Entscheidung zu E-Zigaretten

Warum Steffens vorerst weiter warnen darf

Stuttgart - 30.01.2012, 14:38 Uhr


Dass E-Zigaretten grundsätzlich dazu geeignet sind, zu Therapiezwecken eingesetzt zu werden, rechtfertigt nach Auffassung des Verwaltungsgerichts Düsseldorf ihre Einordnung als Funktionsarzneimittel. Das Gericht hält daher die Warnung der NRW-Gesundheitsministerin Barbara Steffens (Grüne) vor E-Zigaretten für vertretbar.

In dem Verfahren war eine Produktionsfirma und Vertreiberin von E-Zigaretten gegen das Land Nordrhein-Westfalen vorgegangen. Die Antragstellerin wollte die Warnungen der Gesundheitsministerin Barbara Steffens vor E-Zigaretten und die Einordnung des eigenen Produktes als Arzneimittel im Wege einer einstweiligen Anordnung untersagen lassen. Am 16. Januar lehnte das Verwaltungsgericht den Antrag per Beschluss ab. Nun liegen auch die Gründe vor.

Die Einordnung der E-Zigarette als Arzneimittel stellte für die Kammer keine – für eine Untersagungsanordnung erforderliche – unvertretbare Einschätzung dar. Zwar lehnten die Richter die Einordnung als Präsentationsarzneimittel ab, weil die streitige E-Zigarette nicht zur Heilung oder Verhütung von Krankheiten bestimmt sei. Allerdings spreche einiges dafür, dass schon die Eignung eines Einsatzes zu Therapiezwecken die Einordnung als Funktionsarzneimittel rechtfertige. Entscheidend sei dafür, ob mit dem Erzeugnis die menschlichen Funktionen durch eine pharmakologische Wirkung, also einer Wechselwirkung zwischen Bestandteilen des Stoffes und einem körpereigenen Zellbestandteil, beeinflusst werden können. 

Aus den vorgelegten Informationsunterlagen ergab sich für das Inhalieren der E-Zigaretten eine solche Beeinflussung. Nikotin wirke stimulierend auf nikotinerge Acetylcholinrezeptoren, beschleunige den Herzschlag, bewirke eine Verengung der Blutgefäße mit nachfolgender Blutdrucksteigerung und verringere außerdem den Appetit, so die Richter. Dies gelte auch bei der geringen Menge Nikotin in den E-Zigaretten. Die Erheblichkeitsschwelle, die zum Ausschluss aus dem Arzneimittelbegriff auch beim Vorliegen einer pharmakologischen Wirkungen führe, sei nicht unterschritten: Nach Angaben der Antragstellerin seien auch starke Raucher in der Lage, ohne Entzugserscheinungen auf die elektrische Zigarette umzusteigen, weil sie dabei die benötigte Menge an Nikotin erhielten.

Letztendlich sahen die Düsseldorfer Richter in den E-Zigaretten auch keine Erzeugnisse im Sinne des Vorläufigen Tabakgesetzes, die nicht dem Arzneimittelgesetz unterfallen. Weder die E-Zigarette noch das Liquid bestünden ganz oder teilweise aus Tabak. Der im Liquid enthaltene Nikotinanteil sei zwar aus Tabak gewonnen worden, lasse das Produkt aber nicht zu einem Tabakerzeugnis werden, so die Kammer. Die E-Zigaretten seien darüber hinaus nicht zum Rauchen, Kauen oder anderweitigem oralen Gebrauch oder zum Schnupfen bestimmt, denn die Inhalation eines Dampfes könne mit dem oralen Gebrauch fester Stoffe nicht gleichgesetzt werden.

Der Beschluss ist nicht rechtskräftig. Wie das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen bestätigte, ging am 23. Januar die Beschwerde der Antragstellerin ein.

(Verwaltungsgericht Düsseldorf, Beschluss vom 16. Januar 2012, Az. 16 L 2043/11)


Juliane Ziegler


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