Gesundheitspolitik

Warum musste Sawicki gehen?

Berlin - 07.09.2010, 13:07 Uhr


Peter Sawicki war der erste Leiter des im Jahr 2004 gegründeten Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) und schied am 31. August aus dem Amt. Vier Tage später stellte die Medizinjournalistin Ursel Sieber ihr Buch „Gesunder Zweifel“ vor, in dem sie über Sawickis Tätigkeit in der von Anfang an umstrittenen Behörde berichtet und dabei insbesondere auf die öffentlich und mehr noch hinter den Kulissen geführten Auseinandersetzungen mit der Pharmaindustrie eingeht.

Der Untertitel des Buches lautet „Einsichten eines Pharmakritikers – Peter Sawicki und sein Kampf für eine unabhängige Medizin". Was wie ein Vermächtnis eines weisen Mannes klingt, ist eher als Rechtfertigung und Ehrenrettung zu verstehen. Das Buch fällt in das Genre Enthüllungsjournalismus und liest sich in großen Teilen wie ein Krimi. Das Opfer ist Sawicki, zu Fall gebracht von der Pharmalobby, die ihn bereits kurz nach seinem Amtsantritt als Feind erkannt und seither gnadenlos bekämpft hatte, was sie umso erfolgreicher tun konnte, nachdem in Berlin die schwarz-gelbe Regierung ans Ruder gekommen war.

Dabei hat Sawicki selbst sich gegen die Behauptung gewehrt, er sei ein Gegner der Pharmaindustrie. So sagte er einmal: „Wir brauchen die pharmazeutische Industrie, jemand muss ja die Medikamente entwickeln und herstellen, ich bin allerdings für eine pharmazeutische Industrie, der wir vertrauen können, die nicht Studien manipuliert, die alles publiziert, die nicht Ärzte manipuliert, dass sie Medikamente verschreiben, die teuer neu sind, obwohl es Besseres gibt, was aber vielleicht den Patentschutz schon verloren hat. Ich bin für eine pharmazeutische Industrie, die dem Patienten dient.“

War das zu viel verlangt? Ulrike Sieber meint: ja. Zudem haben ihrer Meinung nach auch die Vertreter von Krankenhausgesellschaften und Ärzteverbänden dafür gesorgt, dass Sawickis Vertrag nicht verlängert wurde, denn auch sie sahen angeblich ihre Interessen durch das IQWiG bedroht. Letztlich sei Sawicki gescheitert, weil er seine Aufgabe als Leiter des IQWiG zu ernst genommen habe.

Ihren Standpunkt zur Gesundheitspolitik vertritt Sieber auch in anderen Medien. Heute Abend um 21 Uhr strahlt das rbb Fernsehen eine Talkshow zum Thema „Teure Pillen – zocken uns die Pharmakonzerne ab?“ aus. Kontrahent von Sieber ist Norbert Gerbsch, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Pharmazeutischen Industrie.

Auch die Bundestagsabgeordneten Lars F. Lindemann (FDP) und Mechthild Rawert (SPD) diskutieren mit. Info: www.rbb-online.de/klippundklar/archiv/klipp___klar_vom_07/teure_pillen___zocken.listall.on.printView.on.html.


Dr. Wolfgang Caesar