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Auswirkungen des AMNOG auf Apotheken
Für viele Apotheken wird die Luft dünn
Die Steuerberatungsgesellschaft Treuhand Hannover hat eine Simulationsrechnung aufgemacht: Danach wird sich das Betriebsergebnis einer „typischen Apotheke“ vor Steuern durch die Auswirkungen des Arzneimittelmarktneuordnungsgesetzes (AMNOG) im kommenden Jahr um mehr als 16 Prozent auf rund 61.100 Euro verringern.
Apothekerinnen und Apotheker werden in der veröffentlichen Meinung vielfach pauschal als Gutverdiener dargestellt. Angesichts ihrer Nettoerlöse mag man verleitet sein, ihnen ein sehr gutes Auskommen zu unterstellen. Schaut man allerdings auf den Betrag, der ihnen vom Rohgewinn bleibt, wenn Personal- und weitere Kosten abgezogen sind, bleibt dieser für viele Apothekeninhaber durchaus überschaubar.
Dr. Frank Diener – einst der Mann für die Zahlen bei der ABDA, heute Generalbevollmächtigter bei der Treuhand – berechnet in seiner Analyse zunächst die Eckdaten für das laufende Jahr. Basis für die Hochrechnung sind die Treuhand Betriebsvergleiche – rund 3.500 Apotheken lassen sich von der spezialisierten Steuerberatungsgesellschaft beraten. Daraus ergeben sich laut Diener „belastbare Daten“. Die für seine Berechnungen zugrunde gelegte „typische Apotheke“ nennt sich so, weil sie sich in der am häufigsten vorkommenden Umsatz- und Betriebsergebnisklasse findet. Das war im ersten Halbjahr 2010 ein Vorsteuereinkommen zwischen 50.000 und 99.000 Euro – knapp 30 Prozent der Apotheken bewegten sich in diesem Bereich. 27 Prozent lagen darunter: Fast 7 Prozent schrieben Verluste und weitere 20 Prozent hatten ein Vorsteuereinkommen von weniger als 50.000 Euro. „Damit haben 27 Prozent der Apothekeninhaber ein geringeres Einkommen als ein in Vollzeit angestellter Approbierter“, betonte Diener.
Bei einer Verdoppelung der für 2010 vorliegenden Werte ergeben sich für die typische Apotheke erwartete Netto-Umsatzerlöse in Höhe von gut 1,3 Mio. Euro für das Gesamtjahr– das sind rund 38.000 Euro oder 3 Prozent mehr als im Vorjahr. Zugleich erhöht sich der Wareneinsatz um 3,3 Prozent auf 971.800 Euro. Der Rohgewinn steigt voraussichtlich um rund 2,2 Prozent. Doch auch die hiervon in Abzug zu bringenden Kosten – insbesondere die Personalkosten – steigen deutlich höher, sodass das Betriebsergebnis vor Steuern letztlich um etwa 1800 Euro (-2,3 Prozent) geringer ausfallen wird als im Vorjahr. Nach Dieners Berechnung wird es bei etwa 73.200 Euro liegen – 2009 waren es noch 75.000.
Doch wenn das AMNOG mit seiner Änderung der Großhandelsspanne so kommt, wie derzeit noch angedacht (Fixum von 0,60 Euro je Rx-Packung zzgl. 1,7%-Höchstaufschlag auf den Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers, höchstens jedoch 20,40 Euro je Rx-Packung), wird das Betriebsergebnis weiter schrumpfen. Die 400.000 Euro, die die Kassen laut Gesetzentwurf durch die Umstellung sparen sollen, setzt man bei der Treuhand höher an. Bezogen auf die Rx-Packungsverteilung des Jahres 2009 würde die Großhandelsmarge bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln um mehr als 500 Mio. Euro ohne Umsatzsteuer gekürzt. Diese Margenkürzung habe zugleich einen Umsatzsteuerrückgang von 100 Mio. Euro zur Folge, so Diener. Insgesamt käme es zu einer Bruttoentlastung für die Krankenkassen in Höhe von 623 Mio. Euro.
Geht man davon aus, dass die Großhändler ihre Ankündigung wahr machen und ihre Kürzungen in voller Höhe an die Apotheken weitergeben und zudem einige weitere Parameter ansetzt, kommt man mit der Simulationsrechnung für 2011 zu einem Ergebnis, das Diener weder dramatisieren noch schönreden will: Während die Umsätze weiter steigen, geht der Rohgewinn bereits zurück, das Betriebsergebnis aber noch viel mehr. Der Inhaber einer typischen Apotheke wird gegenüber 2010 nochmals 12.000 Euro weniger haben, nämlich rund 61.000 Euro. Dies entspräche einem Rückgang von rund 17 Prozent des Vorsteuereinkommens. Sozialabgaben sind hier noch nicht berücksichtigt. Dieners Prognose: „Viele Apotheken kommen in eine Betriebsergebnisklasse, die nicht mehr reicht, um den Inhaber mit seiner Familie zu ernähren“.
Welche Folgen dies haben wird – etwa im Hinblick auf Schließungen oder Filialisierungen – wagt Diener allerdings nicht vorauszusagen. Er räumt ein, dass es in beide Richtungen deutliche Abweichungen von dem errechneten Mittelwert geben könne. Dies ist zum Beispiel abhängig davon, ob eine Apotheke vor allem hochpreisige Rx-Arzneien abgibt, oder aber stark im OTC-Geschäft steckt. Jede Apotheke sei individuell, zu viele Einzelfaktoren beeinflussten die tatsächliche Lage. Dieners Rat lautet jedoch: Jede Apotheke sollte ihre individuelle Betoffenheit feststellen – bzw. feststellen lassen. Die Treuhand werde allen Apotheken ein entsprechendes Angebot machen – wie teuer das die Apotheke kommt, konnte Diener jedoch nicht sagen.
Berlin - 29.09.2010, 13:09 Uhr