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Bundessozialgericht
Verspätete Zahlung lässt Anspruch auf Rabatte verfallen
Der Vorsitzende des Hamburger Apothekervereins, Dr. Jörn Graue, kann sich über einen Erfolg für die Apothekerschaft in leidigen Retaxations-Streitigkeiten mit den gesetzlichen Krankenkassen freuen: Das Bundessozialgericht entschied heute, dass Apotheker einen Anspruch auf Rückzahlung einbehaltener Rabatte haben, wenn eine Krankenkasse eine Rechnung nicht rechtzeitig vollständig beglichen hat.
Das Bundessozialgericht (BSG) hat den jahrelangen Apothekenrabatt-Streit zwischen dem Hamburger Apothekerverein und der in Auflösung begriffenen City BKK noch einmal in eine neue Runde geschickt. Der 1. Senat verwies den Fall am Dienstag zur erneuten Verhandlung an das Landessozialgericht Hamburg zurück. Es soll nun klären, in welcher Höhe dem Apothekerverband noch Rückzahlungen zustehen.
Der Hamburger Apothekerverein und die City BKK streiten über den Apothekerrabatt für Arzneilieferungen im August 2003: Die von der City BKK genutzte Abrechnungsstelle hatte im September 2003 eine Sammelrechnung des Norddeutschen Apotheken-Rechenzentrums (NARZ) erhalten. Unstreitig ist, dass die Kasse diese Rechnung fehlerhaft um 48.478,73 Euro kürzte und den fehlenden Betrag erst 16 Monate später überwies. Streitig war, ob der Kasse der Apothekenrabatt zustand, obwohl sie die Rechnung nicht innerhalb von zehn Tagen vollständig bezahlt hatte.
Das Sozialgericht Hamburg hatte die komplette Rückforderung des Apothekerrabatts für ungerechtfertigt gehalten und eine Rückzahlung von nur gut 4200 Euro ausgeurteilt. Sein Argument: Nur 2,49 Prozent des Gesamtbetrages seien nicht fristgerecht gezahlt worden. Die Berufung des Apothekervereins gegen diese Entscheidung hatte das Landessozialgericht zurückgewiesen.
Dieses Urteil hob nun wiederum das BSG auf. Es entschied aber noch nicht, ob die City BKK tatsächlich die vom Apothekerverein noch geforderten 165.152,42 Euro zahlen muss. Da nicht alle Apotheker Restvergütungsansprüche an den Verein abgetreten hätten und noch nicht ersichtlich sei, welche Apotheker von der unberechtigten Kürzung der Rechnung betroffen waren, könne der Senat „weder dem Grunde noch der Höhe nach“ über die Ansprüche des Vereins entscheiden. Das LSG solle dies nun weiter aufklären.
Zugleich betonte das BSG aber, die BKK habe von den betroffenen Apothekern den Apothekenrabatt nicht einbehalten dürfen. Der Vergütungsanspruch jedes Apothekers für an Versicherte abgegebene Arzneimittel stehe in Höhe des Apothekenrabatts „unter der auflösenden Bedingung“ einer vollständigen fristgerechten Erfüllung.
Klägeranwalt Nils Hußmann interpretierte die Entscheidung kurz nach der mündlichen Urteilsbegründung so: Das BSG habe klar herausgestellt, dass diejenigen Apotheker, deren Rechnung unzulässig gekürzt worden sei, den vollen Apothekerrabatt zurückerhielten. Ob das auch für Sammelrechnungen gelte, müsse sich herausstellen, wenn die schriftliche Urteilsbegründung vorliege. Graue sieht das Urteil als „großen Erfolg für die Hamburger Apothekerschaft“. Das Grundsatzurteil stelle klar, dass Rechnungen pünktlich zu zahlen sind.
Der Anwalt der City BKK, Sebastian Ziemann, kommentierte: „Das Urteil ist interessant. Man darf gespannt sein, wie das LSG damit umgehen wird.“ In der Sache werde sich nach seiner Prognose aber nicht all zu viel ändern.
Bundessozialgericht, Urteil vom 6. März 2012, Az.: B 1 KR 14/11 R
Kassel - 06.03.2012, 17:38 Uhr