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Mehrkostenregelung
Glaeske: Aut-idem-Kreuz statt Vorkasse
Die Mehrkostenregelung trifft auf viel Widerstand. Nicht nur die Kassen raten ihren Versicherten von der neuen Wahlmöglichkeit ab – auch die Stiftung Warentest lässt nun über ihren Arzneimittelfachmann Prof. Gerd Glaeske verlauten, dass es sich in der Regel nicht lohnt, für ein Wunsch-Arzneimittel in Vorkasse zu treten.
Seit Anfang Januar können Patienten entscheiden, ob sie das Präparat des Vertragspartners ihrer Krankenkasse erhalten oder ihr gewohntes Präparat behalten. Für ihr Wunschpräparat zahlen sie in der Apotheke zunächst den Listenpreis. Dann reichen sie die Quittung und eine Kopie vom Rezept mit den Angaben der Apotheke bei ihrer Krankenkasse ein. Anschließend bekommen sie von der Kasse den Preis teilweise erstattet.
Gerd Glaeske, Professor am Zentrum für Sozialpolitik der Universität Bremen und Leiter der Arzneimittelbewertungen bei der Stiftung Warentest, zeigt das Problem dabei auf: „Die Kassen halten die Preise der Rabattarzneimittel geheim, nicht einmal die Apothekenmitarbeiter kennen sie“. Zudem erheben die Kassen, wenn Patienten die Mehrkostenregelung nutzen, eine Verwaltungsgebühr. Doch vielfach steht deren Höhe noch gar nicht fest. Deshalb warnt Glaeske: „Wer die Mehrkostenregelung nutzt, geht ein unkalkulierbares Kostenrisiko ein.“
Gemeinhin sieht Glaeske auch kein Problem durch die Substitution: „In der Regel sind das Originalpräparat und seine Generika, beziehungsweise wirkstoffgleiche Generika untereinander ohne erkennbare Probleme austauschbar.“ Doch auch in seiner Funktion als Experte der Stiftung Warentest macht er deutlich, dass der durch die Rabattverträge erzwungene Austausch in manchen Fällen problematisch sein kann. So etwa bei Arzneimitteln mit einer schmalen Dosis- Spanne zwischen erwünschter Wirkung und gefährlichen Nebenwirkungen – zum Beispiel Mittel gegen Epilepsie, Schilddrüsenprobleme oder Depressionen oder Herzmedikamente mit Digitalis-Wirkstoffen. Eine Ausnahme von der Regel seien zudem wirkstoffgleiche Medikamente mit unterschiedlicher Handhabung: etwa Asthmasprays, Insulinpens oder arzneimittel-freisetzende Pflaster. „Und drittens kommen manche Patientengruppen mit dem Wechsel oft nicht gut zurecht“, so Glaeske weiter. Das gelte etwa für Senioren oder für Menschen mit mehreren, schweren oder psychischen Krankheiten.
Einen Ausweg aus diesen Problemen sieht Glaeske nicht in der Mehrkostenregelung. Vielmehr müsse in einem solchen Fall der Arzt abwägen, ob er das „Aut-idem“-Feld auf dem Rezept ankreuzt und damit den Austausch ausschließt. Über diese Möglichkeit sollten auch Patienten mit dem Arzt sprechen, die ihr gewohntes Mittel behalten möchten oder glauben, ihr neues Präparat schlechter zu vertragen. „Das ist besser, als einfach in Vorkasse zu treten“, so Glaeske.
Berlin - 17.01.2011, 12:11 Uhr