Die Seite 3

Nicht ohne Apotheker

Dr. Thomas Müller-Bohn, DAZ-Redakteur

Praktisch alle Hoffnungen zur Bekämpfung des Coronavirus bauen auf den Erfolg der Impfungen. Dabei sind noch viele Fragen offen – und gerade darum gilt es, alle absehbaren Hindernisse für die Wirksamkeit auszuräumen. Deshalb müssen die gebrauchsfertigen Impfdosen mit der größtmöglichen Sorgfalt hergestellt werden. Diese Abläufe zu organisieren und mögliche Fehlerquellen zu suchen, ist eine ur-pharmazeutische Aufgabe. Wer den Blick dafür nicht gelernt hat, wird manchen Schritt als trivial betrachten – und dabei falsch liegen. Während mancherorts alles akribisch geplant wurde, musste bei den ersten Impfungen offenbar anderenorts einiges spontan erledigt werden. Es bleibt zu hoffen, dass die zeitkritische Handhabung überall eingeplant wird und das Hilfspersonal den Impfstoff nicht irgendwo aus alter Gewohnheit schüttelt. Wenn die Chargendokumentation keine Informationen über die Rekonstitution bietet, würden sich solche Fehler nie zurückverfolgen lassen. Darum sollten Apotheker unbedingt die pharmazeutisch relevanten Prozesse in jedem Impfzentrum gestalten und die Herstellung überwachen. Auch die Herstellung durch das pharmazeutische Personal selbst muss in Apotheken und anderswo nicht zu Personalmangel führen, wie die vielen freiwilligen Meldungen in einigen Bundesländern zeigen. Außerdem würden viele Pharmaziestudierende gerne helfen. So sollte es gelingen, diese anspruchsvolle pharmazeutische Aufgabe mit Pharmazeuten zu meistern.

Formal ist die Vorbereitung eines Arzneimittels zur Anwendung eine ärztliche Tätigkeit. Darum führt es mancherorts wohl zu ärztlichen Befindlichkeiten, wenn sich Apotheker einbringen möchten. Doch dabei ist zu bedenken, dass diese Detailbestimmung mit Blick auf die Anwendung auf Stationen und in Praxen eine Ausnahme von der Grundregel ist, nach der Arzneimittelherstellung eine pharmazeutische Aufgabe ist. Daraus muss kein rechtliches Problem konstruiert werden. Einige Bundesländer zeigen sehr deutlich, wie sich die Verantwortungsbereiche überzeugend trennen lassen. NRW, Berlin und Rheinland-Pfalz setzen konsequent auf pharmazeutische Kompetenz. Der Föderalismus erweist sich wieder einmal als erfolgreicher Ideenwettbewerb. Die anderen Bundesländer sollten diesen Vorbildern folgen und vorschreiben, pharmazeutische Kompetenz zu nutzen. Denn es darf nicht vom individuellen Vorgehen in den einzelnen Impfzentren abhängen, ob die Impflinge wirksamen Impfstoff erhalten. Die Folgen würden uns alle treffen. Darum ist hier ausnahmsweise mehr Staat gefragt. Es erscheint absurd, wenn einige Bundesländer ausgerechnet bei der großen staatlichen Aufgabe der Impfung auf die Eigenverantwortung der Impfzentren-Betreiber setzen, während den Bürgern bei der Organisation ihrer privaten Kontakte keine Eigenverantwortung mehr bleibt und ihre Grundrechte durch detaillierteste Regeln massiv beschränkt werden.

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