Gesundheitspolitik

Kommentar: Keine Einbahnstraße

Christine Ahlheim

Die ergänzte SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung erlegt Arbeitgebern neue Pflichten auf: So dürfen Arbeitnehmer während der Arbeitszeit zur Impfung gehen. Aber auch Erleichterungen für die Arbeitgeber gibt es: Bei den Maßnahmen des betrieb­lichen Infektionsschutzes kann ein ihnen bekannter Impf- oder Genesungsstatus der Beschäftigten berücksichtigt werden. Doch dazu muss der Arbeitgeber erst einmal wissen, ob die Arbeitnehmer geimpft oder genesen sind. Bislang waren diese mit wenigen Ausnahmen nicht dazu verpflichtet, dies offenzulegen.

Auch der nun gefundene Kompromiss beschränkt die Auskunftspflicht auf bestimmte Einrichtungen und Unternehmen (s. Seite 1 und Seite 2). Die Arbeitgeberseite und Gesundheitsminister Spahn, die eine generelle Offenlegungspflicht forderten, konnten sich nicht gegen Arbeits­minister Heil sowie den DGB und Verdi durchsetzen.

Angesichts der vielfältigen Grundrechtseinschränkungen aufgrund der Corona-Krise ist es erstaunlich, dass diese Diskus­sion überhaupt geführt wurde. Arbeitsschutz ist keine Einbahnstraße. Wenn in Pandemiezeiten von den Arbeitgebern viel verlangt wird, müssen sie darin unterstützt werden, die Auflagen bestmöglich zu erfüllen. Dabei hilft es zu wissen, welche Mit­arbeiter geimpft bzw. genesen sind. Der Chef der Industrie­gewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie Michael Vassiliadis hat dies im Gegensatz zu seinen Gewerkschaftskollegen erkannt: Es sei schwer zu erklären, warum bei jedem Kurzbesuch im Café der Impfnachweis nötig sei, aber nicht am Arbeitsplatz. Denn mehr Transparenz über den Impfstatus im Kollegium diene auch der Sicherheit der Beschäftigten. Dem ist nichts hinzuzufügen.

Dr. Christine Ahlheim, Chefredakteurin der AZ

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