Arzneimittelausgaben

Ende der Stagnation in Sicht

Berlin - 20.08.2013, 14:53 Uhr


Seit 2009 sind die Arzneimittelausgaben keine Bedrohung mehr für die gesetzlichen Krankenkassen. Nachdem sie jahrelang gestiegen waren, hat die schwarz-gelbe Regierungskoalition sie mit Zwangsmaßnahmen in den Griff bekommen. Noch bis Ende 2013 sieht das Gesetz einen erhöhten Herstellerrabatt für patentgeschützte Nicht-Festbetragsarzneimittel sowie ein Preismoratorium vor. Prof. Bertram Häussler, Leiter des Berliner IGES-Instituts, rechnet damit, dass die Ausgaben der Kassen für Arzneimittel 2014 wieder um rund 6 Prozent ansteigen werden.

Die vom FDP-geführten Gesundheitsministerium auf den Weg gebrachten Sparmaßnahmen im Arzneimittelsektor wirken: Die Ausgaben der gesetzlichen Krankenkassen für Medikamente sind von 2009 bis 2012 um 2,7 Prozent gesunken. In den beiden anderen großen Leistungsbereichen waren hingegen deutliche Steigerungen zu verzeichnen (Krankenhaus: +11,3 Prozent; ambulante ärztliche Behandlung: +7 Prozent). 2012 stagnierten die Ausgaben weitgehend auf Vorjahresniveau. Für Fertigarzneimittel gaben die gesetzlichen Kassen 26,6 Milliarden Euro aus – 64 Millionen Euro weniger als 2011. Und das, obwohl zahlreiche neue Präparate auf den Markt gekommen sind und das Verordnungsvolumen weiter gewachsen ist – dies zeigt der aktuelle Arzneimittel-Atlas 2013 des IGES-Insituts. Doch diese Mehrausgaben durch Innovationen und Mehrverbrauch in Höhe von 683 bzw. 728 Millionen Euro wurden vollständig aufgefangen. Und zwar insbesondere durch den Patentablauf vieler Präparate und die folgende Einführung von Generika sowie durch Preissenkungen.

Im kommenden Jahr wird es voraussichtlich anders aussehen. Zum Jahresende läuft der erhöhte Zwangsrabatt aus – das allein dürfte zu einem Ausgabenplus von rund 1,4 Milliarden Euro führen, prognostizierte heute Häussler. Bezogen auf das Gesamtvolumen der GKV-Ausgaben für Arzneimittel von rund 30 Milliarden Euro bedeute dies eine Erhöhung um ca. 4,5 Prozent. Zusätzlich rechnet Häussler auch nächstes Jahr mit weiteren Zuwächsen durch Mehrverbrauch und Innovation. Nimmt man eine ähnliche Entwicklung wie im Jahr 2012, wäre mit einem zusätzlichen Anstieg um 1,5 Prozentpunkte zu rechnen. Damit läge das zu erwartende Ausgabenplus 2014 bei 6 Prozent.

Die erhöhten Herstellerabschläge samt Preisstopp, die im Spätsommer 2010 eingeführt wurden, haben die GKV  in den vergangenen drei Jahren um acht Milliarden Euro entlastet, erklärte Häussler. Doch nicht nur die gesetzlichen Rabatte entlasten die Kassen. Mittlerweile, so betonte der IGES-Chef, leisteten patentgeschützte Arzneimittel auch einen nennenswerten Beitrag zum vertraglichen Rabattvolumen. Dieses habe 2012 bei insgesamt 2,37 Milliarden Euro gelegen. Zweidrittel wurden von Generikaanbieter getragen. Aber mit 310 Millionen Euro haben patentgeschützte Arzneimittel nunmehr einen Anteil von 13 Prozent an den Individualrabatten erreicht. 2011 lag ihr Sparbeitrag durch Rabattverträge noch bei 180 Millionen Euro – immerhin eine Steigerung von 75 Prozent. Originalanbieter, die mit Generika im Wettbewerb stehen, trugen übrigens zu 21 Prozent zum Gesamtsparvolumen bei.

Für die Hauptgeschäftsführerin des Verbands forschender Pharmaunternehmen (vfa), Birgit Fischer, zeigen all diese Zahlen: „Das Arzneimittelsystem verbessert die Versorgung bei stabilen Preisen. Dieser Kreislauf funktioniert auch ökonomisch: Patentausläufe und Individualrabatte schaffen immer wieder finanziellen Bewegungsraum in der GKV, um neue Arzneimittel und damit neue Therapieoptionen für Patienten in die Erstattung zu integrieren“. Auch das AMNOG werde auf die Arzneimittelpreise wirken.

Fischer hat allerdings auch ein paar Wünsche: Etwa eine steuerliche Forschungsförderung für die Industrie. Zudem müsse bei der frühen Nutzenbewertung weiter nachgebessert werden. Insbesondere sei es nötig, die medizinische Bewertung der Arzneimittel und die anschließende Findung der Erstattungsbeträge konsequent voneinander zu entkoppeln.


Kirsten Sucker-Sket