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Neuer Wirkstoff
Dapoxetin zur Behandlung der Ejaculatio praecox
Der selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer Dapoxetin (Priligy®) wurde im Juni als erstes Arzneimittel für die Behandlung der Ejaculatio praecox eingeführt.
Die Ejakulation wird über das spinale Reflexzentrum zurück im Stammhirn, und zwar hauptsächlich über das sympathische Nervensystem vermittelt. Dabei erregen postganglionäre sympathische Fasern die Samenbläschen, den Samenleiter, die Prostata, die bulbourethrale Muskulatur und den Blasenhals und bringen diese koordiniert zur Kontraktion, wodurch eine Ejakulation ausgelöst wird.
An diesen Vorgängen sind Neurotransmitter wie Serotonin (5-Hydroxytryptamin = 5-HT) und Dopamin beteiligt. Die Aktivierung von 5-HT1b- und 5-HT2c-Rezeptoren verzögert die Ejakulationsvorgang, jene von 5-HT1a fördert sie.
Dapoxetin erhöht wie alle Serotonin-Wiederaufnahmehemmer die Wirkung dieses Neurotransmitters auf seine prä- und postsynaptischen Rezeptoren. Bei Ratten moduliert Dapoxetin den ejakulatorischen Reflex und führt zu einer erhöhten Latenzzeit und einer verringerten Dauer der reflektorischen Entladungen der pudendalen Motoneuronen.
Als Antidepressiva eingesetzte selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer wirken antidepressiv erst nach ein bis zwei Wochen. Dapoxetin eignet sich dagegen bei seiner Indikation für die Anwendung bei Bedarf. Seine Wirkung tritt schnell ein, Plasmaspitzenkonzentrationen werden innerhalb von einer Stunde nach Einnahme der Tablette erreicht, und die Wirkung hält nicht lange an. Die Halbwertszeit beträgt 90 Minuten. Deshalb kann die Substanz ein bis drei Stunden vor dem Geschlechtsverkehr eingenommen werden.
In Studien mit mehr als 6000 Männern verlängerte Dapoxetin die Zeit, die vom Eindringen des Penis in die Vagina bis zum Samenerguss verstrich, um durchschnittlich ein bis zwei Minuten. Außerdem verbesserte Dapoxetin bei den Patienten die Empfindung, die Ejakulation zu kontrollieren, und die Zufriedenheit im Sexualverkehr.
Die unerwünschten Wirkungen ergeben sich aus dem Wirkungsmechanismus, nämlich aus einer erhöhten Aktivität des Neurotransmitters Serotonin. In den klinischen Studien waren die häufigsten Nebenwirkungen Übelkeit (20%), Durchfall (7%) sowie Kopfschmerzen und Schwindelanfälle (6%). Eine häufige (1 bis 10%) Nebenwirkung ist eine erektile Dysfunktion, die wahrscheinlich jedoch eher bei einem Dauergebrauch zu befürchten ist, denn Sinn der Medikation jedochr natürlich komplett in Frage stellt. Unangenehm bis gefährlich sind orthostatische Reaktionen und Synkopen, ein Bewusstseinverlust, der in den klinischen Studien dosisabhängig bei bis zu 0,6% aller Anwender innerhalb von drei Stunden nach der Einnahme auftrat und sich nicht immer vorher ankündigte. Das kann zu plötzlichen Ohnmachten führen, die je nach Situation für den Anwender und andere Menschen lebensgefährlich sein können. Bei Patienten mit kardiovaskulären Vorerkrankungen drohen sogar Folgeschäden. Männer, die gefäßerweiternde Arzneimittel einnehmen, zu denen auch PDE5-Hemmer gehören, sollten Dapoxetin nur mit Vorsicht anwenden.
Durch diese unerwünschten Wirkungen besonders gefährdet sind Männer, die Dapoxetin verlangsamt abbauen. Dazu gehören Langsammetabolisierer, Männer mit Leberschäden und Männer, die andere Arzneimittel mit hemmender Wirkung auf das Cytochrom-P450-System anwenden. Auch sollten psychisch kranke Männer Dapoxetin nicht erhalten. Dapoxetin darf nicht zusammen mit Alkohol oder anderen Stoffen, die auf das zentrale Nervensystem wirken, eingenommen werden.
Angesichts der Vielzahl von möglichen Wechsel- und Nebenwirkungen sollte der Einsatz des stark wirksamen Arzneimittels im Vergleich zu anderen Methoden, wie Verhaltens- oder Paartherapie oder ein gezieltes Beckenbodentraining sorgfältig abgewogen werden. Außerdem steht zu befürchten, dass jetzt über das Internet zahlreiche gefälschte Präparate auf den Markt gelangen, die im besten Fall teuer und unwirksam, im schlimmsten Fall jedoch lebensgefährlich sind.
Konstanz - 26.06.2009, 11:15 Uhr