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Impfstoff-Rabattverträge
„Die Kassen sind schlauer geworden“
Rabattverträge über Impfstoffe scheiden die Geister: Die gesetzlichen Kassen möchten nicht an ihnen rütteln, Impfstoffhersteller und Apotheker wollen sie gänzlich verbannen. Die Regierungskoalition sucht einen Mittelweg. Sie will gesetzlich regeln, dass Krankenkassen diese Rabattverträge künftig nur noch mit mindestens zwei Herstellern pro Region schließen dürfen. Dieser Kompromiss schmeckt am Ende keinem – das wurde gestern bei einer öffentlichen Anhörung im Gesundheitsausschuss deutlich.
Kritik an den Impfstoff-Rabattverträgen übte Dr. Martin Terhardt, Kinderarzt und Mitglied der Ständigen Impfkommission am Robert Koch-Institut. Sie hätten nicht nur zu Konfusion bei den Ärzten geführt, sondern auch die Impfquoten verringert. Problematisch sei, dass die Verträge – anders als in anderen Ländern – nicht mit Impfzielen oder garantierten Abgabemengen verknüpft seien. Grundsätzlich plädiert Terhardt allerdings dafür, den Markt wieder dem Wettbewerb zu überlassen. Auch für Dr. Markus Frick vom Verband forschender Pharma-Unternehmen (vfa) greift der Vorschlag der Fraktionen zu kurz. Ob ein zweiter Hersteller einen Komplettausfall kompensieren könne, hält er für fraglich. Zudem bezweifelt der vfa, dass mit den Rabattverträgen Einsparungen erzielt werden können, die in einem angemessenen Verhältnis zu den Engpass-Gefahren stehen.
Dr. Sabine Richard vom AOK-Bundesverband sieht dies anders. Sie nannte die Summe von ungefähr 50 Millionen Euro, die die GKV durch die Grippeimpfstoff-Verträge pro Saison spare. Diese würden fehlen, wenn die von der Großen Koalition geplante Änderung käme. Denn die Vorgabe von zwei Vertragspartnern schwäche die Ausschreibungen stark. Und das weitere Sparinstrument für Impfstoffe – die Referenzpreisabschläge – sei nicht befriedigend umgesetzt.
Für den Chef der AOK Baden-Württemberg, Christopher Hermann, geht die geplante Änderung grundsätzlich in die falsche Richtung. Wer wirklich Versorgungssicherheit in einem so eng oligopolisierten Markt wie dem der Impfstoffe haben wolle, sollte besser über eine „adäquate Vorratshaltung“ nachdenken. Dies sei bei Impfstoffen sicher nicht ganz einfach – „gleichwohl ist es kein Ding der Unmöglichkeit“, so Hermann.
Auch der stellvertretende Vorsitzende des GKV-Spitzenverbandes, Johann Magnus von Stackelberg, betonte, dass Rabattverträge nicht für Engpässe verantwortlich seien. Bislang habe es acht Lieferengpässe gegeben – das prominenteste Beispiel war Begripal, das in der Impfsaison 2012/13 fehlte. Hier war es sicherlich der Rabattvertrag, der die Situation verschärfte. In den anderen sieben Fällen schieden Rabattverträge hingegen „weitgehend als Ursache aus“. Mittlerweile seien die Krankenkassen schlauer bei der Abfassung ihrer Rabattverträge, so Stackelberg. Hermann bestätigte: Pharmazeutische Unternehmer müssen bei den neuen Verträgen ihre 100-prozentige Lieferfähigkeit versichern. Bei einem Ausfall drohen Vertragsstrafen.
Berlin - 22.05.2014, 16:45 Uhr