Grippemittel Tamiflu®

Lauterbach für Einlagerungs-Stopp

Berlin - 14.04.2014, 10:05 Uhr


Karl Lauterbach will die Pflicht von Bund und Ländern, große Mengen teurer Grippemittel wie Tamiflu® (Oseltamivir/Roche) einzulagern, „so schnell wie möglich abschaffen“. Das sagte der gesundheitspolitische Sprecher der SPD dem „Spiegel“. Noch ist im nationalen Pandemieplan vorgesehen, dass die Arzneimittel für 20 Prozent der Bevölkerung vorgehalten werden sollen – wofür inzwischen bereits ein dreistelliger Millionenbetrag ausgegeben worden sein soll.

Während der Schweinegrippe-Pandemie 2009 waren Experten noch davon ausgegangen, dass sich durch Tamiflu® zumindest Lungenentzündungen und eine Infektionsausbreitung verhindern ließen. Später deckten Cochrane-Wissenschaftler zusammen mit dem „British Medical Journal“ auf, dass Roche etliche Studiendaten gar nicht veröffentlicht hatte. Vergangene Woche kam eine Auswertung wissenschaftlicher Studien, in die auch bislang zurückgehaltene Daten eingeflossen sind, zu dem Ergebnis, dass Tamiflu® bei Grippekranken lediglich die Dauer der Symptome um einige Stunden verkürzt; ob es Ansteckungen verhindern kann, ist fraglich; allerdings können erhebliche Nebenwirkungen auftreten, wie Übelkeit, Erbrechen und psychiatrische Komplikationen.

In einer Stellungnahme widersprach Roche den Cochrane-Forschern um Tom Jefferson. Ihre Analyse berücksichtige nicht die Gesamtheit der vorliegenden Daten, da nur 20 von 77 klinischen Studien einbezogen und Daten aus der Anwendungspraxis ausgeschlossen worden seien. Dies führe zu einer Fehlinterpretation der Wirksamkeit und Sicherheit. „Jetzt muss schnell gehandelt werden“, betonte dagegen Lauterbach im „Spiegel“. „Ich werde mich dafür einsetzen, dass die hoch relevanten Ergebnisse der Cochrane-Untersuchung in die derzeitige Überarbeitung unseres Pandemieplans einfließen.“ Er habe zwar früher zu den Befürwortern der Einlagerung gehört – „aber ich habe meine Meinung geändert. Jetzt müssen wir verhindern, dass so etwas noch einmal passiert.“ Pharmafirmen müssten gezwungen werden, alle Studienergebnisse sofort zu veröffentlichen.


DAZ.online


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