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Gesundheitswesen aktuell 2009
Barmer will sich im Wahljahr an gesundheitspolitischer Weichenstellung beteilige
Unter dem Motto „Aus Daten Wissen gewinnen“ hat die Barmer Ersatzkasse von internen und externen Autoren Beiträge und Analysen zu wichtigen Strukturfragen sowie zur künftigen Ausrichtung des deutschen Gesundheitswesens gesammelt und veröffentlicht.
"Kommen Sie mir nicht mit Sachargumenten" - so äußerte sich laut Barmer-Chef Dr. Johannes Vöcking kürzlich ein nicht näher benannter Landesgesundheitsminister bzw. eine -ministerin in der Diskussion über die Ausrichtung des Gesundheitswesens. Doch gerade die Sachdiskussion sei es, so Vöcking, welche die Kasse auf der Grundlage ihrer Daten und deren sorgfältiger Analyse fundiert vertiefen möchte. Das Werk, das dieses Jahr zum zweiten Mal erscheint, soll nach Angaben der Kasse Interessierten einen Blick hinter die Kulissen gewähren und dabei helfen, sich vertiefend mit den spezifischen Fragestellungen des Gesundheitswesens auseinanderzusetzen. Es soll Perspektiven aufzeigen und den Dialog fördern.
Jeder zehnte gesetzlich Versicherte ist Mitglied bei der Barmer, erläuterte die stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Barmer, Birgit Fischer, in Berlin. Die Kasse verfüge so über einen umfassenden und auch für die Versicherten anderer Kassen weitgehend repräsentativen Pool an Daten, welche sie für die Versorgungsforschung nutzbar machen möchte.
Die Analyse und Interpretation des Datenschatzes soll helfen, langfristige Versorgungskonzepte aufzubauen. Dabei liegt ein klarer Schwerpunkt auf der Prävention, auch im Sinne der Sekundärprävention. Vöcking wandte sich ausdrücklich gegen die derzeit geführte Rationalisierungsdebatte. Er sei überzeugt davon, dass radikale Kürzungen, wie sie viele für nötig halten, nicht der einzige Weg sind. "Es sind noch Ressourcen im System", so der Barmer-Chef, man müsse sie besser nutzen. Als Beispiel nannte er den Drehtüreffekt bei der Suchtkrankheit. Einmal entgiftet würden die meisten Betroffenen anschließend auch aus Kostengründen nicht hinreichend weiterbetreut und damit immer wieder rückfällig. Auf die Entgiftung müsse eine kurzfristig sicher teurer zu Buche schlagende Entwöhnung nach einem gesamtheitlichen Konzept also auch unter Berücksichtigung der Komorbiditäten erfolgen. Langfristig lasse sich hier trotz kurzfristig höherer Kosten Geld einsparen.
"Es ist notwendig, Nachhaltigkeit ins Gesundheitswesen einzuführen," umreißt Vöcking die Ziele der Kasse. Dabei zeigten die Daten, dass ein besonderer Schwerpunkt auf die sozial schlechter gestellten Menschen gelegt werden müsse. Das Sparpotenzial durch umfassende Prävention und gesunde Lebensführung des Einzelnen beziffert der Jurist längerfristig gesehen auf bis zu 70 Milliarden. Dabei müsse man im frühen Lebensalter ansetzen: Die schon lange durchgeführten Kinderturntests hätten in den letzten fünf bis sechs Jahren eine drastische Verschlechterung des Gesundheitszustands des deutschen Nachwuchses um ein Viertel offenbart. Auch hier schnitten Kinder aus sozial schwächerem Umfeld deutlich schlechter ab. "Wie kann man Eltern hier motivieren? Wie kann dafür sorgen, dass das oft vorhandene Gesundheitsbewusstsein bei den Menschen auch wirklich zu gesundheitsbewussten Verhalten führt?" Das seien die zentralen Fragen, die geklärt werden müssten, um das Gesundheitssystem auf lange Sicht zu stabilisieren.
Berlin - 26.08.2009, 13:25 Uhr