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Arzneimittel besonderer Therapierichtungen
BMG: therapeutische Vielfalt genügend berücksichtigt
Nach Auffassung des Bundesgesundheitsministeriums bedürfen homöopathische und anthroposophische Arzneimittel keiner besonderen Privilegierung gegenüber schulmedizinischen Arzneimitteln. Die Grünen-Fraktion hatte in einer Kleinen Anfrage die „Stellung der Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen“ erfragt. Die parlamentarische Staatssekretärin Ulrike Flach erwiderte, diese Medikamente müssten „nicht ‚gestärkt‘ werden“.
In ihrer Anfrage konstatierten die Grünen, die Verordnungsfähigkeit von Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen werde durch die Mistel-Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) erheblich eingeschränkt. Im Mai 2011 hatten die Kasseler Richter in einem Streit um die Verordnungsfähigkeit von Mistelpräparaten dem Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) recht gegeben. Sie bestätigten, dass homöopathische und anthroposophische OTC-Arzneimittel nur dann zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordnungsfähig sind, wenn sie den in der OTC-Übersicht der Arzneimittel-Richtlinie des G-BA angegebenen Indikationsgebieten und Anwendungsvoraussetzungen entsprechen. Vor Gericht war der Fall gelandet, weil das damals noch von Ulla Schmidt (SPD) geführte BMG im Jahr 2005 die der G-BA-Entscheidung zugrunde liegende Richtlinie beanstandet hatte.
Nun erklärt Flach, die BSG-Entscheidung widerspreche nicht der ursprünglichen Intention des Gesetzgebers, der therapeutischen Vielfalt von Arzneimitteln besonderer Therapierichtungen Rechnung zu tragen. Der G-BA berücksichtige bei der Bewertung dieser Arzneimittel den Erkenntnisstand hinsichtlich ihrer besonderen Wirkungsweise. „Eine darüber hinausgehende besondere Privilegierung von Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen gegenüber Arzneimitteln der Allopathie ist hingegen nicht geboten, sie müssen insoweit nicht ‚gestärkt‘ werden“, so Flach. Sie sieht daher keinen Grund, das Gesetz nachzubessern – in der derzeit anstehenden Novellierung des Arzneimittelrechts seien keine weitergehenden Regelungen geplant.
Ferner verweist Flach in ihrer Antwort darauf, dass es bei der Erstellung der OTC-Arzneimittelliste ein Stellungnahmerecht von Sachverständigen der besonderen Therapierichtungen in § 92 Abs. 32 SGB V gibt. Dies sind die maßgeblichen Dachverbände der Ärztegesellschaften der besonderen Therapierichtungen auf Bundesebene.
„Wer die Antwort des BMG auf unsere Kleine Anfrage liest, bekommt den Verdacht, dass auch Ministerien unter Demenz leiden können“, kritisiert die gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, Biggi Bender, die Antwort aus dem BMG. Und weiter: „Verdrängt das BMG, dass es vor dem BSG verloren hat und jahrelang eine andere Position vertreten hat?“ Bis 2011 hatte das BMG die therapeutische Vielfalt bis vor das BSG verteidigt und dem G-BA die Genehmigung der Arzneimittelrichtlinie verweigert. Bender zufolge fehlen dem BMG Gründe, den Wechsel der eigenen Position zu erklären, weshalb das FDP-geführte Ministerium lieber ignoriere, dass ein solcher je stattfand. „Klar wird in jedem Fall, Gesundheitsminister Bahr tut nichts dafür, die Therapievielfalt zu erhalten, geschweige denn dafür, diese zu stärken“, so Bender.
Berlin - 26.04.2012, 11:10 Uhr