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Hirntumore
Neuer Fluoreszenzmarker macht Grenzen sichtbar
Forscher am Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie haben jetzt in Zusammenarbeit mit Medizinern der Universitätsmedizin Göttingen eine neue Fluoreszenzsonde entwickelt, die
Etwa 30 Prozent aller Hirntumoren bei Erwachsenen sind so genannte Gliome. Sie können langsam wachsend (Grad II) bis schnell wachsend bösartig (Grad III und IV) auftreten, aber für alle diese Gliome gilt: Je vollständiger der Tumor entfernt werden kann, desto höher sind die Überlebenschancen der Erkrankten.
Bei der Diagnose eines Glioms der aggressiven Tumorgrade III und IV ist die Prognose für Betroffene äußerst schlecht. Die Erkrankten überleben nach Diagnose oft nur noch wenige Monate. Aggressive Gliome können völlig neu entstehen, entwickeln sich aber auch aus weniger malignen Stadien. Solche weniger bösartigen Tumoren nachzuweisen, ist allerdings äußerst schwierig. Mit bildgebenden Verfahren wie der Computertomografie und der Magnetresonanztomografie (MRT) lassen sich zwar viele Krebsgeschwüre hoher Tumorgrade deutlich erkennen, nicht aber die genaue Ausdehnung und Wachstumsform der weniger bösartigen Formen.
Forschern am Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie in Göttingen ist es jetzt gelungen, einen Fluoreszenzmarker zu entwickeln, der sich zum Nachweis der Mehrheit der Gliome gleichermaßen gut eignet. Sie machten sich dabei zunutze, dass in vielen Gliomen epidermale Wachstumsfaktor(EGF)-Rezeptoren vermehrt auftreten. Um die Krebszellen sichtbar zu machen, koppelten die Wissenschaftler hell fluoreszierende Halbleiter-Nanopartikel (Quantum Dots) an Antikörper gegen den EGF-Rezeptor oder den Wachstumsfaktor selbst. Die Technik erlaubt höchste räumliche Auflösung: Dank des 1.000-fach stärkeren Fluoreszenzsignals im Vergleich zu normalen Zellen werden damit einzelne Krebszellen im Gewebe sichtbar. Anders als viele Fluoreszenzmarker sind Quantum Dots äußerst photostabil und bleichen dabei nicht aus.
Der Fluoreszenzmarker funktioniert auch an lebendem Biopsiematerial: Färbten die Wissenschaftler lebendes Tumorgewebe mit der neuen Fluoreszenzsonde, ließen sich unter dem Mikroskop Krebszellen niedriger wie hoher Tumorgrade als hell leuchtende Punkte deutlich erkennen. Normale Gehirnzellen nehmen die Quantum Dots dagegen kaum auf und bleiben dunkel. Gerade die Darstellung von Tumorzellen niedriger Tumorgrade war bislang mit anderen Verfahren, die Aussicht auf einen Einsatz im Operationssaal haben, kaum möglich.
Neurochirurgen sehen für den Fluoreszenzmarker einen möglichen praktischen Einsatz während der Operation hochgradig bösartiger Tumoren. Nach konventionellem Entfernen des Tumors könnte das Gewebe in der Umgebung mithilfe der Fluoreszenzsonde direkt nach Resttumorzellen abgesucht und Areale hoher Tumorzelldichte dann entfernt werden. Da sich im Gehirn verbleibende Krebszellen zu neuen, häufig noch bösartigeren Geschwüren entwickeln, ließen sich die Überlebenschancen der Erkrankten durch eine vollständigere Entfernung beträchtlich steigern. Ein neuartiges Hochgeschwindigkeits-Fluoreszenzmikroskop ermöglicht es, mit Quantum Dots markierte Moleküle an lebenden Zellen mit einer hohen räumlichen, zeitlichen und spektralen Auflösung zu untersuchen.
Quelle: Kantelhardt, S.R., et al.: PLoS ONE, 10.1371/journal.pone.0011323, 30. Juni 2010.
Göttingen - 08.07.2010, 10:34 Uhr