Bundestag beschließt SGB V-Änderungsgesetz

"Bezahlbare Arzneimittelversorgung auf hohem Niveau"

Berlin - 21.02.2014, 12:03 Uhr


Substitutionsausschluss, Erstattungsbeträge, Zwangsrabatte und Preismoratorium – der Bundestag hat sich gestern Abend abschließend mit dem 14. Gesetz zur Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch befasst. Mitte März muss es noch den Bundestag passieren, dann kann es zum 1. April in Kraft treten.

Mit dem Gesetz werden verschiedene Vorhaben des Koalitionsvertrages umgesetzt. Unter anderem der Plan, die Verantwortung für die Substitutionsausschlussliste beim Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) anzusiedeln. Die bisherige Möglichkeit zur rahmenvertraglichen Vereinbarung habe sich als zu schwerfällig und konfliktträchtig erwiesen, heißt es im Gesetzesbegründung. Von den Fortschritten des Schiedsverfahrens wollte der Gesetzgeber nun nichts mehr wissen. Deutscher Apothekerverband und GKV-Spitzenverband hätten sich bisher nur zwei Arzneimittel geeinigt, betonte in der Bundestagsdebatte die frisch ins Parlament eingezogene SPD-Abgeordnete Martina Stamm-Fibich. Das war der Großen Koalition zu wenig.  Im G-BA könnten nun zudem auch Patientenvertreter und die Ärzteschaft ihre Kompetenz einbringen – die Apotheker seien über das Stellungnahmeverfahren beteiligt. Falls der G-BA bis 30. September keine Liste vorlegt, besteht die Möglichkeit einer Ersatzvornahme durch das Bundesgesundheitsministerium. Welches Schicksal der Schiedsstellenbeschluss nehmen wird, ist noch nicht klar. Eigentlich sollten die ersten beiden Wirkstoffe ab 1. April nicht mehr ausgetauscht werden dürfen.

Weiterhin wird die mit dem Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG) 2011 eingeführte Nutzenbewertung für bereits auf dem Markt befindliche Arzneimittel gestrichen – der sogenannte Bestandsmarktaufruf. In der Bundestagsdebatte betonte Gesundheitsminister Hermann Gröhe, dass das AMNOG stets als ein lernendes System verstanden worden sei. Beim Bestandsmarktaufruf habe sich gezeigt, dass dieser eine Reihe von Problemen – sowohl rechtlicher als auch praktischer Natur – hervorrufe. Man habe sich daher fragen müssen, ob der Aufwand im richtigen Verhältnis zu  den erwarteten Entlastungen steht. Die Antwort ist bekannt – für den wirtschaftlichen Ausgleich wird nun das seit dem 1. August 2010 bestehende Preismoratorium für Arzneimittel bis Ende 2017 verlängert. Ausgenommen sind Arzneimittel, für die es einen Festbetrag gibt. Der Herstellerabschlag wird von 6 auf 7 Prozent für alle Arzneimittel – mit Ausnahme von Generika – angehoben. 

Das Gesetz stellt überdies klar, dass der Erstattungsbetrag neuer Arzneimittel die Grundlage für die Berechnung von Zu- und Abschlägen in den Vertriebsstufen ist. Ebenso ist er Basis für die Berechnung der Mehrwertsteuer und der Zuzahlung der Versicherten. Um künftig praktische Erfahrungen in die Verhandlungen über die Erstattungsbeträge einzubringen, soll ein Vertreter einer Krankenkasse an den Verhandlungen zwischen GKV-Spitzenverband und Hersteller teilnehmen. Darüber hinaus wird das Gesetz dahingehend präzisiert, dass die Phase der freien Preisbildung nur einmalig je Wirkstoff gewährt wird. Diese freie Preisbildung genießen die Hersteller nur noch im ersten Jahr nach Markteintritt. Dies soll unterbinden, dass pharmazeutische Unternehmer durch einen verzögerten Markteintritt oder eine taktische Aufteilung der Anwendungsgebiete die Phase der freien Preisbildung immer wieder neu auslösen oder verlängern.

Nicht zuletzt enthält das Gesetz auch eine Neuregelung zur hausarztzentrierten Versorgung. Hier sollen bestehenden Vergütungsbeschränkungen aufgehoben werden. Krankenkassen und Hausärzte müssen künftig Wirtschaftlichkeitskriterien und Regelungen zur Qualitätssicherung vereinbaren. Die Einhaltung der Wirtschaftlichkeit ist der Aufsichtsbehörde vier Jahre nach Beginn des Vertrages nachzuweisen. Zudem werden zugelassene strukturierte Behandlungsprogramme (DMP), die die hausärztliche Versorgung betreffen, Bestandteil der Verträge werden.

Minister Gröhe erklärte, mit der Gesetzesänderung spare die gesetzliche Krankenversicherung rund 650 Millionen Euro im Jahr – und das bei einer „bezahlbaren Arzneimittelversorgung auf hohem Niveau“. In diesem Sinne solle nun weitergearbeitet werden. Die forschenden Arzneimittelhersteller werden es gerne hören: Mit ihnen will er in den Dialog treten, betont Gröhe gestern im Bundestag.  „Denn bei aller Kostendiskussion, die notwendig ist, wollen wir uns immer wieder vor Augen führen: Ohne die Innovationsfähigkeit unserer forschenden Arzneimittelhersteller müssten die Menschen auf viele Verbesserungen im Arzneimittelbereich verzichten“.


Kirsten Sucker-Sket


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