Nervenzellen

Auch Makaken haben Spindelneuronen

Tübingen - 07.06.2012, 10:03 Uhr


Tübinger Wissenschaftler entdeckten Nervenzellen bei Affen, Spindelneuronen, die auch Anhaltspunkte zur menschlichen Selbstwahrnehmung liefern könnten.

Die anteriore Insula ist eine kleine Region im menschlichen Gehirn, die eine entscheidende Rolle beim menschlichen Selbstbewusstsein und bei neuropsychologischen Erkrankungen spielt. Hier empfinden Menschen Gefühle wie Liebe, Hass, Zurückweisung, Selbstsicherheit oder Scham. Dort befindet sich ein spezieller Zelltyp: die Spindelneuronen oder Von Economo-Neuronen. Diese haben eine spindelähnliche Form und sind etwa dreimal so groß wie die benachbarten Pyramidenzellen - die klassischen Nervenzellen im Gehirn aller Säugetiere. Bei neuropsychologischen Erkrankungen in Verbindung mit dem Verlust der Gefühle, wie Autismus oder Demenz, verändert sich die Anzahl dieser Nervenzellen.

Bis vor kurzem wurde angenommen, dass Spindelneuronen nur bei Menschen, Menschenaffen und anderen Säugetieren mit ausgeprägtem Sozialverhalten wie Walen und Elefanten vorkommen. Henry Evrard vom Max-Planck-Institut für biologische Kybernetik in Tübingen hat nun auch Spindelneurone bei Makaken entdeckt. Die Form, Größe und Verteilung der Zellen deutet darauf hin, dass diese Affenzellen entwicklungsgeschichtlich den menschlichen Spindelneuronen entsprechen. Mit den neuen Ergebnissen könnten die Forscher die Funktion dieser Zellen und der Gehirnregion entschlüsseln, die entscheidend an der menschlichen Wahrnehmung und Erkrankungen, wie Autismus und Demenz, beteiligt sind.

Literatur: Henry C. Evrard, H. C., et al.: Neuron 2012;74(3), Online: doi:10.1016


Dr. Bettina Hellwig