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Tumortherapie
Langsame Elektronen zerstören Krebszellen
In der Tumortherapie setzt man Ionenstrahlen dazu ein, Krebszellen punktgenau zu zerstören. Dabei entstehen als sekundärer Effekt auch langsame Elektronen im bestrahlten Gewebe. Sie zerstören die DNA der Krebszellen und sind dabei weitaus wirkungsvoller als bisher gedacht.
Strahlenschäden in Lebewesen entstehen oft erst nach der Bestrahlung, wenn durch komplexe physikalische Prozesse im Gewebe langsame Elektronen freigesetzt werden. Diese Elektronen können sich an die DNA anlagern und sie aufbrechen. In der Tumortheraphie mit Ionenstrahlen, die gezielt zur Zerstörung von Krebszellen eingesetzt werden, ist dieser Mechanismus von Vorteil: Auch hier entstehen als sekundärer Effekt langsame Elektronen im Gewebe. Sie greifen die DNA der Tumorzelle an.
Entdeckt wurde der molekulare Mechanismus, als die Frankfurter Atomphysik-Gruppe um Prof. Reinhard Dörner im vergangenen Jahr kleine Wassertropfen bestrahlte. Beim Interatomic Coulombic Decay, kurz ICD, wird Strahlung fast beliebiger Art durch einen molekularen Energietranfer in ein freiwerdendes, langsames Elektron umgewandelt. Die Atomphysiker zeigten nicht nur, dass ICD ein typischer Mechnismus nach Bestrahlung ist, sondern insbesondere auch in Wasser stattfindet und somit für biologische Systeme relvant sein könnte. Dieser Prozess schien höchst effektiv zu sein. Deshalb vermuten die Forscher, er könnte für das Verständnis von Strahlenschäden, aber auch bei der Tumortherapie eine größere Rolle spielen.
Das noch fehlende Puzzlestück ergänzten jetzt andere Forscher: Sie konnten die Wahrscheinlichkeit für die Entstehung von langsamen Elektronen durch ICD in einem Experiment quantitativ ermitteln. Hierzu bestrahlten sie ein System aus zwei schwach gebundenen Neon-Atomen, das schon länger als Modellsystem für ICD gilt, mit Alpha-Strahlen (Helium-Ionen). Dabei wurden die Bedingungen so eingestellt, dass ICD in einem Fall auftrat, im anderen jedoch nicht. Der Vergleich zeigte, dass durch ICD bis zu einhundert mal mehr niederenergetische und für die Strahlentherapie relevante Elektronen auftreten als ohne. Dass durch ICD sehr viele niederenergetische Elektronen erzeugt werden, konnte damit in einer eindeutigen Messung bestätigt werden.
Literatur: Hong-Keun, K., et al: Proc. Natl. Acad. Sci. 2011, Online-Vorabpublikation doi: 10.1073/pnas.1104382108.
Frankfurt - 25.07.2011, 10:31 Uhr