Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

OHG-Apotheker darf auch Filialleiter sein

Berlin - 11.08.2011, 16:14 Uhr


Ein Apotheker, der mit Kollegen in der Rechtsform einer OHG eine Haupt- und eine Filialapotheke betreibt, kann auch verantwortlicher Leiter dieser Filialapotheke sein. Dies hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof entschieden. Dezidiert hat sich das Gericht dabei mit den einschlägigen Vorschriften des Apothekengesetzes und der Apothekenbetriebsordnung auseinandergesetzt.

Das zuständige Landratsamt hatte den Antrag der OHG-Apotheker, einem von ihnen die Leitung der Filialapotheke zu übertragen, abgelehnt. Die Präsenzpflicht des § 2 Abs. 5 ApoG in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Nrn. 4 und 5, Abs. 2 ApBetrO schließe eine Personenidentität zwischen Betreiber des Apothekenverbunds und Verantwortlichem der Filialapotheke aus, argumentierte die Behörde. Die Gesellschafter der OHG erhoben Klage gegen den Bescheid und hatten mit dieser bereits in der ersten Instanz vor dem Verwaltungsgericht München Erfolg. Doch das Amt ging in Berufung – es konnte sich aber auch vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (VGH) nicht durchsetzen.

Ausführlich legt der VGH dar, dass die Vorinstanz zu Recht davon ausgegangen sei, dass der Benennung des einen OHG-Apothekers als Verantwortlichen für die Filialapotheke keine apothekenrechtlichen Vorschriften entgegenstehen. Unmittelbar ist dies den einschlägigen Vorschriften nicht zu entnehmen. Eine ausdrückliche Regelung dazu, ob der Leiter einer Filialapotheke auch ein Gesellschafter einer OHG sein kann, der eine Erlaubnis für den Betrieb mehrerer Apotheken innehat und diese – zusammen mit einem weiteren Erlaubnisinhaber – betreibt, findet sich im Apothekengesetz nicht.

Zwar sprechen § 2 Abs. 5 Nrn. 1 und 2 ApoG als spezielle Regelungen für den Betrieb mehrerer öffentlicher Apotheken jeweils nur vom Betreiber im Singular – doch § 8 ApoG lässt auch mehrere Personen ohne Begrenzung nach oben als Betreiber mehrerer öffentlicher Apotheken zu. Auch die Regelungen in § 7 Satz 2 ApoG und § 2 Abs. 1 Nr. 5 ApBetrO stellen nur auf den Betreiber ab. Ebenso ist in § 2 Abs. 1 Nr. 4 ApoBetrO nur vom Inhaber der Apothekenbetriebserlaubnis in der Einzahl die Rede. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Verweisung in § 8 Satz 4 ApoG, wonach die Sätze 1 bis 3 dieser Vorschrift für Haupt- und Filialapotheken entsprechend gelten. Ausgesagt werde damit lediglich, dass auch mehrere öffentliche Apotheken von mehreren Personen zusammen u.a. in der Rechtsform einer OHG betrieben werden können, so der VGH. Ansonsten ist nicht geregelt, was bei einer Mehrzahl von Betreibern gelten soll. Nach dem Wortlaut der apothekenrechtlichen Bestimmungen ist die Leitung einer Filialapotheke durch einen OHG-Gesellschafter somit jedenfalls nicht ausdrücklich ausgeschlossen.

Die Systematik des Apothekengesetzes ist ebenfalls nicht eindeutig. Ausgehend vom Leitbild des „Apothekers in seiner Apotheke“, das auch mit der Einführung des eingeschränkten Mehrbesitzes im Jahr 2004 im Grundsatz nicht aufgegeben wurde, kommt das Gericht allerdings zum Schluss, dass dem OHG-Apotheker die Filialleitung übertragen werden kann: „Diesem Leitbild von der eigenverantwortlichen und persönlichen Leitung einer Apotheke widerspricht es nicht, wenn von mehreren Apothekern als Betreibern eines derartigen Apothekenverbunds einer dieser Apotheker die Filialapotheke leitet. Diese Lösung kommt dem Leitbild im Gegenteil sogar näher als die Leitung durch einen angestellten Apotheker“, heißt es im Urteil.

Als weiteres Argument führt das Gericht die Beweggründe des Gesetzgebers an, den Mehrbesitz in eng begrenztem Umfang zuzulassen: Damit habe er die Wirtschaftlichkeit der Betriebsführung und der Arzneimittelbeschaffung sowie die Flexibilität in der Warenbeschaffung und dem Personaleinsatz erhöhen sowie eine zukunftsorientierte Weiterentwicklung des Apothekenwesens ermöglichen wollen. Bereits diese Zielsetzung spreche dafür, die Leitung einer Filialapotheke durch einen Gesellschafter der OHG zuzulassen, weil dadurch die personellen Ressourcen besser genutzt werden können und die Personalkosten für einen angestellten Apotheker entfallen.

Noch ist das Urteil nicht rechtskräftig. Die Frist zur Einlegung der Revision läuft jedoch nächste Woche ab.

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 27. Mai 2011, Az.: 22 BV 09.2402


Kirsten Sucker-Sket