Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

01.06.2014, 08:00 Uhr


Gute Zeiten, schlechte Zeiten. Da war wieder alles drin in der vergangenen Woche. Medikationsmanagement (MM) für alle! Die Bundesapothekerkammer bereitet ein Curriculum vor, damit alle MM lernen können. Einen kleinen Scheck für den Check gibt’s schon mal bei der TK. Nur in Sachsen klemmt’s noch mit den Ärzten. Und im Westfälischen gibt’s bald keine PTAs mehr. Aber, mein liebes Tagebuch, gegen Null-Retax gibt’s eine Resolution. Und gegen Lieferengpässe helfen Apotheker als Master of Desaster.

25. Mai 2014

Ja, ja, die Ärzte in Sachsen und Thüringen wollen nicht so recht in die Puschen kommen und bei Armin, der Arzneimittelinitiative Sachsen-Thüringen, mitmachen. Schade, dass das noch nicht rund läuft. Meinte auch Andreas Kiefer, Präsident der Bundesapothekerkammer. Aber: Die Apotheker können den Medikationsplan auch ohne Einbindung der Ärzte anbieten. Da hat er Recht, mein liebes Tagebuch. Ein Medikationsplan vom Apotheker ist besser als keiner. Und irgendwann muss man mal damit anfangen. Vielleicht ziehen die Ärzte ja nach.

26. Mai 2014

Hilfe, die PTA-Ausbildung im Kammerbereich Westfalen-Lippe steht auf der Kippe. Da die Landesregierung Fördermittel für die PTA-Schulen gestrichen hat, war es notwendig, das Schulgeld deutlich anzuheben. 295 Euro monatlich müssen die Schülerinnen jetzt auf den Tisch legen, wenn sie zur PTA ausgebildet werden wollen. Verständlich, wenn das Interesse an diesem Beruf rapide sinkt. Zumal die späteren Verdienstchancen in der Apotheke alles andere als rosig sind. Die Folge: Für den neuen Schuljahrgang nach den Sommerferien sind die Anmeldezahlen so gering, dass sich ein wirtschaftlicher Betrieb der Schulen nicht mehr lohnt – die Schließung droht. Das sieht für die Zukunft der Apotheken nicht gut aus, mein liebes Tagebuch. Ohne ausreichend Personal zu haben, läuft nichts. Und dann kommt noch der Wunschkatalog des Leitbilds mit neuen, personalintensiven Dienstleistungen. Wie soll das alles gehen?

Vielleicht sieht es der eine oder andere skeptisch, aber es ist ein Anfang: der Vertrag zwischen der Techniker Krankenkasse und dem Deutschen Apothekerverband zur Beratung von Diabetikern. Apotheker erhalten ein Honorar fürs Medikationsmanagement. O.k., die Kasse erhebt zuerst selbst einen Medikationsplan, dann durchlaufen die Versicherten ein TK DiabetesCoach-Angebot. Und erst dann erhalten die Versicherten von der Kasse einen Gutschein für einen Medikations-Check in der Apotheke, den der Apotheker als Honorar (Anfangsberatung 30 Euro, Folgeberatung 20 Euro) abrechnen. Ist nicht die Welt, aber immerhin, ein Anfang, mein liebes Tagebuch. Jetzt kommt es nur noch darauf an, dass der Vertrag rund läuft, dass was dabei heraus kommt. Also, machen!

Die Bundesapotheker macht ernst mit dem Medikationsmanagement. Verankert im Leitbild soll die neue Dienstleistung der Apotheken die Arzneimitteltherapiesicherheit verbessern. Aber noch hapert es an einer eindeutigen Definition des Begriffs Medikationsmanagement. Das soll sich nun ändern. Bis zum Herbst soll eine Leitlinie zur Qualitätssicherung der Medikationsanalyse ­­– dem erstem Baustein des Medikationsmanagements – erarbeitet und verabschiedet werden. Mein liebes Tagebuch, es wird höchste Zeit, verbindlich zu definieren, was man mit den Begriffen meint. Schon heute versuchen andere Berufsgruppen und Branchen, Begriffe wie Medikationsmanagement und Medikationsanalyse für sich einzunehmen. Also, liebe BAK, das muss jetzt rasch gehen. Und ein Blick nach Westfalen-Lippe kann helfen: Dort gibt es schon ein Curriculum für den AMTS-Manager. Auch die Bayern haben eine Weiterbildung zum Medikationsmanager.

27. Mai 2014

Der Geschäftsführer für den Bereich Finanzen, Personal und Verwaltung bei der ABDA, Jürgen Siegemund, geht. Auf eigenen Wunsch. Aus persönlichen Gründen, heißt es. Mein liebes Tagebuch, das kommt plötzlich. Ob etwas dahinter steckt? Und was? War das Vertrauensverhältnis angeknackst? Hat es mit dem gescheiterten Neubau des Apothekerhauses zu tun? Oder mit zukünftigen Plänen? Irgendwann wird man wohl  was hören.

Also, mein liebes Tagebuch, jetzt wissen wir’s, warum die ABDA vor der Europa-Wahl nicht aktiv wurde und ihre Forderungen nicht an die Politik richtete: kein Aktionismus, hieß es. Na klar, wie konnten wir das vergessen. Aber jetzt, nein, im Sommer, wenn sich das Europaparlament konstituiert hat, dann ist der richtige Zeitpunkt gekommen, die eigenen Positionen einzuspeisen, sagt die ABDA. Also, dann mal sommerliche Grüße nach Europa.

Null-Retax ist rechtens. Punkt. Sagt das Bundessozialgericht. Und dagegen ist erst mal nichts zu machen. Auch nicht mit Verfassungsbeschwerden. Mit einer harten Maßnahme wie: kein Geld, obwohl Ware geliefert wurde, soll der Apotheker zur Einhaltung des Wirtschaftlichkeitsgebots gezwungen werden. Ein Urteil als erzieherische Maßnahme für Apotheker. Dumm nur, dass ein solches Urteil nicht differenziert zwischen dem Nicht-einhalten-Wollen und den versehentlich übersehenen Formfehlern von Ärzten und Apotheker, die man heilen könnte. Nur weil ein Kreuz auf dem Rezept falsch gesetzt wurde, muss eine Apotheke als Strafe 10. 000 Euro und mehr zahlen? Wo bleibt da die Verhältnismäßigkeit. Wie sagte DAV-Chef Becker so nett: Das kann’s nicht sein. Die Politik muss hier helfen und das Gesetz (SGB V) ändern: Apotheker müssen die Möglichkeit haben, Formfehler zu korrigieren.

Die Telekom baut das Health-Care-Geschäft aus und startet ein neues Telemedizinprojekt. Mit einem neu gegründeten Unternehmen, der Deutschen Telekom Healthcare and Security Solutions GmbH,mit 700 Mitarbeitern, will die Telekom den Markt für elektronische Gesundheitskommunikation aufrollen. Äh, mein liebes Tagebuch, nur mal am Rande gefragt: Schaut da jemand von den Apothekers hin? Gesundheitskommunikation – sollten da nicht auch die Apotheker mit im Boot bzw. in der Leitung sein? Bevor wieder einmal eine Chance an uns vorbeigeht? Nur als Stichworte: neue Medien, Apps, Anwendungen für Tablets und Smartphones, Systeme für das Leben im Alter, elektronische Gesundheitskarte, Vernetzung, Telemedizin – vielleicht auch Telepharmazie? Wer kümmert sich um diese Themen?

28. Mai 2014

Berufspolitisches Forum beim Fortbildungskongress in Meran. Die ABDA-Spitze stellt sich der Diskussion. Die unsäglichen Null-Retaxationen waren ein Thema. Und die ABDA zauberte eine Resolution aus dem Hut:  eine Resolution gegen Null-Retaxationen. Besser als nichts. Damit zeigen die Apothekerinnen und Apotheker der Politik, dass das so nicht geht, das hier ein Missverhältnis zwischen kleinen Formfehlern und zum Teil großen wirtschaftlichen Einbußen, die sich daraus ergeben, vorliegt. Mein liebes Tagebuch, jetzt muss die Politik ran.

Auch die Lieferengpässe waren ein Thema auf dem berufspolitischen Forum. ABDA-Präsident Schmidt sagte zwar, dass dieses Problem auch in der Politik angekommen sei, aber irgendwie signalisierte das Podium Hilflosigkeit. Denn was man letztlich dagegen tun kann, ist unklar. Zugegeben, es ist ja ein vielschichtiges Problem, das an erster Stelle die Hersteller zu verantworten haben. Und die Politik und die Kassen, die mit dem Rabattvertragswahnsinn die Preisspirale nach unten treiben. Da verticken die Hersteller  ihre Ware doch lieber im Ausland als im Billigpreisland Deutschland. Und die Apotheker spielen den Master of Desaster: Sie dürfen sich rühmen,  dass aus Lieferengpässen keine Versorgungsengpässe werden, zumindest noch nicht. Und wie lange geht das gut?

30. Mai 2014

Und zum Schluss der Woche: Die ABDA denkt über eine Beitragserhöhung fürs kommende Haushaltsjahr nach. Die ABDA-Mitgliederversammlung soll im Juni darüber entscheiden. Unterm Strich sollen die 34 Kammern und Verbände rund 700.000 Euro oder 4,74 Prozent mehr nach Berlin überweisen. Allerdings sollen  die Länder nicht mit einer einheitlichen Erhöhung zur Kasse gebeten werden. Hamburg soll 12,2 Prozent mehr berappen, Thüringen 6,8 Prozent und die übrigen Kammern und Verbände zwischen 2,9 und 5,9 Prozent. Neben der Schaffung neuer Stellen wird Geld für die Instandhaltung, Planung und Umbau des Berliner ABDA-Palais benötigt. Für 2013 sollen es rund 1,9 Millionen Euro gewesen sein, etwa eine Million mehr als noch ein Jahr zuvor. Mein liebes Tagebuch, dieses Haus, dieses Haus. Ist zwar müßig, übers Haus zu reden, aber dennoch würde man gerne mal wissen, wer bei der ABDA noch so voll und ganz hinter dem damaligen Entschluss steht, dass diese Bleibe eine gute Anschaffung war. Ich könnte mir gut vorstellen, dass es so mancher am liebsten verkaufen würde – aber wer würde heute noch den Preis von damals zahlen?


Peter Ditzel