegerportfolios. Entgegen der vorherrschenden Meinung lieferte er eine mathematische Erklärung für die Risikoreduktion durch die Diversifikation auf Ebene eines Gesamtportfolios bestehend aus verschiedenen Anlageklassen.
Seine Theorie gilt als Geburtsstunde der modernen Finanzwissenschaft. Er erkannte, dass das Risiko/Rendite-Verhältnis einer breit gestreuten Vermögensanlage jeder Investition in Einzelwerte überlegen ist. Außerdem erforschte er in seiner Theorie, dass durch eine geringe Korrelation einzelner Anlagen im Portfolio eine weitere Risikoreduzierung erreicht wird.
Welche Risiken gibt es bei der Geldanlage?
Man unterscheidet zwischen zwei Arten von Risiken – dem systematischen und dem unsystematischen Risiko. Unter dem systematischen Risiko versteht man das nicht zu eliminierende allgemeine Marktrisiko an der Börse (z. B. Kursschwankungen aufgrund von konjunkturellen oder politischen Änderungen). Das unsystematische Risiko spiegelt spezifische Risiken wider (z. B. Kursschwankungen aufgrund von Managementfehlentscheidungen oder falscher Produktpolitik).
Im Jahre 1964 hat der Finanzmarktforscher William Sharpe mit seinem „Capital Asset Pricing Model“ (CAPM) herausgefunden, dass unsystematische Risiken durch ein breit diversifiziertes Portfolio eliminiert werden können. Seine Theorie baut auf der Portfoliotheorie nach Markowitz auf und setzt Rendite und Risiko in Relation. Die Risikokennzahl Sharpe-Ratio, die den Zusammenhang vergangener Rendite und vergangener Volatilität misst, hat sich seitdem in der Finanzwelt etabliert.
Des Weiteren beschreibt seine Theorie, dass sich ein optimales Portfolio aus dem wertgewichteten Gesamtuniversum (Weltportfolio nach Methode der Marktkapitalisierung) zusammensetzt. Sharpe und Markowitz wurden für ihre richtungsweisenden Beiträge zur Finanzmarktforschung im Jahre 1990 mit dem Wirtschaftsnobelpreis ausgezeichnet.
Besser aktive Fonds oder passive ETFs?
Im Jahre 1966 hat Eugene Fama mit seiner Markteffizienztheorie gezeigt, dass Kursbewegungen bei Aktien nicht vorhersehbar sind, auf unvorhergesehenen Ereignissen beruhen und neue Marktinformationen augenblicklich in Börsenkurse einfließen – der Markt ist somit effizient, weil allen Investoren dieselben Informationen zur Verfügung stehen und diese zur Marktpreisbildung beitragen.
Fama belegt damit, dass ein professioneller Investor (z. B. Fondsmanager) mit einem aktiv gemanagten Fonds langfristig bestenfalls durch Zufall eine bessere Performance erzielen kann als der Markt. Diese Erkenntnis wird regelmäßig von Ratingagenturen wie Morningstar oder Standard & Poor’s untersucht und bestätigt. Daher seien Anleger mit passiven Portfolios (z. B. ETFs), die nur die Kursentwicklung nachbilden, aufgrund ihrer sehr geringen Kostenstruktur besser beraten.
Zusammen mit seinem Kollegen Kenneth French hat Eugene Fama im Jahre 1992 ebenfalls das Dreifaktorenmodell entwickelt, welches den heutigen akademischen Standard bildet. Dieses Modell hat das Capital Asset Pricing Modell von William Sharpe (Aktien haben eine höhere Renditeerwartung als Staatsanleihen) um zwei Faktoren erweitert:
1. Kleinere Unternehmen haben eine höhere Renditeerwartung als größere Unternehmen und
2. „Value Aktien“ (günstiger bewertete Aktien) bieten höhere Renditeerwartungen als „Growth Aktien“ (höher bewertete Aktien).
Für seine Beiträge zur Untersuchung der Finanzmärkte wurde Eugene Fama im Jahre 2013 mit dem Wirtschaftsnobelpreis ausgezeichnet.
Wann ist der richtige Zeitpunkt zu starten?
Eine alte Börsenweisheit besagt, der beste Zeitpunkt zum Investieren war gestern. Ist dies nicht möglich, ist der zweitbeste Zeitpunkt heute. Historisch betrachtet lag die Chance, mit dem MSCI World Index über einen 15-jährigen Zeitraum keinen Verlust zu machen, bei 100 Prozent. Jede 15-jährige Durchschnittsrendite p. a. lag seit 1970 im positiven Bereich zwischen 2,9 und 13,9 Prozent.
Wer sich für eine Geldanlage in ETFs entscheidet, sollte drei wichtige Aspekte beachten:
1. Replikationsmethode: Achten Sie darauf, dass Ihre ETFs physisch replizierend sind, denn somit sind die Anlagewerte auch physisch im ETF vorhanden und der Unterschied zum Referenzindex (Tracking Error) ist möglichst gering. Bei einem synthetischen ETF wird die Indexabbildung durch Derivate dargestellt und es wird ein weiterer Händler (z. B. Investment Bank als Swap-Partner) zwischengeschaltet, der die Tauschgeschäfte absichert. Der Tracking Error dieser synthetischen ETFs ist häufig viel höher und durch das Tauschgeschäft kann ein Kontrahentenrisiko (Ausfall des Swap-Partners) entstehen.
2. Anlagevolumen: Eine Mindestgröße von 50 bis 100 Mio. Euro Anlagevolumen schützt Sie vor der Schließung oder Zusammenlegung eines unrentablen ETFs.
3. Ausschüttungsmethode: Wenn Sie einen langfristigen Vermögensaufbau anstreben, bieten sich thesaurierende ETFs an, die aufgrund der direkten Wiederanlage von Dividendenausschüttungen einen erhöhten Zinseszinseffekt bieten. Möchten Sie sich ein passives Einkommen aufbauen, kann die Nutzung von ausschüttenden ETFs sinnvoll sein. |
Disclaimer:
Die Beispiele dienen nur der Illustration und stellen keine Anlageempfehlungen dar. Fundierte Anlageempfehlungen können erst nach entsprechender Beratung und zugehöriger Beratungsdokumentation erfolgen.
Der zweite Teil dieses Beitrags, der sich ausführlich mit der Anlageform der ETFs befasst, erscheint in einer der nächsten Ausgaben der AZ.
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