DHS-Jahrbuch Sucht 2014

1,5 Millionen Arzneimittelabhängige

Berlin - 22.04.2014, 16:05 Uhr


In Deutschland wird die Zahl der arzneimittelabhängigen Menschen nach wie vor auf etwa 1,5 Millionen geschätzt, teilweise sogar auf 1,9 Millionen. Das geht aus dem heute in Berlin vorgestellten Jahrbuch Sucht 2014 der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) hervor – und die Dunkelziffer dürfte noch weitaus höher sein. Am häufigsten geht es dabei um Schlafmittel aus der Familie der Benzodiazepine.

Weiterhin muss dem Jahrbuch zufolge davon ausgegangen werden, dass rund 1,1 bis 1,2 Millionen Menschen in Deutschland von Benzodiazepinen abhängig sind, weitere 300.000 bis 400.000 von anderen Arzneimitteln – insgesamt kommt man damit auf rund 1,5 Millionen Arzneimittelabhängige. Insgesamt hätten vier bis fünf Prozent aller viel verordneten Arzneimittel ein Missbrauchs- und Abhängigkeitspotenzial, schreiben die Autoren. Der Report verweist darüber hinaus auf eine Besonderheit bei Schlafmitteln: Während das GKV-Verordnungsvolumen von Benzodiazepinen in den letzten Jahren zurückging, wurden vermehrt Z-Substanzen auf Privatrezept verordnet.

Nicht minder dramatisch sieht es bei den Suchtmitteln Alkohol und Tabak aus: Im Jahr 2012 trank jeder Deutsche 9,5 Liter reinen Alkohol, nur geringfügig weniger als 2011. Wenngleich sich die Vorliebe der Bundesbürger leicht von Bier (-0,2%) auf Wein (+1,0%) verlagert hat, macht weiterhin gut die Hälfte (53,1%) des Gesamtkonsums Bier und rund ein Viertel (23,5%) Wein aus. Nach wie vor auf Platz eins der Gründe für vorzeitiges Sterben belegt der Tabakkonsum. Zwar sei der Anteil der Raucher seit einigen Jahren rückläufig, so die DHS, noch immer rauchten aber 34 Prozent der 18- bis 64-jährigen Männer und 26,2 Prozent der Frauen im gleichen Alter.

Für die Suchtprobleme fordert die DHS stärkere Präventionsbemühungen. In Bezug auf Arzneimittelabhängigkeit sieht die Hauptstelle insbesondere Fachleute wie Ärzte und Apotheker in der Pflicht. Insgesamt gesehen hätten aber nicht nur sie eine Verantwortung, Patienten vor Missbrauch und Abhängigkeit zu schützen: Auf politischer Ebene müsse endlich etwas geschehen. Die derzeitige Regierungskoalition beschränke sich, ebenso wie die Bundesregierungen zuvor, auf Verhaltensappelle, kritisierte DHS-Geschäftsführer Raphael Gaßmann bei der heutigen Vorstellung. Zielführende Präventionsstrategien würden dagegen nicht ausreichend umgesetzt. Anstelle von verhaltensgesteuerter Prävention (beispielsweise Steuererhöhungen) werde seit Jahrzehnten „weitergemacht wie bisher“.


Juliane Ziegler