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Angst vor Arbeitsplatzverlust?
Krankenstand weiter gesunken
Die deutschen Arbeitnehmer sind seltener krankgeschrieben als je zuvor. Zum Wochenstart meldete das Bundesministerium für Gesundheit für die erste Jahreshälfte einen Krankenstand von 3,24 Prozent bei den gesetzlich Versicherten.
"Angst geht arbeiten" titelt die Berliner Tageszeitung und bringt die Meinung vieler Experten zum niedrigen Krankenstand auf den Punkt. Dabei handelt es sich keineswegs um einen plötzlichen Einbruch der Krankmeldungen, vielmehr sind die Zahlen sind seit Jahren rückläufig. Betrug der Krankenstand in den ersten Jahren der Erfassung noch über fünf Prozent, sank er besonders in den letzten Jahren kontinuierlich ab. Nach 3,37 Prozent im vergangenen Jahr hat er nun mit nur noch 3,24 Prozent ein neues Rekordtief erreicht. Frauen sind dabei mit 3,44 Prozent etwas häufiger krankgemeldet als Männer mit 3,06. Experten sehen in der steigenden Angst um den Arbeitsplatz als eine der Hauptursachen dieser Entwicklung: "Der psychische Druck auf die Arbeitnehmer, ihre Stelle zu behalten, ist seit Jahren gestiegen", so David Gronenberg vom Institut für Arbeitsmedizin der Berliner Charité gegenüber der taz. Und er ist überzeugt davon, dass die Auswirkungen der Wirtschaftskrise, die sich in den aktuellen Zahlen noch nicht widerspiegele, die Zahlen noch einmal drücken wird.
Anders als der Arbeitsmediziner will sich das Gesundheitsministerium auf eine Ursachenforschung aufgrund der vorgelegten Zahlen nicht einlassen. "Bitte keinen falschen Schlüsse!" hieß es aus dem Ministerium. Der BMG gemeldete Krankenstand gebe nur an, wie viele GKV-Mitglieder mit Krankengeldanspruch zu einem bestimmten Stichtag, nämlich dem ersten eines Monats, eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorgelegt haben. Dabei spiele es keine Rolle, ob der Versicherte zu diesem Zeitpunkt noch Entgeltfortzahlung vom Arbeitgeber oder schon Krankengeld von der Krankenkasse bezog. "Ursachen-Forschung lässt sich mit diesen Zahlen nicht betreiben", so das Ministerium weiter, "Schlüsse auf eine Differenz zur Sollarbeitszeit oder auf die Zahl der Fehl-Arbeitstage pro Jahr lassen sich nicht ziehen."
Ob nun Angst um den Arbeitsplatz oder andere Gründe dazu führen, dass die Deutschen immer weniger krankgeschrieben sind, Tatsache ist, dass es fatale Folgen haben kann, sich krank zur Arbeit zu schleppen. Einer dänischen Studie zufolge haben Menschen, die trotz einer leichten Erkrankung arbeiten gehen, ein um mehr als die Hälfte erhöhtes Risiko, so schwer zu erkranken, dass sie für zwei Wochen oder länger ans Bett gefesselt sind. Das Risiko tatsächlicher Ausfälle von über zwei Monaten lag sogar um 74 Prozent höher. Die Studienautoren machen die Verschlimmerung unterdrückter und verschleppter Krankheitssymptome für diese eindrucksvollen Zahlen verantwortlich.
Berlin - 15.07.2009, 17:18 Uhr