Biomaterialien

Rekombinante Spinnenseidenproteine in der Medizin

Bayreuth - 27.09.2010, 07:34 Uhr


Gentechnisch hergestellte Spinnenseidenproteine bieten in der Biomedizin und der Pharmazie biologische Alternativen zu herkömmlichen synthetischen Kunststoffen. Mögliche Anwendungen dieser rekombinanten Proteine werden an der Universität Bayreuth untersucht.

So können unter anderem Partikel aus Spinnenseidenproteinen in der Pharmazie genutzt werden, um Wirkstoffe auf schonende und effektive Weise langanhaltend in einem Organismus freisetzen. Dabei lagern sich die Wirkstoffmoleküle an der Oberfläche eines Seidenpartikels an und diffundieren anschließend in das Innere des Partikels. Sobald die Proteinpartikel mit Körperflüssigkeiten in Kontakt kommen, werden die Wirkstoffmoleküle von der Oberfläche aus langsam und kontinuierlich wieder an die Umgebung abgegeben. Dieser Prozess kann für die Wirkstoffformulierung genutzt werden, denn biologisch abbaubare Kapseln aus Spinnenseide können gewährleisten, dass dem Blutkreislauf eine definierte Dosis eines Wirkstoffs zugeführt wird – stetig und über einen längeren Zeitraum hinweg. Die Seidenpartikel selbst werden innerhalb weniger Wochen vom Organismus zu Aminosäuren abgebaut.

Extrem dünne Filme oder Folien aus Seidenproteinen eignen sich auch als Basismaterial für biochemische Sensoren, die winzige Mengen einer organischen Substanz aufspüren können.

Seidenfilme können außerdem für die künstliche Herstellung von Zellgewebe, das Tissue engineering, eingesetzt werden. Auf den Seidenoberflächen lassen sich unterschiedliche gewebebildende Zellen ansiedeln, die sich kontinuierlich vermehren und zusammenhängende Strukturen bilden, zum Beispiel Zellgewebe, das dem natürlichen Knochenmaterial sehr ähnlich ist, oder auch Stammzellen, die sich in unterschiedliche Richtungen hin ausdifferenzieren können.

Derzeit werden Seidenfilmbeschichtungen für Brustimplantate aus Silikon entwickelt: Der Seidenfilm bildet im Körper eine Barriere zwischen dem Silikon und dem umgebenden Gewebe und verbessert die Verträglichkeit des Implantats.

Quelle: Spiess, K. et al.: Macromol. Biosci. 2010; 10 (9): 998–1007


Dr. Bettina Hellwig