BPI-Hauptversammlung

Pharmaindustrie sieht Versorgung gefährdet

Berlin - 12.06.2012, 15:11 Uhr


Die schwarz-gelbe Gesundheitspolitik hat die pharmazeutische Industrie mächtig aufgewirbelt. Die europäische Wirtschaftskrise geht ebenfalls nicht spurlos an der Branche vorbei. Der Vorsitzende des Bundesverbands der Pharmazeutischen Industrie (BPI), Dr. Bernd Wegener, appelliert daher dringend an den Gesetzgeber, im Arzneimittelbereich nachzubessern.

Im Rahmen der heutigen BPI-Jahreshauptversammlung warnte Wegener vor Versorgungsproblemen mit innovativen Arzneimitteln, sollte der Gesetzgeber nicht handeln. Auch ein Stellenabbau in mittelständischen und kleinen pharmazeutischen Unternehmen sei dann nicht auszuschließen.

Konkret fordert der BPI, die Erstattungspreise vertraulich zu halten. Dies müsse gesetzlich verankert werden – am besten im Rahmen der 16. AMG-Novelle. Angesichts der vielen Länder, die auf den deutschen Preis referenzieren, würde die Veröffentlichung in Deutschland verhandelter Rabatte eine internationale Hebelwirkung entwickeln, mahnt Wegener. Damit minimierten sich die Verhandlungsspielräume für den nationalen Markt. Und damit schade die GKV am Ende sich selbst und ihren Versicherten: Schließlich könnten Unternehmen, die keine weltweite Preisreduzierung fürchten müssen, den Kassen einen höheren Rabatt anbieten. Zugleich machte der BPI-Vorsitzende deutlich, dass „vertraulich“ nicht „geheim“ bedeute: Alle Institutionen, die in Deutschland gesetzliche Aufgaben wahrnehmen, bei denen sie den Erstattungsbetrag kennen müssen, sollen diesen auch kennen.

Weiterhin ist es dem BPI ein Anliegen, bei der frühen Nutzenbewertung Klarheit und Verlässlichkeit in die Auswahl der zweckmäßigen Vergleichstherapie zu bringen. Derzeit erlebten Unternehmen bei der vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) festzulegenden Vergleichstherapie immer wieder „böse Überraschungen“. Es sei ihnen nicht möglich, einen Komparator zu wählen, ohne zuvor eine (kostenpflichtige!) Beratung durch den G-BA in Anspruch zu nehmen. Und wenn sie einen wählen, der von dem des G-BA abweicht, so sei dies gut zu begründen. Dies sei umso schwerer, als dass den G-BA seinerseits keine Begründungspflicht für seine Wahl treffe. Wegener missfällt zudem, dass bereits bei der Bestimmung der Vergleichstherapie eine Verknüpfung von Kosten und Bewertungsgrundlagen geschaffen werde. Dies sei „nicht zielführend“ und biete den gesetzlichen Kassen einen starken Anreiz, die zweckmäßige Vergleichstherapie vorrangig nach Kostenaspekten festzulegen. Die jetzige Praxis, so Wegener, führe dazu, dass immer mehr innovative Arzneimittel deutschen Patienten nicht zur Verfügung stehen. Bestätigung für diese Einschätzung geben ihm die bereits erfolgten Marktrücknahmen einiger Hersteller neuer Arzneimittel.

Nicht zuletzt fordert Wegener die Regierungskoalition erneut auf, zu begründen, warum das Preismoratorium und die erhöhten Zwangsabschläge noch immer Bestand hätten. „Sie wurden in einer Zeit eingeführt, als wir mit elf Milliarden Euro Defizit bei den Krankenkassen rechneten, jetzt haben wir 20 Milliarden Überschuss. Hier muss der Minister endlich die Berechnungsgrundlagen offenlegen“, forderte der BPI-Vorsitzende.  


Kirsten Sucker-Sket


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