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EHEC-Ausbruch
Austausch verschiedener Gene nachgewiesen
Einen Monat nach Eingang der ersten Patientenproben am 23. Mai in Münster wird jetzt eine Analyse zur geno- und phänotypischen Charakterisierung von insgesamt 80 Patientenisolaten veröffentlicht, die aus 17 Städten Deutschlands stammen und in dem Zeitraum vom 23. Mai bis 2. Juni 2011 isoliert wurden.
Zunächst wurde die genetische Verwandtschaft zu dem HUSEC041-Referenzstamm aus dem Jahre 2001 ermittelt. Anschließend erfolgte die Bestimmung der potentiellen Virulenzfaktoren. Weiterhin wurde die zellschädigende Wirkung aller 80 isolierten Erreger auf Nierenzellen und deren Interaktion mit Darmzellen analysiert. Die Ergebnisse zeigen, dass alle Isolate demselben Sequenztyp (ST) 678 zugeordnet werden können. Innerhalb der HUSEC-Kollektion und bei anderen EHEC ist dieser Sequenztyp bislang einmalig gewesen. Er wurde von uns erstmalig 2008 für den Referenzstamm des HUSEC041-Klons veröffentlicht. Danach ist er nicht mehr in Erscheinung getreten und taucht jetzt in der neuen Studie 80mal in Folge bei Patientenisolaten auf.
Alle Ausbruchsstämme besitzen ein Repertoire von 13 Genen, die für unterschiedliche potentielle Virulenzfaktoren kodieren. Neben dem für EHEC typischen für Shigatoxin 2 kodierenden Gen wurden die Gene für Determinanten nachgewiesen, die für die wässrig-blutigen Durchfälle und den damit einhergehenden Elektrolytverlust verantwortlich sind. Dazu gehören beispielsweise ein für Shigella-Bakterien (altbekannte Durchfallerreger) typisches Enterotoxin und ein schleimauflösendes Enzym. Außerdem wurden die Gene der für die Anheftung verantwortlichen Fimbrien und Adhäsionsproteine ermittelt.
Im Vergleich zu dem zehn Jahre alten HUSEC041-Isolat hat der Ausbruchsstamm das Gen für das enteroaggregative hitzestabile Enterotoxin (EAST1) verloren. Stattdessen hat er das weit verbreitete Gen für das Fimbrienantigen AAF/I aufgenommen und das in HUSEC041 vorkommende Gen für AAF/III verloren. Neben zusätzlichen Antibiotikaresistenzgenen sind dies die einzigen Unterschiede, die bisher gefunden wurden. Da all die genannten Gene auf Plasmiden liegen, sind solche Aufnahmen und Verluste eher die Regel als die Ausnahme bei pathogenen E. coli.
Bei ihrer Interaktion mit Darmzellen zeigen alle Stämme das für enteroaggregative E. coli (EAEC) typische Anheftungsmuster, das einer „Mauer aus Backsteinen“ gleicht. Aus dem Darm wird das Shigatoxin 2 über einen noch nicht genau aufgeklärten Mechanismus in den Blutkreislauf transferiert. Dort bindet es bevorzugt an Nieren- und Gehirnendothelzellen. Ersteres verursacht Niereninsuffizienzen, und zweiteres kann zu zerebralen Schädigungen führen, was die schweren, unter Umständen tödlichen Krankheitsverläufe erklärt.
Literatur: Bielaszewska, M., et al.: Lancet Infect. Dis. 2011, Online-Vorabpublikation doi:10.1016/S1473-3099(11)70165-7.
Münster - 26.06.2011, 09:29 Uhr