Europäischer Gerichtshof

Auch Apotheken benötigen Erlaubnis für Großhandelstätigkeit

Luxemburg - 02.07.2012, 10:53 Uhr


Apotheker, die auch als Arzneimittelgroßhändler tätig sind, bedürfen hierfür nach geltendem Unionsrecht stets einer gesonderten Genehmigung. Dies gilt auch dann, wenn Apotheker nach den Vorgaben des nationalen Rechts eine Großhandelstätigkeit ausüben dürfen. Dies entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH) in einem aktuellen Urteil.

In Italien war gegen einige Apotheker ein Strafverfahren eingeleitet worden. Ihnen wurde vorgehalten, ohne die nach dem italienischen Gesetz vorgeschriebene Genehmigung als Arzneimittelgroßhändler tätig gewesen zu sein. Das italienische Recht sieht für das Großhandelstreiben ohne Erlaubnis eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu einem Jahr oder eine Geldstrafe von 10.000 bis 100.000 Euro vor. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft wurden jedoch einige der Verfahren eingestellt. Begründung: Apotheker, die bereits eine Genehmigung für den Einzelhandel mit Arzneimitteln besäßen, seien von der Verpflichtung, die nach den einschlägigen nationalen und unionsrechtlichen Bestimmungen vorgeschriebene Genehmigung einzuholen, befreit.

Der Gemeinschaftskodex für Humanarzneimittel macht jedoch den Arzneimittelgroßhandel von einer Genehmigung abhängig. Dies gilt selbst dann, wenn zur Abgabe von Arzneimitteln an die Öffentlichkeit befugte Personen – insbesondere also Apotheker – nach den nationalen Vorschriften gleichzeitig die Tätigkeit eines Arzneimittelgroßhändlers ausüben dürfen. Daher wollte es ein italienisches Gericht genauer wissen und rief den EuGH an: Gibt das Unionsrecht tatsächlich vor, dass auch Apotheker – als natürliche Personen – einer Genehmigung für den Großhandel mit Arzneimitteln bedürfen? Oder habe der Unionsgesetzgeber Apotheker von dem Genehmigungserfordernis ausnehmen wollen? Zudem fragte das Gericht, welche Voraussetzungen ein Apotheker, der als solcher nach dem nationalen Recht bereits zum Einzelhandelsverkauf von Arzneimitteln befugt ist, erfüllen muss, um Arzneimittel auch im Großhandel vertreiben zu dürfen.

In seinem Urteil weist der EuGH zunächst darauf hin, dass die Richtlinie den Mitgliedstaaten eine allgemeine Verpflichtung auferlegt, den Arzneimittelgroßhandel von einer Sondergenehmigung abhängig zu machen. Diese Verpflichtung gelte auch für „Personen, die zur Abgabe von Arzneimitteln an die Öffentlichkeit ermächtigt oder befugt sind“, wenn sie darüber hinaus die Tätigkeit eines Arzneimittelgroßhändlers ausüben dürfen. Dazu zählten auch Apotheker: Wenn sie nach dem nationalen Recht Arzneimittel über den Großhandel vertreiben dürfen, müssten sie zuvor die in der Richtlinie vorgesehene Genehmigung einholen.                                       

Der EuGH führt weiterhin aus, dass die Bedingungen für die Abgabe von Arzneimitteln an die Öffentlichkeit derzeit auf Unionsebene nicht harmonisiert sind. Dies ist bekannt – das Apothekenwesen ist in den Mitgliedstaaten höchst unterschiedlich organisiert. Anders sieht die Lage beim Großhandel aus: Hier legt der Gemeinschaftskodex für alle Mitgliedstaaten die Mindestanforderungen fest, die erfüllt sein müssen. Da der Arzneimitteleinzelhandel andere Merkmale aufweise als der Arzneimittelgroßhandel, so die Richter, lasse sich nicht allein daraus, dass die von den Mitgliedstaaten für den Einzelhandel festgelegten Bedingungen erfüllt sind, folgern, dass dies auch für die unionsrechtlichen Bedingungen für den Großhandel gelte. Um die Richtlinienziele sicherzustellen, müssten die Mindestanforderungen für den Arzneimittelgroßhandel daher in allen Mitgliedstaaten in einheitlicher Weise erfüllt werden. Dies schließe jedoch nicht aus, dass eine nationale Behörde bei der Erteilung von Genehmigungen für den Arzneimittelgroßhandel an Apotheker eine eventuell bestehende Gleichwertigkeit mit den nach dem nationalen Recht für den Einzelhandel vorgesehenen Bedingungen berücksichtigt.

Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 28. Juni 2012, Rechtssache C‑7/11


Kirsten Sucker-Sket


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