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Der Deal

Foto: DAZ/Alex Schelbert

Dr. Doris Uhl, Chefredakteurin der DAZ

Es tut sich was in Sachen Novellierung der Approbationsordnung. Ende letzter Woche wurde an die Vertreter der Landesapothekerkammern und -verbände ein entsprechendes Positionspapier verschickt, erarbeitet von einem von der Bundesapothekerkammer (BAK) einberufenen Runden Tisch, bestehend unter anderem aus Vertretern von Studierenden, Klinikapothekern und Hochschullehrern. Am 10. Mai 2022 soll es durch die Mitgliederversammlung der BAK verabschiedet werden (s. S. 9).

Vorangegangen ist eine über zehn Jahre dauernde Diskussion darüber, wie ein Studium der Pharmazie aussehen muss, das die Absolventen auf die Herausforderungen in Offizin und Klinik am besten vorbereitet. Immerhin wurde von der ABDA mit dem „Perspektivpapier Apotheke 2030“ im Jahr 2014 die Hinwendung zur patientenorientierten Pharmazie als wichtigste zukunftssichernde Maßnahme festgeschrieben. Zwar wurde schon damals eine Novellierung der Approbationsordnung gefordert, die dem ­gestiegenen Ausbildungsbedarf in Klinischer Pharmazie, aber auch der Pharmakologie Rechnung tragen sollte. Doch die Bundesapothekerkammer (BAK) steckte erst einmal viel Zeit und Geld in die Erarbeitung eines „Kompetenz-orientierten Lernzielkatalogs Pharmazie“ (KLP-P), in der Hoffnung, dass die Hochschullehrer ­diesen dann mit Freude und Freiwilligkeit im Sinne der patientenorientierten Pharmazie umsetzen würden. Die Begeisterung hielt sich, wie zu erwarten, gerade bei den Hochschullehrern der Pharmazeutischen Chemie in Grenzen. Der Novellierungsdruck wuchs. Der Bundesverband Deutscher Krankenhausapotheker (ADKA), ebenfalls beim Runden Tisch vertreten, hielt 2018 in einem entsprechenden Positionspapier eine paritätische Teilhabe der fünf Kernfächer Chemie, Biologie, Technologie, Pharmakologie und Klinische Pharmazie an der universitären Ausbildung für geboten. Es folgte ein Antrag beim Deutschen Apothekertag 2019 unter Federführung des damaligen ADKA-Präsidenten Prof. Dr. Frank Dörje. Kernforderung: Das Bundes­ministerium für Gesundheit sollte mit der Einrichtung einer Arbeitsgruppe „Apothekerausbildung“ beauftragt werden. Dieser Antrag wurde zwar ohne Diskussion in den Ausschuss verwiesen, doch im Anschluss initiierte die BAK den Runden Tisch, der sich nun tatsächlich auf ein gemeinsames Positionspapier geeinigt hat.

Auf den ersten Blick scheint es gelungen, die pharmazeutischen Chemiker einzubinden. Der Anteil ihres Fachs am Gesamtpaket soll um gute 10% auf 34,4% schrumpfen. Klinische Pharmazie und Pharmakologie kommen zwar nicht auf die von der ADKA geforderte Summe von 40%, aber immerhin auf jeweils 14,5%. Allerdings soll die Pharmazeutische Chemie nicht wirklich Federn lassen. In Summe soll sie nur 70 von ursprünglich 1414 Stunden einbüßen. Der Deal ist ein um zwei Semester längeres Studium, mit denen die zukunftsweisenden Fächer Klinische Pharmazie und Pharmakologie aufgestockt werden sollen. Auf die breite Ausbildung in Chemie soll nicht verzichtet werden, der Weg in die pharmazeutische Industrie bleibt für die Absolventen weiter offen. Die ­bislang deutlich lukrativeren Jobangebote der Industrie würden bei einer Novellierung der Approbationsordnung auf Basis dieses Positionspapiers also weiterhin in ernsthafter Konkurrenz zu denen in der öffentlichen Apotheke stehen, solange hier keine höheren Gehälter ­gezahlt werden können. Ob zudem die längere Ausbildung für den umworbenen Nachwuchs attraktiver sein wird als das derzeitige kürzere Studium, sei dahingestellt. Ebenso, ob die Politik und letztlich die Länder bereit sein werden, für diesen Deal zusätzlich Geld in die Hand zu nehmen.

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