Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch…

21.10.2012, 08:00 Uhr


…der Apothekertag liegt nun schon eine Woche hinter uns. Der Alltag hat uns wieder ­– und wie! Wettbewerbsauswüchse von Kolleginnen und Kollegen haben die Gerichte beschäftigt, die Grippeimpfstoffbelieferung bleibt ein Desaster, die Verhandlungen zum Kassenabschlag sind zäh, OTCs dürfen nicht in die Freiwahl und Friedemann Schmidt ist praktisch schon so gut wie gewählt.

Montag, 15. Oktober 2012

Die Präsidentenwahl wirft ihre Schatten voraus. Wolf geht und Schmidt will – das stand schon vor dem Apothekertag fest. Schmidt selbst hat deutlich gemacht, dass er will. Ein Novum. Jetzt wollen noch mehr, dass Schmidt wollen soll. Mehrere Kammer- und Verbandsfunktionäre sprachen sich bereits klar für Schmidt aus. Liebes Tagebuch, kannst Du mir erklären, warum mich das ein wenig an russische Verhältnisse erinnert? Nichts gegen Schmidt, aber wo sind der oder die weiteren Kandidaten und Kandidatinnen zur Wahl? Hat die Mitgliederversammlung hier eine „Wahl“? Oder ist das ein Abnicken? Vielleicht hat Schmidt ja den Mut, anzuregen, einen ABDA-Präsidenten in Zukunft von der Hauptversammlung wählen zu lassen. Das wär’ ein Stück mehr Demokratie.    

Dienstag, 16. Oktober 2012

Liebes Tagebuch, gibt es noch eine Chance, mehr als 25 Cent Honorarerhöhung zu bekommen? Bayerns Kammer und Verband überreichten dem bayerischen Gesundheitsminister Huber 11.500 Unterschriften bayerischer Apotheker, PTA und PKA für eine gerechte Honorierung. Der versprach natürlich weitere Unterstützung. Genauso wie der Osnabrücker Wahlkreisabgeordnete Georg Schirmbeck (CDU), der sich bereits Anfang Oktober auf seiner Internetseite für eine Erhöhung des Apothekenhonorars auf 50 Cent aussprach. Nette Worte. Aber meinst Du nicht auch, mein Tagebuch, der Zug ist abgefahren? Die liebevolle Unterstützung der CDU-Mannen hätten wir früher gebraucht.

Ich weiß, Du kannst es nicht mehr hören, aber die lieben Kolleginnen und Kollegen versuchen’s halt immer wieder: Taler, Bonus und Prämien auf Rezepte. Dabei ist es doch eigentlich ganz easy: Apotheker dürfen keine „Rezeptprämie“ gewähren. Ein Einkaufsgutschein im Wert von 1 Euro, maximal 3 Euro pro Rezept – das geht nicht. Punkt. Aus. Ein Landesberufsgericht für Heilberufe beim OVG Rheinland-Pfalz hat das vor Kurzem rechtskräftig bestätigt. Frag mich bitte nicht, liebes Tagebuch, wie das alles bei Kunden ankommt: Die einen Apotheker kämpfen um ein paar Cent Erhöhung, poltern, protestieren, bedienen durch Klappen – und andere Apotheker verschenken einen Euro oder mehr. Und meinen, das sei „Wettbewerb“. Ich wüsste da andere Wörter dafür.

Weil wir gerade bei Wettbewerb sind: Den versuchen auch die Krankenkassen loszutreten: Wettbewerb bei Grippeimpfstoffen. Das geht genauso in die Hose. Die Gewinner der Ausschreibung sind überfordert und können vor lauter Glück nicht liefern, und die Verlierer fahren verständlicherweise ihre Produktion runter. Die Folge: Es fehlen Grippeimpfstoffe. Merk Dir, liebes Tagebuch: So weit kommt es in einem Land mit einem der besten Gesundheitssysteme der Welt, wenn Rabattverträge falsche Anreize setzen, weil sie nur auf den niedrigsten Preis setzen. Geiz ist geil – die Elektronikhändler sind mit diesem Motto nicht glücklich geworden und haben es längst aufgegeben. Wann klingelt’s bei den Kassen?

Mittwoch, 17. Oktober 2012

Ein spannender Tag: GKV-Spitzenverband und Deutscher Apothekerverband (DAV) verhandelten über den Apothekenabschlag für 2013. Ausgangspunkt für den DAV sind 1,75 Euro, für die GKV 2,05 Euro. Ergebnis: keins. Nächste Verhandlungsrunde: Mitte November. Was meinst du, Tagebuch, sieht das nach 1,90 Euro oder nach Schiedsstelle aus?

Donnerstag, 18. Oktober 2012

Als die niederländische Versandapotheke Europa Apotheek meldete, dass die Zusammenarbeit mit den dm-Märkten endet, dachte man zunächst: vorbei der Spuk.

Doch Pick-up nimmt auch weiterhin seinen Lauf. Statt Niederlande jetzt Halle, statt Europa Apotheek jetzt Zur Rose, statt Grün nun Rosa. dm betreibt seine 850 Pick-up-Stellen mit der Zur Rose in Halle weiter. Ein Grund für die Niederländer, aufzuhören: Wenn ausländische Versender Verschreibungspflichtiges zu deutschen Bedingungen liefern müssen und keine Boni und Gutscheine mehr ausgeben dürfen, kann man Kunden damit nicht mehr ködern. Neuer dm-Partner jetzt also die Zur Rose in Halle. Ausgerechnet. Erinnerst Du Dich noch, liebes Tagebuch? Die Zur Rose in Halle ist die deutsche Tochter der von schweizerischen Ärzten gegründeten Zur Rose AG. Gab es da nicht schon mal Strohmann-Vorwürfe gegen den Betreiber der Hallenser Filiale? Gab es, sogar eine Klage. Aber die war damals wohl suboptimal eingestielt. Denn das Urteil setzte sich nicht mit dem Geschäftskonzept der in Halle ansässigen Apotheke auseinander. Liebes Tagebuch, was meinst Du: Ob es die dm-pick-ups in zehn Jahren immer noch gibt?  

Freu Dich, liebes Tagebuch, über das heutige Urteil des Bundesverwaltungsgerichts: OTCs in der Freiwahl sind verboten. Klare Aussage vom Gericht. Ein Kollege hatte geklagt, weil er sich gegenüber dem Versandhandel benachteiligt fühlte. Die Arzneimittelauswahl am Bildschirm sei wie Freiwahl, er fühle sich daher benachteiligt. Er mag so denken, aber das ist kurz gedacht! Erstens steht, na ja, auch beim Versandhandel ein Apotheker zwischen Kunde und Ware. Und zweitens wäre es eine Katastrophe für die Apotheke, wenn OTCs in die Freiwahl dürften. Die Apothekenpflicht wäre dahin. dm, Rossmann, ja sogar jeder Edeka-Markt und jede Tankstelle hätten sich gefreut.

Ja, sie läuft, liebes Tagebuch, die erste ABDA-Studie zur Compliance bei Herzinsuffizienz. In der PHARM-CHF-Studie arbeiten Apotheker und Hausärzte gemeinsam daran, die Therapietreue älterer Patienten zu verbessern. Ziel soll ein verbesserter Therapieerfolg sein: weniger Krankenhausaufenthalte, längeres Leben. Ein Medikationsplan, erstellt von Apotheker und Arzt, und der wöchentliche Besuch des Patienten in der Apotheke, um die Wochenration an Arzneimitteln abzuholen, sollen’s richten. Die rund 3-Millionen-schwere Studie, die bis März 2015 dauert,  kleckert nicht: 300 Arztpraxen, 300 Apotheken, 2000 Patienten werden mitmachen. Mein Tipp, liebes Tagebuch: Die Studie ist ein Volltreffer. Sie wird zeigen, dass der Apotheker einen wichtigen Platz in der Therapiebegleitung hat. Darüber hinaus gibt’s für die beteiligten Apotheken eine kleine Aufwandsentschädigung: anfangs 100 Euro pro Patient und dann 50 Euro pro Quartal.

Es war keine ganz schlechte Woche, liebes Tagebuch.

Freitag, 20. Oktober 2012

Jens Spahn, seines Zeichens Gesundheitsexperte der CDU, meldete sich. Er hat ein Einsehen: Die Ausschreibungen der Kassen bei Grippeimpfstoffen haben zum Desaster geführt. Ach was, haben wir’ s nicht geahnt? Noch immer gibt es auf dem deutschen Markt ein Riesen-Defizit, Hersteller könnten nicht ausreichend liefern. Jetzt will der CDU-Mann bei Impfstoffen das Instrument der Ausschreibungen überprüfen. Er sollte es schnell tun, bevor die Grippewelle kommt.

Ein Letztes, liebes Tagebuch, was ich Dir anvertrauen muss: Eine Studie zeigte, dass Testosteron Männer zu ehrlicheren Männern macht. Männer, die ein Testosteron-Gel aufgetragen hatten, wurden nicht wilder – sondern ehrlicher: Sie logen deutlich seltener als die unbehandelten Männer. Na, wer sagt’s denn: Testosteron steigert Stolz und ein positives Selbstbild. Hey, Tagebuch, wollen wir mal eine Liste machen, wem wir eine Tube schenken?


Peter Ditzel


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