Ärzte-Honorare

Ärzte bekommen 300 Millionen Euro mehr

Berlin - 30.08.2012, 17:08 Uhr


Deutschlands Kassenärzte können mit rund 300 Millionen Euro mehr Honorar im kommenden Jahr rechnen. Das haben die Verhandlungen zwischen dem GKV-Spitzenverband und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) am Donnerstag in Berlin ergeben. Seitens der Kassen hieß es, das Ergebnis sei eine „vernünftige Lösung“. Die KBV hatte rund 3,5 Milliarden Euro mehr gefordert.

Nach knapp fünfstündigen Honorarverhandlungen wurden die Ärztevertreter in einem Schlichtungsgremium überstimmt. Die obersten Vertreter der rund 150.000 niedergelassenen Ärzte und Psychotherapeuten zeigten sich enttäuscht, die Krankenkassen zufrieden. „Uns stehen raue Zeiten bevor“, sagte KBV-Sprecher Roland Stahl der Deutschen Presse-Agentur.
Der Ärzteverband Hartmannbund sprach von einem „unannehmbaren Affront“, die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns von einem untragbaren Beschluss.

Der für das Ärztehonorar maßgebliche Orientierungspunktwert wird ab dem 1. Januar 2013 von derzeit 3,5048 Cent auf 3,5363 Cent angehoben – dies sind 0,9 Prozent mehr. „Dies entspricht einem Plus in Höhe von rund 270 Millionen beziehungsweise einer durchschnittlichen Honorarerhöhung von 1800 Euro pro niedergelassenem Arzt im Jahr“, hieß es seitens des GKV-Spitzenverbands. Hinzu kämen weitere Steigerungen durch die Berücksichtigung der wachsenden Krankheitslast der Bevölkerung sowie Zuschlägen in einzelnen Ländern. Auch über weitere Details muss noch verhandelt werden. Die KBV ging von 300 Millionen mehr durch das Ergebnis aus.

Zuvor hatte die KBV rund 3,5 Milliarden Euro mehr gefordert. Der Kassen-Verband wollte die Honorare um rund 2,2 Milliarden Euro kürzen. Ausschlaggebend war laut KBV nun das Votum des unabhängigen Schlichters – des Essener Gesundheitsökonomen Jürgen Wasem – im Erweiterten Bewertungsausschuss.

KBV-Chef Andreas Köhler zeigte sich enttäuscht: „Seit 2008 wurden Kostensteigerungen und Inflation nicht berücksichtigt“, sagte er der dpa. „Die Stimmung in der Ärzteschaft ist hochexplosiv.“ An diesem Samstag kommen Ärztevertreter aus ganz Deutschland zu einer Sonderversammlung bei der KBV in Berlin zusammen. Von dort werde man ein „deutlich wahrnehmbares Zeichen setzen, was wir von dieser Entscheidung halten und dass sich die Ärzteschaft so nicht behandeln lassen kann", sagte Köhler.

GKV-Vize Johann-Magnus von Stackelberg sprach dagegen von einer vernünftigen Lösung. „Trotz der beeindruckenden Steigerungen der letzten Jahre werden die Honorare der Ärzte weiter steigen, wenn auch nicht in dem Umfang, wie es ihre Verbandsvertreter angestrebt hatten.“ Für die Beitragszahler bleibe ein großer Kostenschub aus. „Die Beitragszahler stellen genug Honorar zur Verfügung, und mit dem heutigen Beschluss wird es noch mehr.“



dpa/DAZ.online