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Monitor Patientenberatung 2014
Allein gelassen, betrogen und ängstlich
Was bezahlen Kassen und was kann bei einer Antragsablehnung getan werden? Fragen zu den Leistungen von Kostenträgern im Gesundheitswesen beschäftigten die Unabhängige Patientenberatung (UPD) im vergangenen Jahr am häufigsten – Fragen zu Arzneimitteln eher seltener. Viele Patienten hätten das Gefühl, nicht zu bekommen, was ihnen zusteht, erklärt UPD-Geschäftsführer Dr. Sebastian Schmidt-Kaehler. „Sie fühlen sich allein gelassen, betrogen, und viele haben Angst.“
Die UPD wurde 2006 gegründet und berät im Auftrag des Gesetzgebers kostenfrei, neutral und unabhängig zu allen Gesundheitsfragen. Seit 2011 berichtet sie zudem einmal jährlich dem Beauftragten der Bundesregierung für die Belange der Patienten über die Erkenntnisse ihrer Beratungsarbeit. Laut ihrem diesjährigen Monitor, der sich auf die Beratungstätigkeit zwischen April 2013 und März 2014 bezieht, gab es insgesamt rund 80.000 Beratungsgespräche: fast 28.000 zu Ansprüchen gegen Kostenträger, 15.000 zu Patientenrechten und 10.000 zu Kosten, die die Kassen den Patienten in Rechnung stellten.
Beratung gibt es auch zu Arzneimitteln. In diesem Bereich gab es 2.877 Gespräche. Häufige Themen waren die Diagnose und Behandlung bestimmter Erkrankungen, Wechselwirkungen sowie die korrekte Einnahme bzw. Anwendung von Arzneimitteln – insbesondere für das Herz-Kreislauf-System, das Nervensystem sowie für das Verdauungssystem und den Stoffwechsel. Insgesamt wurde die Einnahme von 8.804 Präparaten dokumentiert. Fast die Hälfte aller erfassten Patienten nahm gleichzeitig mehr als fünf Arzneimittel ein. Im Monitoring weisen die UPD-Berater darauf hin, dass häufig keine leitliniengerechte Medikation erfolgt sei. Zudem mangele es oft an einer koordinierenden Instanz, die die Wechselwirkungen bei gleichzeitiger Einnahme mehrerer Arzneimittel überwacht.
Für den Patientenbeauftragten Karl-Josef Laumann (CDU) liefert der Bericht wichtige Hinweise: Er zeige, wo aus Sicht der Patienten gerade „der Schuh drückt“. Etwa beim Anspruch auf Krankengeld gebe es offensichtlich Handlungsbedarf bei den Kassen, und die Einsichtnahme in Patientenakten sei ebenfalls ein Problem. Auch dass das Recht auf Einsichtnahme mit dem Patientenrechtegesetz klar geregelt wurde, „muss endlich von allen Ärzten akzeptiert und umgesetzt werden“, forderte er. Beim Thema Behandlungsfehler sieht er die Politik in der Pflicht: Sie müsse prüfen, ob die Verfahren nicht beschleunigt werden können, „damit die Menschen schneller zu ihrem Recht kommen“.
Der Sozialverband VdK sieht vor allem den Umgang der Krankenkassen mit dem Krankengeld kritisch. „Patienten fühlten sich während längerer Krankschreibungen von den Kassen unter Druck gesetzt, sich wieder als arbeitsfähig einstufen zu lassen. Ein neutrales Begutachtungsverfahren, das ausgewogene Entscheidungen herbeiführt, ist notwendig“, forderte die VdK-Präsidentin Ulrike Mascher. Der Verbraucherzentrale Bundesverband verwies zudem darauf, dass die bestehenden Regelungen zu Behandlungsfehlern im Patientenrechtegesetz nicht ausreichten. „Die Diskussion um einen Härtefallfonds für Opfer von Behandlungsfehlern muss angegangen werden“, betonte Verbandsvorstand Klaus Müller.
Die Krankenkassen selbst nehmen die Ergebnisse des Monitors nach Aussage von Gernot Kiefer, Vorstand des GKV-Spitzenverbandes, durchaus ernst – gleichwohl die Erhebung nicht repräsentativ sei. Zum Schwerpunktthema Krankengeld führt Kiefer aus, dass die Anzahl der Hinweise auf eine Problemlage (1355 der 6979 UPD-Beratungen) bezogen auf die Gesamtzahl der Krankengeldempfänger (1,77 Mio.) „erfreulich niedrig“ sei – in über 80 Prozent der Beratungsgespräche habe es somit keinen Hinweis auf eine Problemlage gegeben. „Dies macht deutlich, dass die Krankenkassen auf dem richtigen Weg sind“, ist der GKV-Vorstand überzeugt. Noch bestehende Schwächen müssten dennoch identifiziert und behoben werden.
Berlin - 01.07.2014, 15:43 Uhr