Biophysik

Entwicklung adulter Stammzellen im Frühstadium

Göttingen - 03.04.2010, 07:19 Uhr


Aus adulten menschlichen Stammzellen können sich verschiedene Gewebezellen entwickeln. Welcher Zelltyp sich herausbildet, hängt unter anderem mit den mechanischen Eigenschaften

Auf weichen Oberflächen entwickeln sich nach einigen Tagen Nervenzellen, auf mittelharten Muskelzellen, und auf harten Oberflächen entstehen Knochenzellen. Der Göttinger Biophysiker Dr. Florian Rehfeldt hat mittels Fluoreszensmikroskopie das frühe Stadium dieser Differenzierung untersucht. Bereits nach 24 Stunden konnte er erkennen, wie sich die Form und innere Struktur von Stammzellen aus dem Knochenmark in Richtung Muskelzellen verändern. Damit konnte er nachweisen, dass sich bereits nach sehr kurzer Zeit signifikante Unterschiede durch das komplexe mechanische Zusammenspiel zwischen Zelle und Umgebung herausbilden. Dabei untersuchten sie die Ordnung und Struktur des Zytoskeletts von Stammzellen in Abhängigkeit von der Zellumgebung. Das Zytoskelett ist das mechanische Gerüst, mit dessen Hilfe Zellen Kräfte aufbauen und an die Umgebung übertragen. Dieses Netzwerk im Inneren der Zelle besteht unter anderem aus Akto-Myosin-Stressfasern, die wie Taue kreuz und quer gespannt sind.

Die Forscher ließen Stammzellen auf unterschiedlich harten Oberflächen wachsen und analysierten mit Hilfe elektronischer Bildverarbeitung, wie sich diese Stressfasern ausrichten. Zunächst waren die Zellen alle rund. Auf einer Oberfläche mittlerer Elastizität streckten sie sich in die Länge, indem sich die Stressfasern entlang der Hauptrichtung der Zelle ausrichteten. Das ist typisch für Muskelzellen. Mit diesem Verfahren hatten die Forscher bereits 24 Stunden nach dem Auftragen der Stammzelle auf die Oberfläche starke Indizien für die Entwicklung in Richtung Muskelzelle. Biochemische Analysen können dies erst nach mehreren Tagen nachweisen.

Für die Erklärung des komplizierten Systems diente ein physikalisch theoretisches Modell, welches das komplexe System von Zelle und Umgebung mit einfachen Prinzipien der klassischen Mechanik erklärt. Obwohl dieses Rechenmodell auf einfachen mechanischen Annahmen beruht, kann es doch erstaunlich genau das komplexe Zusammenspiel von Zelle und Umgebung beschreiben. Das Modell soll nun verfeinert werden, um auch das Verhalten anderer Zelltypen erklären zu können.


Quelle: Zemel A, Rehfeldt F, et al.: Nature Physics, 21. März 2010, Online-Vorabveröffentlichung, DOI 10.1038/nphys1613.


Dr. Bettina Hellwig


Das könnte Sie auch interessieren

Wissenswertes rund um das Zytoskelett und damit verbundene Erkrankungen

Nicht nur stützend

3D-Organoid von Gebärmutterhalskrebs bietet Alternative

Tierversuch ade?