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Ethik in der Medizin
Darf eine Organspende bezahlt werden?
Ob eine Organspende bezahlt werden darf, ist eine der Fragen, mit der sich eine Forschergruppe aus Bielefeld auf einer Tagung zum Thema „Neue Methoden der Medizin und ihre ethischen Implikationen“ vom 15. bis 17. Oktober beschäftigen wird.
Die Forschergruppe will sich unter anderem mit den ethischen und rechtlichen Problemen der In-vitro-Fertilisation, der Präimplantationsdiagnostik, des reproduktiven und therapeutischen Klonens, der Transplantationsmedizin (einschließlich der Xenotransplantation), der Chimären- und Hybridbildung, der Tiefenhirnstimulation, des Enhancement und der Mensch-Maschine-Schnittstellen befassen. Der Schwerpunkt soll auf die möglichen Konsequenzen für eine sinnvolle Verwendung des Menschenwürdebegriffs und die Reichweite einer argumentativen Berufung auf ein bestimmtes Menschenbild gelegt werden. Die Eröffnungstagung dient der Ausarbeitung der maßgeblichen Fragestellungen bei unterschiedlichen Techniken der neueren Medizin.
So ist es heute zum Beispiel möglich geworden, dass ein Mensch eine seiner beiden gesunden Nieren einem anderen Menschen zur Verfügung stellt, der zwei defekte Nieren hat und zum Überleben auf Dauer dringend eine Ersatzniere benötigt. Dabei scheint es nun dem Prinzip des Menschenwürdeschutzes zu widersprechen, wenn derjenige, der seine Niere abzugeben bereit ist, dafür ein "Honorar" fordert und auch bekommt. Es scheint so zu sein, dass hier der Nierenspender zumindest seine eigene Menschenwürde verletzt, wenn er zu der Spende nur bereit ist, sofern er daran etwas verdienen kann. Dementsprechend ist in Deutschland auch der Organhandel gesetzlich (durch das Transplantationsgesetz) verboten, ja sogar für strafbar erklärt. Aber auch der Empfänger der Niere scheint sich menschenwürdewidrig zu verhalten, wenn er dem Spender ein Organ abkauft und dabei möglicherweise sogar dessen finanzielle Not ausnutzt, um selbst länger leben zu können. Andererseits ergibt sich folgendes Dilemma: Angenommen der "Verkäufer" der Niere benötigt das Geld des "Käufers" dringend zum Überleben (zum Beispiel weil er in einem Land der Dritten Welt lebt, in dem er ohne eine nennenswerte finanzielle Zuwendung auf absehbare Zeit verhungern würde) - und auch der "Käufer" der Niere kann auf Dauer nicht ohne Niere weiter existieren. Dann bedeutet die konsequente Umsetzung des Organhandelsverbots für die beiden Personen den sicheren Tod. Kann es aber im Sinne eines ethisch nachvollziehbaren Prinzips des Menschenwürdeschutzes sein, dass in diesem Fall zwei Menschenleben diesem Prinzip geopfert werden? Andererseits: Wäre es nicht auch menschenwürdewidrig, den Organhandel zuzulassen und dann zu einer fortgesetzten Ausbeutung der Dritten Welt beizutragen, indem man diese nach der Kolonialisierung und Ausbeutung im Hinblick auf Rohstoffe nun auch noch hinsichtlich ihrer Organe ausbeutet? Nach unbestätigten Berichten soll in manchem Drittweltstaat der Besitz eines Fahrrades schon heute ein Indiz für die zuvor erfolgte "Spende" einer Niere sein.
Bielefeld/Konstanz - 01.10.2009, 05:01 Uhr