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Management

Heute schon an alles gedacht?

Mental Load – die unsichtbare Last im (Apotheken-)Alltag

Mental Load bezeichnet die Belastung, die durch das Organi­sieren von Alltagsaufgaben entsteht. Alles das, was „nicht der Rede wert“ ist, bleibt nicht nur im privaten, sondern auch im Apothekenalltag häufig unsichtbar. Erst wenn diese Aufgaben nicht erledigt werden, gerät der Arbeitsablauf ins Stocken. Sind Unmut und Beschwerden die Folge und bleibt die Wertschätzung für diese planerische und organisatorische Leistung aus, bringt dieses Ungleichgewicht schnell die Stimmung ins Wanken. Der richtige Moment, um Unsicht­bares sichtbar zu machen.

Abends die Apotheke mit der Gewissheit zu verlassen, an wirklich alles gedacht zu haben, kommt an einigen Tagen einer echten Meisterleistung gleich. Wie schnell fällt bei den Kundengesprächen im Drei-Minuten-Takt, Heimbelieferungen, Anforderungen von Arztpraxen und Lieferengpässen doch etwas hintenüber. Die mentale Belastung bei Mental Load wird durch die Menge an Aufgaben und den damit zusammenhängenden Zeitdruck erzeugt. Zusätzlicher Stress entsteht, wenn wir uns dafür verantwortlich fühlen, dass alles läuft. Abweichungen von dem gewünschten Ist-Zustand, wie z. B. der leere Zeitungsständer, Spinnweben an der Tür des Haupteingangs und herrenlose Rezepte, werden proaktiv angegangen.

Belastung wird unterschiedlich empfunden

Wie stark die Belastung durch die anfallenden Aufgaben empfunden wird, ist von Person zu Person unterschiedlich. Gründe dafür können vorgelebte Rollen, die ausgesprochenen und unausgesprochenen Erwartungen von Kollegen und Führungskräften sowie der eigene Perfektionismus sein. Die Reaktion der Menschen im Umfeld kann die Situation verstärken nach dem Motto: „Der Organisator hat immer alles im Griff, dann brauche ich mich nicht kümmern.“ Dieses Vertrauen in die Fähig­keiten lässt die Aufmerksamkeit schwinden, ob Unterstützung nötig ist. Zudem gilt: Wer vom „Organisator“ das Gefühl bekommt, alles falsch zu machen, hält sich lieber zurück.

Arbeitsabläufe verschlanken und delegieren

In einem Team, in dem die meisten an die Tätigkeit als Projektmanager im Alltag gewöhnt sind, verteilen sich die Aufgaben auf viele Schultern. Außenstehende bekommen den Eindruck, eine „eingespielte Mannschaft“ vor sich zu haben. Wechseln jedoch größere Teile des Teams, z. B. in der Urlaubszeit, ist es sinnvoll, die Springer an den alltäglichen Aufgaben zu beteiligen. Denn diese würden vielleicht gerne für zusätzliche Entlastung sorgen, können es aber nicht, weil sie Anweisungen brauchen. Der Tipp ans Stammteam: Nicht alles selbst machen, sondern die Auf­gaben direkt sinnvoll verteilen.

Eine ähnliche Strategie gilt für Auszubildende. Anstatt jeden Tag nacheinander aufzuführen, was sie tun sollen, können sie mit regelmäßig wiederkehrenden Aufgaben betraut werden. Der Auszubildende wird in die Routinen eingebunden und das Denken an die Aufgabe ist passé.

Schnittstelle Arbeit und Privatleben

Wer morgens schon mit einem Haufen privater Mental Load bei der Arbeit erscheint, wird es schwerer haben, locker durch den Tag zu kommen. Die Matschhosen der Kinder schwirren mit den ausstehenden Telefonaten und der Füllung des Apothekenpostfachs abwechselnd durchs Bewusstsein.

Für den privaten Bereich wird empfohlen, sich von verstaubten Vorstellungen, wie es zu Hause auszusehen hat, zu trennen. Eine wunderbare Vorstellung, die in der Umsetzung ihre Tücken hat. Zuerst muss mit den Mythen aufgeräumt werden. Das bisschen Haushalt macht sich nicht von allein, es ist keine Frage des Willens oder des Fleißes. Es ist einfach viel und es ist notwendig zu sortieren, was genau uns selbst wichtig ist und welche Vorstellungen wir vererbt bekommen haben.

Ganz konkret:

  • Was lässt sich von der To-do-Liste streichen oder wo lassen sich die Zeitabstände ausdehnen?
  • Welche Erwartungen an Erziehung, Kleidung, Sauberkeit, Ordnung, Aufgabenteilung und anderes sind altmodisch?
  • Wo kann der Partner Aufgabenfelder übernehmen?
  • Welche Prozesse lassen sich optimieren, delegieren oder outsourcen?

Die Beantwortung der letzten Frage bietet konkrete Hinweise, Prozesse zu vereinfachen. Die Ideen können vielseitig sein: Gartenhelfer engagieren, Essen liefern lassen, Fahrgemeinschaften bilden, Daueraufträge einrichten, Hausbesuche vom Friseur, Oma bitten, mit den Kindern die Winterjacken zu kaufen, oder einen Staubsauger-Roboter anschaffen.

Lassen Sie es einfach mal laufen!

Kinder werden mit der Zeit immer selbstständiger und können für sich selbst sorgen. Trotzdem bleiben wir in alten Mustern gefangen und waschen, kochen, putzen, was das Zeug hält. Genau wie in der Apotheke lassen sich regelmäßig wiederkehrende Aufgaben einfach in der Familie und mit dem Partner teilen. Häufig wird bemängelt, dass der Partner zu Hause immer nur auf unsere Bitte hin unterstützt und nicht proaktiv. Die Routinen helfen, es nicht jedes Mal neu sagen zu müssen. Legen Sie ein wenig den vorauseilenden Gehorsam ab und lassen Sie es einfach mal laufen. In den meisten Fällen passiert nichts Schlimmes, nur die Eigenverantwortung wächst. Dass jeder mal jede Auf­gabe übernimmt, wäre nur fair, allerdings gilt hier wie im Job: Kann jeder seine Stärken einbringen, ist die Arbeit schneller getan.

Wenn Sie bei den Kindern den Blick für die anliegenden Auf­gaben schärfen möchten, dann legen Sie diese nicht konkret fest, sondern einen Punkteplan an. Im pädagogischen Bereich ist das ein gängiges Modell. Für jede Hilfe im Haushalt darf sich das Kind einen Punkt geben. Nach einer festgelegten Menge an gesammelten Punkten winkt eine kleine Belohnung.

Den Kopf frei bekommen

Die To-do-Liste ist ein Klassiker im Bereich Organisation und Zeitmanagement – und das zu Recht. Unerledigte Aufgaben schwirren immer wieder durch unseren Kopf und machen Stress. Die Angst, etwas zu vergessen, ist enorm anstrengend. Auf einer To-do-Liste können alle Gedanken platziert werden. Der Kopf wird frei, die Belastung sinkt und im passenden Moment fungiert die Liste als ein Erinnere-mich. Zusätzlich wird sichtbar, was man an einem Tag geschafft hat. Diese Visualisierung kann bei den Absprachen mit dem Partner hilfreich sein und zur Reflexion dienen, ob das wirklich alles nötig war oder sich in Zukunft etwas streichen lässt.

Wer Sorge hat, diese Liste zu verlegen, nutzt das Smartphone oder kauft sich ein Notizbuch. Die haben es schwieriger, sich zwischen Einkaufszetteln, Bons und der Post zu verstecken.

Wenn Sie zunehmend das Gefühl haben, sich im Apothekenalltag um 1000 Kleinigkeiten kümmern zu müssen, dann sprechen Sie es bei der Führungskraft an. Wie schon erwähnt, sind die Tätigkeiten, die zu Mental Load führen, extrem schlecht zu entdecken. Alles, was die Apotheke anbieten kann, um Arbeiten in Ruhe, am Stück und flexibel zu erledigen, sollte genutzt werden. Dazu gehören abgestimmte Arbeitszeitmodelle, die je nach Lebenssituation angepasst werden können, sowie Homeoffice, Bürozeiten und mehr.

Mental Load bei Führungskräften

Führungskräfte, die stark ins operative Geschäft eingebunden sind, aber gleichzeitig visionäre und strategische Arbeit für das Unternehmen leisten, haben meist mehrere To-do-Listen und den Kopf zum Zerbersten voll. Die genannten Ansätze lassen sich hervorragend übertragen.

1) Verstricken Sie sich nicht im Micromanagement. Delegieren Sie Aufgaben. Legen Sie Kom­petenzbereiche für Mitarbeiter fest, in denen diese frei entscheiden können.

2) Wenn Mitarbeiter Arbeit an Sie zurückdelegieren wollen, versuchen Sie herauszufinden, woran es hapert, und helfen Sie dabei, eine Lösung zu finden. Befähigen Sie den Mitarbeiter zur Durchführung der Aufgabe – für jetzt und für später.

3) Falls etwas nicht so läuft, wie Sie es sich wünschen, machen Sie es nicht selbst, sondern kommunizieren Sie klar Ihre Erwartungen.

4) Und wenn es nicht perfekt ist, stellen Sie sich die Frage, ob an diesem Punkt 120 Prozent nötig sind.

Zum Schluss

Viel Spaß beim Entrümpeln des mentalen Speichers. Nehmen Sie sich frei und schmieren Sie mal nicht das Schulbrot und räumen Sie auch nicht die Spülmaschine aus, da findet sich wer anders. |

Anja Keck ist Fachapothekerin für Allgemeinpharmazie, 
Master-Coach (DGfC) und Systemische Beraterin. 
Mehr unter www.anjakeck.de

 

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