Virusinfektionen

Staupe – vom Hund auf den Menschen?

Würzburg - 22.03.2013, 15:13 Uhr


Die angestrebte Ausrottung der Masern kann womöglich einen anderen Krankheitserreger begünstigen. Als Folge könnte der Hundestaupevirus dem Menschen gefährlich werden. Ob und wie das möglich ist, untersuchen jetzt Würzburger Virologen.

Die Weltgesundheitsorganisation WHO will die Masern ausrotten, so wie es mit den Pocken 1980 gelungen ist. Falls dies irgendwann der Fall sein sollte, wären Schutzimpfungen überflüssig. Den fehlenden Impfschutz könnten dann aber andere Viren ausnutzen, die sehr eng mit den Masern verwandt sind, um die frei gewordene Nische zu besetzen – zum Beispiel Hundestaupeviren. Diese Erreger verursachen bei Hunden und anderen Tieren unter anderem Durchfall, Krämpfe und Gehirnschäden, was häufig tödlich endet.

Impft man Hunde mit dem Masernimpfstoff, sind sie vor einer Infektion mit dem Staupevirus geschützt. Daraus lässt sich schließen, dass auch Menschen, die gegen Masern geimpft wurden oder eine Maserninfektion durchgemacht haben, gegen Staupeviren immun sind. Tatsachlich ist bislang kein einziger Fall bekannt, in dem Staupeviren einen Menschen befallen haben.

Dabei scheint der Weg zum Menschen nicht weit zu sein. Anders als das Masernvirus, dessen einziger natürlicher Wirt der Mensch ist, können Hundestaupeviren verschiedene Fleischfresser infizieren, unter anderem Hunde, Füchse, Waschbären, Dachse, Löwen und sogar Affen (Makaken). Virologen befürchten, dass das Virus durch Mutationen seines Erbguts auch für Menschen infektiös werden könnte.

Würzburger Forscher haben anhand der ersten Schritte der Infektion, der Bindung an Rezeptoren, untersucht, wie stark sich das Hundestaupevirus verändern müsste, um Menschen infizieren zu können. An einen der beiden Rezeptoren, das Nectin-4 auf Epithelzellen, kann das Virus schon jetzt ohne Veränderung binden. Die Bindung an den anderen Rezeptor dürfte dem Virus leichtfallen: Um über den Rezeptor CD150 Zutritt in die Immunzellen zu bekommen, ist nur eine einzige Mutation im viralen Hüllprotein Hämagglutinin nötig.

Allerdings hat sich das Hundestaupevirus damit erst einmal nur in die Zellen hineingeschmuggelt. Um sich dort erfolgreich vermehren und Schäden anrichten zu können, sind noch mehrere Veränderungen in seinen Genen nötig, so die Würzburger Forscher. Solange ein hoher Prozentsatz der Bevölkerung gegen Masern immun ist, sei kaum zu befürchten, dass das Hundestaupevirus die Grenze zum Menschen überschreitet.

Literatur: Bieringer, M., et al.: PLoS ONE 2013;8(3):e57488; Online: doi: 10.1371/journal.pone.0057488


Dr. Bettina Hellwig